... und hinter uns die Heimat. Klaus-Peter Enghardt

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... und hinter uns die Heimat - Klaus-Peter Enghardt

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Heiligenbeil unterstellt war, doch auch dort litt das Amt auf Grund der vielen Einberufungen an Personalmangel, deshalb musste Katharina sich nun in Königsberg melden.

      Nachdem der freundliche Herr Katharinas Papiere in Augenschein genommen und besonders ihr Examenszeugnis wohlwollend studiert hatte, wies er sie in ihren neuen Aufgabenbereich ein.

      Momentan unterrichtete in der Schule in Loditten nur noch ein Lehrer die einhundertzweiunddreißig Schüler der sechsjährigen Mittelschule und wartete sehnsüchtig auf Entlastung. Auf Katharina würde also in Zukunft eine Menge Arbeit zukommen.

      Zum Ende des Gespräches verwies er die junge Frau an den Bürgermeister von Loditten, der mit ihr die Unterkunftsfrage klären würde. Mit ein paar guten Wünschen entließ der freundliche Mann die neue Lehrerin.

      Als Katharina auf der Straße stand, war ihr leicht ums Herz. Sie freute sich auf die Arbeit mit den Kindern und war gespannt auf alles Weitere.

      Nachdem sie ihr Gepäck abgeholt hatte, saß sie nun wieder in der Straßenbahn, die sie zum Hauptbahnhof brachte. Dort musste sie in den Zug nach Allenstein steigen und sieben Stationen bis nach Zinten fahren.

      Der letzte Zug war vor einer Stunde abgefahren und auf den nächsten musste sie zwei Stunden warten.

      Katharina suchte sich zuerst eine Kofferkarre, danach eine freie Bank in der großen Wartehalle und beobachtete die Menschen, das vertrieb ihr die Zeit.

      Irgendwann wurde durch die Lautsprecher bekanntgegeben, dass der Zug nach Allenstein einfährt. Auf der letzten Etappe ihrer Reise fuhr Katharina nun zugleich einem neuen Lebensabschnitt entgegen.

      In Zinten angekommen, erkundigte sie sich beim Bahnhofspersonal nach einer Reisegelegenheit nach Loditten, doch der Mann hinter dem Schalter machte ihr lächelnd begreiflich, dass es nach Loditten nur zu Fuß ging, seit die Busverbindung eingestellt wurde, es sei denn, jemand würde sie abholen.

      Da war guter Rat teuer, doch plötzlich fiel ihr der Bürgermeister von Loditten ein, den sie vom Bahnhof aus anrief. Er versprach der neuen Lehrerin, dass er sich sofort um ihre Abholung bemühen würde.

      Geduldig wartete Katharina auf das Fahrzeug.

      Von einer Bank des kleinen Parks, visasvis des Bahnhofs, schaute sie sich die nähere Umgebung an und war versucht, bei jedem Auto, das sie von weitem sah, aufzustehen, doch keines der Fahrzeuge hielt an, um sie abzuholen.

      Das Klappern von Pferdehufen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ein Pferdegespann in der Bahnhofstraße.

      Ein Bauer fuhr mit seinem Pferdefuhrwerk direkt auf den Bahnhofsvorplatz, hielt an und stopfte sich auf dem Kutschbock eine Tabakspfeife, lehnte sich zurück und stieß dicke Qualmwolken aus. Er schaute in die Runde und erblickte das fremde junge Mädchen auf der Bank, deren Kleidung sich doch ein wenig von der Kleidung, der jungen Mädchen in Loditten und den umliegenden Dörfern unterschied.

      »Tachche, sind sie amend das Madamche, das unse Kinder unterrichten soll?«

      Als Katharina das nickend bestätigte, stieg der Bauer vom Kutschbock, ging zu ihr hin, nahm kurzerhand beide Koffer in die Hände, die am Boden standen und wuchtete sie auf die Ladefläche des Pferdewagens.

      Den Protest Katharinas wehrte er mit den Worten ab:

      »Na, dann hocken se sich mal auf den Bock, die Pferdchen wollen wieder nach Hause und das junge Frollejn will doch bestimmt nich auf de Bank iebernachten?«, nahm ihre Reistasche und stellte sie ebenfalls auf die Ladefläche.

