... und hinter uns die Heimat. Klaus-Peter Enghardt

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      Sie lächelte Katharina entgegen und forderte sie auf, sich zu setzen. Als Katharina der Forderung nachgekommen war, sagte die Wirtin: »So, und nun erzähle mir ma, wohin deine Reise jehen soll.«

      Katharina nippte an ihrem heißen Kaffee und erzählte der Witwe, dass sie nach Königsberg reist, um sich bei ihrem neuen Arbeitgeber, dem Kreisschulrat, vorzustellen.

      Außerdem vergaß sie auch nicht zu berichten, dass sie in Loditten unterrichten wird.

      Frau Kleinschmidt hörte der Erzählung aufmerksam zu und sagte dann: »Da fährste morjen früh in Charlottenburg vom Stettiner Bahnhof ab. Den Zug nehm’ ick ooch imma, wenn ick meene Schwester in Elbing besuche. Die is dort mit een Apotheker verheiratet, aba jetz war ick schon eene Weile nich mehr dort. Ick trau dem Frieden da nich so recht. Morjen früh fährste mit der Benzindroschke zum Bahnhof, det is jar nich so weit.«

      Im Verlauf des Gespräches fand Katharina heraus, wieso die Frau so überaus freundlich zu ihr war. Frau Kleinschmidt hatte nämlich eine Tochter, die vor einigen Jahren nach Stuttgart gezogen war. Sie arbeitet dort als Ärztin an einem Krankenhaus und kam nur noch selten zu Besuch. Briefe und Telefonate hielten die Verbindung zwischen den beiden Frauen seitdem aufrecht.

      Als sie das erzählte schlichen sich Tränen in die Augen der sonst so resoluten Frau und sie wurde sogar für Augenblicke still.

      Katharina empfand für diese nette Frau ein starkes Mitgefühl und konnte nun den Trennungsschmerz ihrer Eltern noch besser verstehen. Zum Trost nahm sie eine Hand der Witwe in ihre Hände und hielt sie fest umschlossen. In ihr war kein Gefühl der Fremde, sondern es war, als würde sie diese Frau schon lange kennen.

      Beim Abendessen waren die trüben Gedanken jedoch verflogen und die beiden Frauen machten sich noch ein paar gemütliche Stunden, ehe Katharina in ihr Zimmer ging.

      In ihrem Kopf kreisten die Gedanken und ließen sie lange nicht einschlafen.

      Vorsichtiges Klopfen weckte sie am nächsten Morgen.

      Frau Kleinschmidt hatte bereits das Frühstück bereitet und wartete, bis Katharina ihre Morgentoilette verrichtet hatte.

      Das Morgengespräch war nicht so unbeschwert, wie das am Abend zuvor, der Abschied trübte ein wenig die Stimmung. Kurz nach sieben Uhr rief die Wirtin ein Taxi, denn die Abfahrtszeit des Zuges war um sieben Uhr dreiundfünfzig. Um achtzehn Uhr sollte er dann planmäßig in Königsberg ankommen.

      Beim Abschied drückte Frau Kleinschmidt Katharina fest an sich, gab ihr neben einem Frühstücksbeutel noch einen Zettel in die Hand und sagte: »Hier haste noch mal meine Adresse. Ick würd’ mir freuen, wenn du mir mal schreibst, wie et dir so jeht. Pass’ of dir uff, meene Kleene, so janz alleene in die Fremde is et nich leicht.«

      Katharina versprach ihr das gern und sie wollte diesen Brief auch tatsächlich schreiben.

      Wie wichtig der kurze Kontakt mit der älteren Dame für Katharina einmal sein würde, konnte sie in jenem Augenblick nicht ahnen.

      Bahnhöfen wohnten meist ein und dieselben Gemeinsamkeiten inne. Meist herrschte in ihnen laute Betriebsamkeit. Menschen hasteten über Treppen, um zu ihren Bahnsteigen zu gelangen, und Nachzügler versuchten, ihren Zug zu erreichen. Gespräche verstummten für Augenblicke, wenn Durchsagen aus den Lautsprechern hallten, um unmittelbar darauf wieder aufgenommen zu werden. Menschen lachten zur Begrüßung und weinten zum Abschied, vor allem, wenn die Reise der Männer an die Front ging.

      Inmitten jener Betriebsamkeit befand sich auch Katharina mit ihren zwei Koffern und der schweren Reisetasche.

