... und hinter uns die Heimat. Klaus-Peter Enghardt
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Ihre Wirtin konnte genausowenig widerstehen und gönnte sich ebenfalls einen Eisbecher.
Der Blick von der Terrasse war einmalig. Vor den Frauen lag der langgezogene Schlossteich mit seinen sich anschließenden Parkanlagen. Es war ein Genuss für Auge und Gaumen, den sich die Frauen an diesem Nachmittag gönnten.
Beschwingt verließen sie das Café und traten die Heimfahrt an. Und dieser Besuch sollte nicht der letzte gewesen sein, denn die Frauen wollten bald einmal einen Bummel durch den Schlosspark machen. Natürlich würden sie dem Café auch wieder einen Besuch abstatten.
Doch der Tag hielt noch zwei Überraschungen bereit. Als sie von ihrem Ausflug heimgekehrt waren, lagen im Briefkasten zwei Briefe für Katharina. Ein Brief war von ihren Eltern, der andere von Frau Kleinschmidt aus Berlin. Nun hatte es die junge Frau eilig und sie hastete die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Sie legte ihre Einkäufe ab und widmete sich ihrer Post. Da konnte sie es auch nicht verhindern, dass ein paar Tränen kullerten, denn im Brief ihrer Eltern stand, dass sie ihre Tochter furchtbar vermissten und sich um sie ängstigten, weil sie doch so weit entfernt von ihnen war.
Aus jeder Zeile konnte sie die Liebe ihrer Eltern heraus lesen. Beim zweiten Brief musste sie oft lächeln.
Frau Kleinschmidt schrieb so, wie sie sprach, mit starkem Berliner Dialekt, aber der Brief war lustig und machte ihr Mut. Die Frau hatte sich sehr über Katharinas Brief gefreut und der jungen Lehrerin alles Gute für ihre Arbeit gewünscht.
Einige Tage vor der Einschulung erhielt Katharina die Mitteilung, dass im Bürgermeisteramt ein Paket von der Schulbehörde für sie abgegeben worden war. Aufgeregt lief sie sofort hin, um das Paket in Empfang zu nehmen. Überrascht stellte sie fest, dass dieses Paket wohl eine Nummer zu groß war, um getragen zu werden. Rasch erbat sie sich einen Handwagen, wuchtete das Paket mit Hilfe des Bürgermeisters in den Wagen und versprach, den Handwagen am nächsten Tag zurückzubringen.
Inzwischen war sie mit ihrem Gefährt an der Schule angekommen. Dort traf sie auf Herrn Graudenz, der ihr, ziemlich erstaunt über die Größe des Pakets, bei dessen Entladung half. »Frau Kollegin, wie haben Sie das denn angestellt? Ich hatte bereits mehrere Anträge gestellt, doch leider immer umsonst.«
»Ach, vielleicht war das einfach nur das Glück einer Anfängerin. Wenn ich schon so viele Schüler unterrichte, dann soll ich vielleicht wenigstens genug Schulmaterial zur Verfügung haben. Doch nun will ich gleich die Sachen kontrollieren. Wenn Sie Lust haben, dann können Sie mir helfen. Gemeinsam geht es schneller.«
»Ich helfe Ihnen sehr gern, vielleicht bleibt uns dann noch Zeit für einen Tee, bevor wir zum Mittagessen gehen.«
»Das ist eine sehr gute Idee«, freute sich Katharina.
Bei der Kontrolle der Schulmaterialien stellte die Lehrerin fest, dass fast alle bestellten Dinge geliefert worden waren, aber die Abakusse fehlten leider, doch da hatte ihr Kollege eine Idee. Gleich in der ersten Unterrichtswoche wollte er beginnen, im Werkunterricht mit seinen Schülern diese Rechenhilfen zu bauen. Statt der Kugeln wollte er andere Materialien benutzen und er hatte bereits eine Idee. Wenn man Besenstiele in Scheiben sägt, in die Mitte ein Loch bohrt und diese Scheiben dann bunt anmalt, würde das sehr schön aussehen und den gleichen Zweck erfüllen. Er wollte mit seinem Nachbarn reden, der besaß eine kleine Stellmacherei und würde sicher helfen. Warum nur, war er nicht schon eher darauf gekommen? Da musste erst ein kleines Lehrerfräulein aus Köln kommen, um ihn auf diese Idee zu bringen.
Er meinte das natürlich nicht despektierlich.
Wie versprochen, tranken die beiden Lehrer nach erledigter Arbeit gemeinsam Tee und verabschiedeten sich bis zum nächsten Tag.
