Ideologie, Kultur, Rassismus. Stuart Hall

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ideologie, Kultur, Rassismus - Stuart Hall страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
Ideologie, Kultur, Rassismus - Stuart  Hall

Скачать книгу

den Parzellenbauern besteht, die Dieselbigkeit ihrer Interessen keine Gemeinsamkeit, keine nationale Verbindung und keine politische Organisation unter ihnen erzeugt, bilden sie keine Klasse. Sie sind daher unfähig, ihre Klasseninteressen im eigenen Namen (…) geltend zu machen.« (MEW 8, 198) 1871 schrieb Marx in einem Brief an Friedrich Bolte, der wiederum die Frage der Fabrikgesetzgebung berührte:

      »Das political movement der Arbeiterklasse hat natürlich zum Endzweck die Erobrung der political power für sie, und dazu ist natürlich eine bis zu einem gewissen Punkt entwickelte previous Organisation der working class nötig, die aus ihren ökonomischen Kämpfen selbst erwächst.

      Andrerseits ist aber jede Bewegung, worin die Arbeiterklasse als Klasse den herrschenden Klassen gegenübertritt und sie durch pressure from without zu zwingen sucht, ein political movement. Z.B. der Versuch, in einer einzelnen Fabrik oder in einem einzelnen Gewerk durch strikes etc. von den einzelnen Kapitalisten eine Beschränkung der Arbeitszeit zu erzwingen, ist eine rein ökonomische Bewegung; dagegen die Bewegung, ein Achtstunden-etc. Gesetz zu erzwingen, ist eine politische Bewegung. Und in dieser Weise wächst überall aus den vereinzelten ökonomischen Bewegungen der Arbeiter eine politische Bewegung hervor, das heißt eine Bewegung der Klasse, um ihre Interessen durchzusetzen in allgemeiner Form, in einer Form, die allgemeine gesellschaftlich zwingende Kraft besitzt. Wenn diese Bewegungen eine gewisse previous Organisation unterstellen, sind sie ihrerseits ebensosehr Mittel der Entwicklung dieser Organisation.« (MEW 33, 332f.)

      Marx ging es hier darum, bestimmte Beschlüsse des Generalrats der Internationale, dessen Statuten er formuliert hatte, zu klären. Wenige Tage später schrieb Engels mit einer ähnlichen Absicht in der Turiner Zeitschrift Proletario Italiano:

      »(…) dass die ökonomische Emanzipation der Arbeiterklasse der große Endzweck ist, dem jede politische Bewegung, als Mittel, unterzuordnen ist. (…) dass in dem streitenden Stand der Arbeiterklasse ihre ökonomische Bewegung und ihre politische Betätigung untrennbar verbunden sind.« (MEW 17, 468f.)

      Marx und Engels überdenken hier also genau das, was sie im Manifest zu vereinfacht skizziert hatten: die notwendigen Verschiebungen und die Konstellationen im Verhältnis zwischen den politischen und den ökonomischen Formen des Klassenkampfes. Die Zeitspanne, die dazwischen liegt, ist ziemlich lang – vom Elend der Philosophie bis zur Pariser Kommune, ein Zeitraum, in dem das marxsche Nachdenken über dieses entscheidende Thema »weiteren Schwankungen« – wie Poulantzas (1973, 58) es genannt hat – unterlag. Diese ›Schwankungen‹ sind sorgfältig zu betrachten.

      Die in dem obigen Zitat aus dem Elend der Philosophie gezogene Unterscheidung zwischen Klasse »an sich« und Klasse »für sich« erstarrte später zu einer Art Standardformel. Sie setzt das Ökonomische und Politische auf falsche Weise ins Verhältnis. Sie unterstellt, dass es eines Tages einen Moment geben könnte, in dem das ganze Proletariat das revolutionäre Klassenbewusstsein entwickelt haben wird, das ihm durch eine gegebene, ökonomisch-objektive Bestimmung vorgeschrieben ist; und dass man überhaupt erst dann von einer Existenz der Klasse auf der Ebene des politischen Kampfes sprechen kann. Wir haben bereits zuvor auf die Schwächen dieser säuberlichen Aufspaltung hingewiesen: einer Aufspaltung, die den »politischen Klassenkampf« ausschließlich für diesen Moment erfüllten Bewusstseins zu reservieren scheint; die dieses Bewusstsein zu direkt aus der ökonomischen Determiniertheit der Klassen ableitet; die das Erlangen einer »autonomen« Form von Klassenbewusstsein zum einzigen Prüfstein der politischen Existenz, einer Klasse macht und die Klassen als einheitliche historische Subjekte fasst.

