Ideologie, Kultur, Rassismus. Stuart Hall
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Das ist das Echo, die »Stimme« des Manifestes im Kapital. Aber neben dieses Resümee müssen wir die Einzelheiten setzen, mehr noch, wir müssen uns die Methode ansehen, mit der die einfache Skizze im Manifest in die Ausdrücke und Begriffe der im Kapital dargestellten Untersuchung übersetzt wird. Ein »Lesen« des Textes, das den Gehalt dieser theoretischen Transformation im Einzelnen nachweisen könnte, ist im Rahmen dieses Artikels unmöglich. Aber anhand von einigen Beispielen lässt sich zeigen, wie der im Manifest skizzierte Prozess – der dort größtenteils als eine lineare Entwicklung konzipiert ist, die sich durch die Beschleunigung des Klassenkampfes zuspitzt – in seiner Umarbeitung im Kapital durch die konsequente Anwendung der Konzeption des Widerspruchs und durch ein dialektisches Entwicklungsdenken von Grund auf transformiert wird.
Zwei Beispiele sollten ausreichen. Im ersten Unterabschnitt des 13. Kapitels markiert Marx den technischen Unterschied zwischen einerseits der Natur der Arbeitswerkzeuge (und der daraus folgenden Arbeitsteilung im Arbeitsprozess selbst), durch die die erste Phase der kapitalistischen Entwicklung – die Maschinenära – gekennzeichnet ist, und andererseits der weiteren qualitativen Entwicklung – der des Maschinensystems –, in dem nicht der Arbeiter die Maschinen, sondern umgekehrt, die Maschinen den Arbeiter »anwenden«, charakteristisch für die Phase der »großen Industrie«. Im vierten Unterabschnitt über »Die Fabrik« untersucht Marx dann die vielfältigen und widersprüchlichen Auswirkungen dieses Übergangs auf die materielle Basis des Kapitalismus. Er erläutert unter anderem die Zerlegung der traditionellen Qualifikationen der Arbeiterklasse, die zunehmend auf die Maschinen selbst »übergehen« – an dieser Stelle spricht er von der »Tendenz der Gleichmacherei oder Nivellierung der Arbeiten« (442). Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftliche Organisation der Produktion: Sie zieht eine Neugliederung der Produktion in »Hauptarbeiter« und »bloße Handlanger« nach sich, und parallel dazu entsteht eine neue »höhere, teils wissenschaftlich gebildete (…) Arbeiterklasse«, die »mit der Kontrolle der gesamten Maschinerie und ihrer beständigen Reparatur beschäftigt ist« (443).
Wo die Maschinerie die Organisation des Arbeitsprozesses zu diktieren beginnt, bringt sie weitere widersprüchliche Entwicklungen hervor: die leichtere Ersetzbarkeit einer Arbeiterschaft durch eine andere; die Einführung des kontinuierlichen Produktionsprozesses und des Schichtsystems (des »Relaissystems«); die Entwertung der Arbeitskraft und die Erosion der traditionellen Qualifikationen, die aus einer früheren Arbeitsteilung stammen – »traditionelle Gewohnheiten« werden jetzt »systematisch umgeformt«. Die Einverleibung des Arbeiters in die Maschine, das systematische »Auspumpen« der lebendigen Arbeit durch die tote Arbeit schreitet in einem enormen Tempo fort: »Das Detailgeschick des individuellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Nebending vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesellschaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind« (446). Und auch das hat weitere Konsequenzen für die Arbeitsdisziplin, die Hierarchie und das Kommando über die Arbeit – die Spaltung der Arbeiter in »Handarbeiter und Arbeitsaufseher« (in »gemeine Industriesoldaten und Industrieoffiziere«, 447) – und für die Verwaltung eines differenzierteren und auf Zwang beruhenden Fabriksystems. Dr. Andrew Ure selbst, der »Poet« der großen Industrie, sah, wie die Revolutionierung der Produktionsmittel die Wegnahme aller Arbeiten, welche spezifische Qualifikationen und ein spezifisches Geschick verlangten, aus den »Armen des zu geschickten und oft zu Unregelmäßigkeiten aller Art geneigten Arbeiters« und »ihre Verlagerung auf einen sich selbst regulierenden Mechanismus«, den sogar ein Kind überwachen kann, ebenso erforderte wie ermöglichte. Auf diese Weise hatte die »technische« Revolutionierung der Arbeitsmittel unerwartete Auswirkungen auf die Regulierung der Arbeit, die Unterdrückung von Streiks und anderen »periodischen Arbeiteraufständen« gegen die Lebensbedingungen (456, 459). Und erneut mit den Worten von Ure konstatiert Marx, »dass das Kapital, indem es die Wissenschaft in seinen Dienst presst, stets die rebellische Hand der Arbeit zur Gelehrigkeit zwingt« (460).