      Ihre Handtasche, mit dem langen Riemen, hatte sie sich vorsichtshalber umgehängt. In ihr befanden sich ihre Dokumente und die Papiere für das Kirchen- und Schulamt in Königsberg, natürlich auch ihr Portemonnaie und die Fahrkarten. Das alles durfte keinesfalls verloren gehen.

      Endlich wurde der Zug vor den Bahnsteig geschoben, von dem Katharina abfahren musste.

      Zwei Soldaten halfen ihr mit den schweren Koffern und bereits wenige Minuten später fuhr der Zug durch das morgendliche Berlin seinem Bestimmungsort entgegen.

      Auch für diese Reise galt Katharinas Platzreservierung und so hatte sie beruhigt ihr Abteil aufsuchen können.

      Zu ihrem Glück war sie die Erste im Abteil und konnte ihre Koffer in die Ablage hieven, bevor die übrigen Reisenden ihre Plätze einnehmen würden. Die Tasche stellte Katharina hinter ihre Beine.

      Allmählich hatten sich noch fünf weitere Reisende dazugesellt, so dass es recht eng wurde.

      Katharina hatte sogar einen Fensterplatz, so konnte sie die Fahrt einigermaßen entspannt genießen. Meist schaute sie aus dem Fenster oder las in ihrem Buch, doch je näher sie ihrem Ziel kam, umso mehr kreisten ihre Gedanken darum, was sie in der Fremde erwarten würde.

      Fast fahrplantreu traf der Zug kurz nach achtzehn Uhr auf dem Hauptbahnhof in Königsberg ein und zum Glück konnte Katharina einen Kofferwagen ergattern, mit dem sie ihr Gepäck nach draußen bugsierte. Kurz darauf stand sie etwas verloren auf dem Bahnhofsvorplatz.

      Jetzt musste sie ihre Unterkunft finden, die sich in der Nicolaistraße in einem kleinen Hotel für alleinreisende Mädchen befand.

      Sie schaute auf ihren »Streckenplan« und las darauf, dass sie ihren Weg nun mit der Straßenbahn fortsetzen musste. Wahlweise konnte sie mit den Bahnen der Linien drei oder vier fahren, die direkt gegenüber dem Hauptbahnhof auf dem Reichsplatz hielten. Ihr Fahrziel war der Steindamm. Dort an der Steindammer Kirche musste sie die Tram verlassen.

      Gleich gegenüber der Haltestelle befand sich die Nicolaistraße.

      Die Straßenbahn der Linie vier wartete bereits auf Fahrgäste, so dass Katharina keine weitere Zeit verstreichen ließ und einstieg. Auf ihrer Fahrt bewunderte das Mädchen die alte Pregelstadt Königsberg mit ihren prächtigen Bauwerken. Obwohl die Fahrt nicht sehr lange dauerte, war sie auf Anhieb von dieser Stadt begeistert, und sie nahm sich vor, sobald es möglich war, die Altstadt genauer zu erkunden.

      Vom Reichsplatz aus fuhr die Tram auf die Vorstädtische Langgasse, vorbei am imposanten Gebäude der Börse, dann über die Kneiphofsche Langgasse und die Kantstraße über den Kaiser Wilhelm Platz, mit dem historischen Schloss und der Schlosskirche. Vom Platz vor der Hauptpost war es dann bis zur Steindammer Kirche nicht mehr sehr weit.

      Bereits am nächsten Morgen würde sie diese Strecke wieder zurück fahren.

      Das kleine Hotel in der Nicolaistraße war leicht zu finden und nach der freundlichen Aufnahme fand sich Katharina bald auf ihrem Zimmer wieder. Viel auszupacken hatte sie nicht, nur ein paar Dinge für die Abend- und Morgentoilette, frische Wäsche für den nächsten Tag und Schlafzeug für die Nacht.

      Nachdem sie an der Reception die Adresse des Schulamtes, das sich im Stadthaus befand, in Erfahrung gebracht hatte, verließ sie am Morgen, gut ausgeschlafen und frisch gestärkt, das Hotel. Ihr Gepäck hatte sie zurückgelassen, das wollte sie auf der Rückfahrt abholen. Sie fuhr nun von der Haltestelle am Steindamm die wenigen Haltestellen in Richtung des Nordbahnhofes und stieg dort am Hansaplatz aus.

      Das Stadthaus beherbergte die meisten öffentlichen Ämter der Stadt und es dauerte eine Weile, bis sich Katharina zum Schulamt durchgefragt hatte. Nach einer kurzen Wartezeit wurde sie von einem freundlichen älteren Herren begrüßt, der, wie er ihr erzählte, bereits seine Pension genoss, doch wegen der vielen Einberufungen

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