      Die Unterscheidung zwischen »an sich/für sich« ist dann nützlich, wenn unterschiedliche Momente und Formen des Klassenbewusstseins definiert werden sollen, und vielleicht sogar dann, wenn man in ganz großen Zügen die Entwicklung weg von einer »korporativen« Form des Klassenkampfes markieren will. Dann müssten wir aber eine gelegentliche Äußerung von Marx in einer Weise weiterentwickeln, die mit der Stoßrichtung dieses Passus im Widerstreit läge. Denn die Unterscheidung zwischen »korporativ« und dem, was Marx später einen Kampf nennt, der eine »allgemeine, gesellschaftliche zwingende Kraft besitzt« (MEW 33, 333) ist keine Unterscheidung zwischen der Anwesenheit oder Abwesenheit von politischen Kämpfen und der »entsprechenden« Form von Klassenbewusstsein, sondern das genaue Gegenteil: eine Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Formen des Klassenkampfes, zwei Arten von Klassenbewusstsein, von denen jedes seine eigenen determinierenden Bedingungen hat, die in den materiellen Verhältnissen der Klassen im Kapitalismus begründet sind. Wie Marx und Engels gesehen haben – und wie Lenin noch genauer ausführte –, hat der Reformismus der Arbeiterklasse, das »trade-unionistische Bewusstsein« (oder was Lenin in Was tun? die »bürgerliche Politik der Arbeiterklasse« nannte [LW 5, 452]), seine eigenen Existenzbedingungen, seine eigene materielle Basis in der ökonomischen Lage der Arbeiterklasse im Kapitalismus. Es ist keineswegs eine Ebene oder Form des Klassenkampfes sozusagen »unterhalb« des politischen Horizontes; man könnte eher sagen, dass es die natürliche – oder wie Lenin es nannte, die »spontane« – Form des Kampfes der Arbeiterklasse ist, und dann, wenn es keine Mittel gibt, diesen Kampf auf eine »allgemeinere« Ebene zu heben. Wie solche Bedingungen allerdings aussehen, und wodurch die Formen des ökonomischen und politischen Kampfes auf ihre »allgemeinere« Ebene gehoben werden könnten, das ist in der Unterscheidung »an sich/für sich« nicht erfasst.

      Der Brief an Bolte hat einen ganz anderen Ansatzpunkt. Hinter der Formulierung »die Erobrung der political power« (MEW 33, 333) durch die Arbeiterklasse steht die marxsche Überzeugung, dass die politische Macht des von der Bourgeoisie errichteten Staates gebrochen werden müsse; und seine Betonung der »Diktatur des Proletariats«, die aus seiner Analyse der Pariser Kommune stammte, erhielt im Bürgerkrieg in Frankreich konkrete Gestalt. Aber noch interessanter ist, dass die Begriffe »ökonomisch« und »politisch« hier offenbar dazu verwandt werden, um zu kennzeichnen, wo der Klassenkampf in jeder spezifischen Konstellation sich jeweils auswirkt. Die Organisierung des Proletariats in der Produktion, zur Abwehr von Versuchen des Kapitals, die Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages zu intensivieren, wird als eine »ökonomische Bewegung« definiert, während Versuche, das Gesetz über die Beschränkung des Arbeitstages zu verändern (deren Adressat daher der bürgerliche Staat selbst sein muss), eine »politische Bewegung« konstituieren. Hier wird alles in eine konkrete, historisch-spezifische Situation übersetzt, in der der Klassenkampf »wirksam wird«. Es fehlt jede Spur von Automatismus, wo über die Bewegung von einer Ebene zur anderen gesprochen wird. In allen diesen Zitaten wird die Frage auf die Tagesordnung gesetzt, unter welchen weiteren Bedingungen – und in welchen Formen – die antagonistischen Produktionsverhältnisse der kapitalistischen Produktionsweise auf die Bühne der Politik treten und die jeweils entsprechende Wirkung haben können. Die Begriffe, die es uns ermöglichen, die Quellen und die Mechanismen der »relativen Autonomie« der politischen Ebene des Klassenkampfes im Verhältnis zur ökonomischen zu begreifen, finden wir vor allem in Klassenkämpfe in Frankreich und im Achtzehnten Brumaire.

      Die ersten Kapitel der Klassenkämpfe wurden unmittelbar nach 1848 geschrieben. Obwohl Marx bereits hier davon überzeugt war, das Proletariat sei noch nicht »reif« zum Sieg, konzentriert sich dieser Teil der Analyse darauf, wie die bürgerlichen politischen Kräfte durch ihre eigenen inneren Widersprüche dazu getrieben werden, die Basis ihrer »reifen« politischen Herrschaft – das allgemeine Männerwahlrecht – zu zerstören und sich in der Folge vor der einzigen Alternative wiederfinden: Rückzug unter den Schutz von Napoleons Bajonetten oder proletarische Revolution. Das letzte Kapitel wurde jedoch später entworfen und veröffentlicht; sein Wechsel der Perspektive markiert einen zentralen und unumkehrbaren »Einschnitt«, den Fernbach den »vielleicht wichtigsten (Einschnitt) seiner gesamten politischen Arbeit als Kommunist« bezeichnet. Den Kern dieses Einschnitts hat Gwyn Williams so zusammengefasst:

      »Im Sommer 1850 kehrte Marx zu seinen ökonomischen Studien zurück, die ihn viele Jahre lang im British Museum untertauchen ließen. Er kam zu dem Schluss, dass der Revolutionskreis von 1848 durch eine spezifische Krise der neuen kapitalistischen Gesellschaft in Gang gesetzt worden war (…), dass die Rückkehr zum Wachstum eine neue Welle von Revolutionen

Скачать книгу