Als Katharina im Haus ihrer Wirtin ankam, roch es bereits im Hausflur nach frischen Flinsen.
In Köln sagten die Menschen »Rievkooche« oder auf Hochdeutsch Reibekuchen oder Kartoffelpuffer zu diesem Gericht, dass besonders auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Dom zahlreiche Liebhaber fand.
Diese Reibekuchen, in Butterschmalz knusprig ausgebacken, mit Zucker bestreut und dazu ein Schälchen Apfelmus war für Katharina nicht nur zur Weihnachtszeit eines ihrer Leibgerichte. Sie beeilte sich, ihre Sachen abzulegen und in die Küche zu huschen. Am Rande des Herdes stand ein Teller, auf dem bereits vier Flinsen lagen. Noch einmal vier schwammen im Öl in einer großen Stielpfanne in der Ofenmitte.
»Es ist gleich soweit. Seien Sie doch so nett und holen uns aus dem Keller ein Glas Apfelmus«, bat Frau Schimkus, »ich hole inzwischen den Farin für die Flinsen.«
Als die junge Frau mit dem Glas Kompott in die Küche kam, standen sowohl der Streuzucker, als auch die Flinsen auf dem Tisch. Frau Schimkus nahm ihrer Mieterin das Einmachglas aus den Händen, zog an der Lasche des Einweckgummis, und nach hörbarem Zischen ließ sich der Deckel des Glases öffnen.
Oh, wie herrlich schmeckten Katharina die Flinsen, die sie sich dick mit dem Farin eingestreut hatte. »Ich werde bei Ihrer Kochkunst noch auseinandergehen, wie ein Hefekloß«, sagte sie kauend und mit geröteten Wangen, obwohl ihre Mutter ihr schon als kleines Mädchen beigebracht hatte, dass man mit vollem Mund nicht spricht. »Sie verwöhnen mich jeden Tag«, lobte sie kauend.
»Ach, ich freue mich, wenn es Ihnen schmeckt«, entgegnete ihre Wirtin und stiller fügte sie hinzu, »früher hat meine Familie um diesen Tisch gesessen. Es ist mir ein kleiner Trost, wenn ich nun für uns beide koche.«
Obwohl Katharina ihren Bissen gerade heruntergeschluckt hatte, war ihr, als säße ihr noch ein dicker Brocken im Hals. »Frau Schimkus, Sie dürfen nicht immer so trübe Gedanken haben. Vielleicht kommen Ihre Söhne Sie bald besuchen!«
Trotz des Trostes lag nun eine bedrückte Stimmung im Raum.
Katharina zog sich bald nach dem Essen zurück und schrieb ihre Gedanken in einem Brief an ihre Eltern nieder, und auch an Frau Kleinschmidt schrieb sie einen Brief.
Beim Abendbrot war ihre Wirtin dann wieder ganz die alte. Sie lächelte ihrer Mieterin entgegen und fragte: »Na, schon Hunger? Ich habe uns ganz frischen Matjes beim Gewürzer besorgt. Dazu essen wir Schwarzbrot. Das ist eine Delikatesse, Sie werden es sehen.«
Fisch stand für die junge Frau bisher nicht unbedingt an oberer Stelle ihres Speisezettels, doch ihre Mutter sagt immer, probieren muss man alles.
Als das Essen auf dem Tisch stand, hatte Katharina zuerst sehr vorsichtig zugelangt, dann aber war sie sehr überrascht, wie gut ihr der Matjes schmeckte und sie aß sich richtig satt.
Allmählich lernte sie die Speisen Ostpreußens kennen und da gab es sicher noch eine Menge Gerichte, die ihre Wirtin ihr in der kommenden Zeit vorsetzen würde.
In den folgenden Tagen widmete sich Katharina intensiv der Vorbereitung auf die Einschulung und den Unterricht, doch am Freitag machte Frau Schimkus den Vorschlag, einen Ausflug an das kurische Haff zu machen. Es wäre doch schade, wenn man die herrlichen Sommertage einfach so verfliegen lassen würde. Nach kurzem Zögern stimmte Katharina zu, denn sie wollte natürlich gern etwas von der näheren Umgebung kennen lernen.
Die Nacht war für die beiden Frauen sehr kurz, denn der Zug nach Labiau fuhr bereits um vier Uhr fünfzig von Zinten ab. Im Gepäck hatten sie zwei Thermoskannen Kaffee, belegte Brote und Obst für ein Picknick am Strand.
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