... und hinter uns die Heimat. Klaus-Peter Enghardt

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und dem Ackerbau eine erfolgreiche Trakehnerzucht betrieb, wie ihr der Bauer erklärt hatte. Sogar wichtige Preise hatten die Pferde des Barons bereits gewonnen.

      Zum Besitz des Gutsherren gehörten außerdem die Vorwerke Buchwäldchen, Eichgraben und Karlshof.

      Mit Stolz, als wäre er selbst dabei gewesen, hatte der Kutscher der jungen Frau unterwegs erzählt, dass der Baron im ersten Weltkrieg als Oberst unter Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg gedient hatte, der als pensionierter Offizier überraschend noch einmal aktiv in das Kriegsgeschehen eingegriffen hatte.

      Paul von Hindenburg hatte damals den Generalmajor Erich Ludendorff als Stabschef eingesetzt und einer der Stabsoffiziere war eben der Baron von Lübzow, der 1914 sogar an der Schlacht bei Tannenberg teilgenommen hatte, als die deutsche Armee die russischen Truppen nach einem Einfall in die deutsche Provinz zurückschlug.

      Der Baron hatte sich damals während der Schlacht mit taktischem Geschick hervor getan.

      Später besuchte Kaiser Wilhelm der II. die Familie auf ihrem Gut, zeichnete den Baron mit einem Orden aus und nahm vom Herrn Baron einen stattlichen Trakehner als Geschenk entgegen.

      Der Bauer lenkte sein Fuhrwerk auf ein Gebäude zu, dass sich von den übrigen Häusern in der Straße unterschied. Es sah vornehmer aus und war hell geputzt. Unterhalb der Dachkante verzierte eine aus roten Backsteinen gemauerte Kante das Haus. Ebenso waren die Fenster eingerahmt.

      Vor diesem Haus hielt der Bauer sein Gefährt und verkündete: »So, da weern wa. Kannst jlejch rejn zum Birjermejster jehen. Ich warte bei mejnen Pferdchen.«

      Der Bauer war inzwischen zum allgemein gebräuchlicheren »Du« übergegangen und Katharina hatte nichts dagegen.

      Die junge Frau stieg von ihrem Sitz auf dem Kutschbock, richtete ihre Kleidung und ging mit festem Schritt die Treppe zum Eingang des Hauses empor.

      Der Bürgermeister erwartete die junge Frau bereits und begrüßte sie sehr freundlich. Das Büro war ohne Pomp eingerichtet, nur der Schreibtisch war aus Eiche und mit Schnitzereien verziert.

      Das Gespräch mit dem Mann war für Katharina sehr angenehm und die Formalitäten unkompliziert.

      Der Bürgermeister freute sich, eine zusätzliche Lehrkraft im Dorf begrüßen zu können, denn der einzige verbliebene Lehrer war mit den vielen Schülern schlichtweg überfordert.

      Die Sekretärin des Bürgermeisters schien über den hübschen Neuzuzug nicht sonderlich erfreut zu sein, dafür aber umso mehr der verlängerte Arm des Ortsbauernführers, ehemaliger Gutsknecht und jetziger SA-Mann Anton Jakubasch, der sich von der SA anwerben ließ und nun deren braune Uniform trug. Er »residierte« visasvis des Bürgermeisterbüros, verfolgte bei geöffneter Tür alle Gespräche mit und taxierte nun die neue Lehrkraft mit lüsternen Augen.

      Bis vor zwei Jahren war er noch Knecht beim Baron von Lützow gewesen, doch seit seinem Beitritt zur NSDAP hatte er rasch Karriere gemacht. Nun übte er eine Kontrollfunktion im Dorf aus, doch die Bauern sagten von ihm, dass er nur ein Zuträger für den Ortsbauernführer sei.

      Katharinas Unterkunft hatte der Bürgermeister bei der Witwe Schimkus vorgesehen, der ein wenig Zerstreuung gut tun würde. Ihr Mann war vor einem Jahr an der Ostfront gefallen und Wolfgang, der älteste Sohn kämpfte seit Ende 1941 in einer Einheit der 1. Infanteriedivision, die bei Oranienbaum am Finnischen Meerbusen, Teile der sowjetischen Front von ihrer Hauptmacht um Leningrad abschnitt, um in die Leningrader Blockade eingreifen zu können.

      Er schrieb leider recht selten, aber Marie Schimkus ahnte, dass ihr Sohn nicht oft die Gelegenheit zum Schreiben haben würde und zu viele Gedanken an die Heimat würden ihn wohl traurig stimmen.