      Katharina begriff, dass der Bauer mit dem Pferdefuhrwerk ihr Chauffeur war. Sie hatte als Fahrgelegenheit zwar ein Auto erwartet, doch mit welch einem Transportmittel sie nach Loditten fuhr, war ihr schließlich egal, Hauptsache, sie musste die Strecke mit ihrem Gepäck nicht laufen.

      Ihr Weg führte sie auf der Straße südöstlich von Zinten aus in Richtung Preußisch Eylau einer hügeligen Landschaft entgegen, die »Der Stablack« genannt wurde, einer im Tertiär von Moränen geprägten Landschaft.

      Nach einigen Kilometern bog der Bauer mit seinem Fuhrwerk allerdings auf eine mit Feldsteinen gepflasterte schmale Straße ab, wie sie überall in der Gegend zu finden war. Der Randbereich der Straße war sandig und für Fahrradfahrer ungeeignet.

      Während der Fahrt paffte der Bauer, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen, und fragte mit zusammengebissenen Zähnen, wo das Marjellchen denn eigentlich zu Hause ist.

      Katharina antwortete ihm wahrheitsgemäß, dass ihre Heimat Köln ist und fragte, wohin er sie denn bringen würde.

      »Nach Loditten«, war die kurze Antwort.

      »Nein, ich meine, wo ich untergebracht werde.«

      »Davon wejß eck nuscht nich, eck soll das Frollejn erst mal zum Birjermejster bringen«

      Nun war Katharina auch nicht viel schlauer als vorher.

      Sie nahm sich vor, sich einfach überraschen zu lassen.

      Der Bauer paffte und plauderte mit rollendem »R« und obwohl Katharina nicht alles verstand, konnte sie sich doch bereits ein gewisses Bild von Land und Leuten machen.

      Die Pferde zogen den Wagen munter eine längere Steigung empor. Links und rechts säumten nun Linden die Straße und bildeten eine lange Allee.

      Ab und zu konnte sie die Entfernung zurück nach Zinten auf einem der Begrenzungssteine am Straßenrand ablesen.

      Von der Kuppe der Steigung erkannte Katharina inmitten von Bäumen die Kirche eines Dorfes und auch die Hausdächer mit roten Ziegeln. Das musste Loditten sein. Ihre Anspannung wuchs, doch auch ihre Erwartung an die kommende Zeit.

      Ihr gefiel die sanft hügelige Landschaft auf Anhieb und wenn alle Menschen so zugänglich waren wie der Kutscher, dann würde es ihr in Loditten sicher gefallen.

      Sie passierten die ersten Häuser, die mit roten gebrannten Ziegeln gemauert waren. Neben den Haustüren stand meist eine Holzbank, auf der zum Feierabend die älteren Hausbewohner saßen und mit ihren Nachbarn plachanderten. Zuweilen waren Holzpantinen an die Wände gelehnt, um die guten Schuhe nicht unnötig abzunutzen oder sie im Stall zu beschmutzen.

      Kinder trieben schreiend mit ihren Peitschen kleine Holzkreisel vor sich her, Katzen rekelten sich im Schein der Nachmittagssonne auf Fenstersimsen und Hunde stromerten neugierig durch das Dorf. Es war eine friedliche Idylle an jenem Sommertag im August 1942.

      Laut klappernd zogen die beiden Pferdchen den Wagen über das Feldsteinpflaster. Die Räder verursachten mahlende Geräusche auf den Steinen und dem losen Sand im Randbereich der Straße und hinterließen in ihm eine tiefe Rinne.

      Hinter der ersten Biegung stand die Kirche erhaben zwischen hohen Bäumen. Ihr gegenüber befand sich das Wirtshaus »Zum roten Krug«, dem sich ein großer Saal anschloss. Katharina fragte den Kutscher, ob dort auch manchmal getanzt wird. »Ei, ja. Ab und zu spielt schon die Musik zum Schwoofen.«

      Obwohl Katharina gern tanzte, ahnte sie, in den nächsten Wochen gar keine Zeit für Vergnügungen zu haben.

      Links neben der Kirche befand sich das Pfarrhaus, in dem auch die Pfarrersfamilie wohnte. Um die Kirche herum gruppierten sich kleinere Bauernhöfe, dessen Ackerflächen meist zwanzig bis dreißig Morgen betrugen. Die größeren Anwesen mit über einhundert

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