      Georg, der jüngere Sohn der Witwe, bestritt derzeit seine Kampfjägerausbildung beim Kampfgeschwader 54 auf Sardinien auf einer Ju 88. Auch er schrieb nicht sehr oft, aber er war ein rechter Hallodri und nutzte seine freie Zeit wohl besser, als Briefe zu schreiben.

      Seine Einheit wurde im Kampf gegen die britische 8. Armee bei El-Alamein eingesetzt und hatte außerdem den Auftrag, eine eventuelle Landung der Briten auf italienischem Festland zu verhindern.

      Obwohl Katharina sehr erschöpft war, wollte sie gern noch die Schule sehen. Dieser Eifer gefiel dem Bürgermeister und er verwies sie an ihren Kollegen, Herrn Graudenz, der zwei Häuser neben der Schule wohnte.

      Bauer Roschkat würde sie dort hinfahren und anschließend auch zu ihrer neuen Zimmerwirtin. Nun wusste Katharina also auch den Namen ihres Chauffeurs.

      Ihr Kollege erwies sich als ein gut aussehender Mann von etwa vierzig Jahren, den die Wehrmacht vor zwei Jahren außer Dienst gestellt hatte, weil er einen Lungenschuss abbekam, und seit dieser Zeit Probleme mit der Atmung hatte.

      Er war sehr erfreut, durch die neue Kollegin Entlastung zu bekommen, denn einhundertzweiunddreißig Schüler zu unterrichten, erforderte viel »Puste« und die fehlte ihm leider seit seiner Verletzung. Nachdem er den Schlüssel vom Haken im Korridor genommen hatte, liefen die Beiden das kurze Stück zur Schule.

      Bald hatten sie ein größeres Gebäude aus roten Klinkern erreicht. Herr Graudenz öffnete die Schultür und führte Katharina durch die Räume des Hauses. Dabei erklärte er ihr, dass es sich bei diesem Haus um eine Sechs-Klassen-Schule mit berufsvorbereitendem Charakter handelte, in der Schüler aus mehreren Dörfern unterrichtet wurden.

      Das siebente und achte Schuljahr mussten die Kinder dann in der Fritz-Schlemm-Schule in Zinten absolvieren.

      Je nach Lehrplan sollten jetzt die Schüler auf beide Lehrer aufgeteilt werden, so dass die Klassenstärke für jeden Lehrer etwa bei fünfundsechzig Schülern lag. Herr Graudenz wollte dabei dem praktischen Unterricht den Vorzug geben.

      Das war der jungen Frau sehr recht, denn sie kannte sich in diesem Fachgebiet kaum aus und wusste nicht, wie sie als Stadtpflanze den Bauernkindern den praktischen Unterricht im Stall und auf dem Feld vermitteln sollte.

      Die neue Lehrerin hatte noch drei Wochen Zeit, sich auf den Unterricht vorzubereiten. Auf sie kam auch gleich die Einschulung der Erstklässler zu, denn seit dem vergangenen Jahr begann das Schuljahr nicht mehr nach den Osterferien, sondern am ersten September. Die junge Frau war froh, dass man ihr diese Vorbereitungszeit zugestanden hatte, denn sie hatte noch nie vier Klassenstufen auf einmal unterrichtet.

      Der Präzenter, wie in Ostpreußen der Dorfschullehrer genannt wurde, geleitete die junge Frau nach der kurzen Einführung und einiger Hinweise und Ratschläge aus dem Schulgebäude. Dort verabschiedete er sich von ihr, jedoch nicht, ohne ihr seine Hilfe zuzusichern, die sie in den wenigen Tagen bis zum Schulbeginn sicher noch benötigen würde.

      Draußen wartete noch immer Bauer Roschkat, der die Lehrerin nun mit ihrem Gepäck zur Witwe Schimkus kutschierte.

      Katharina hatte sich eine alte faltige Frau vorgestellt, denn das Wort »Witwe« assoziierte sie bisher immer mit einer alten Dame. Sie war deshalb erstaunt, dass die Witwe höchstens fünfundvierzig Jahre alt war und trotz ihres Kummers noch immer eine bestechend schöne Frau.

      Nach der Begrüßung, die auf beiden Seiten eine gewisse Befangenheit verriet, trug Bauer Roschkat dem Lehrerfräulein das Gepäck in ihr Zimmer und verabschiedete sich mit qualmender Tabakspfeife.

      Die Witwe reichte Katharina ihre Hand, die der jungen Frau kalt erschien. Nicht jedoch die Witwe selbst. Sie hatte eine warme Stimme und ein freundliches Wesen.

      Katharina

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