Schon in diesem Abschnitt können wir sehen, wie das, was im Manifest als einfacher Antagonismus erscheint, hier zu einem komplexen und widersprüchlichen Antagonismus verknüpft ist: notwendige Bedingungen erweisen sich als nicht intendierte Effekte, die selbst wiederum widersprüchliche Auswirkungen haben; Auswirkungen auf Ebenen, an die man nicht gedacht hatte; Tendenzen, die sofort von ihrem Gegenteil durchkreuzt werden; Fortschritte, die an anderer Stelle zu Rückschritten werden. Vor allem aber ist das das Proletariat, das in dem früheren Text als eine wesentlich homogene Kraft vorgestellt wurde, nunmehr selbst dauernd und unablässig den Einwirkungen der widersprüchlichen Kapitalgesetze ausgesetzt, wird umdefiniert, reorganisiert und umgeformt. Bereits im Manifest hatte Marx vorausgesehen, wie die wachsende Vereinheitlichung des Proletariats unter den Bedingungen der Fabrikarbeit beständig durch die tendenzielle »Konkurrenz der Arbeiter untereinander« durchbrochen wird. Aber nur, wenn wir den Entwicklungsprozess, der zur Grundlage der wachsenden Vereinheitlichung wird, genauer untersuchen, können wir verstehen, warum das Kapital notwendig beides hervorbringt: die Tendenz zur Vermassung und »Vereinfachung« der Arbeit und, genauso »notwendig«, die Tendenz zur inneren Spaltung in gelernte und ungelernte ArbeiterInnen, die Verteilung der Qualifikationen auf verschiedene Produktionszweige, von denen die »große Industrie« ungleichmäßig Besitz ergreift und sie ungleichmäßig transformiert. Und wir können sehen, wie durch die »Entwertung« der traditionellen Arbeitskraft auf Grund der massenhaften Einstellung von Frauen und Kindern (eine Entwicklung, die ausschließlich durch die Revolutionierung des Arbeitsprozesses selbst möglich wurde) eine Gruppe von Arbeitskräften gegen die andere gestellt und ein weiterer Widerspruch eingeführt wird: »die natürlichen Unterschiede des Alters und Geschlechts«, das heißt die Einführung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in die gesellschaftliche Arbeitsteilung; und wieso das Kapital dazu in der Lage ist, diese neuen Formen der Arbeitsteilung (oder die parallel dazu verlaufende zwischen Aufsehern, der »qualifizierteren Arbeiterklasse«, und Maschinenarbeitern) zu seinem Vorteil zu nutzen. Kurz, wie die Produktion zweier gegensätzlicher Tendenzen in der widersprüchlichen Entwicklung des Kapitals jeder simplen Vorstellung von dem »zwangsläufigen Zusammenhalt des Proletariats« zuwiderläuft und stattdessen die wirkliche Realisierung dieses Zusammenhalts unter den historisch neuen Bedingungen der kapitalistischen Organisation auf die Tagesordnung setzt.
Ein für Form und Charakter des Klassenkampfes unter den modernen Produktionsbedingungen absolut zentrales Element findet sich bereits in der folgenden, scheinbar einfachen Bemerkung:
»Soweit in der automatischen Fabrik die Teilung der Arbeit wiedererscheint, ist sie zunächst Verteilung von Arbeitern unter die spezialisierten Maschinen und von Arbeitermassen, die jedoch keine gegliederten Gruppen bilden, unter die verschiednen Departements der Fabrik, wo sie an nebeneinander gereihten gleichartigen Werkzeugmaschinen arbeiten, also nur einfache Kooperation unter ihnen stattfindet. Die gegliederte Gruppe der Manufaktur ist ersetzt durch den Zusammenhang des Hauptarbeiters mit wenigen Gehilfen.« (442f.)
Diese Tendenz bringt die andere nicht zum Verschwinden – sie bereitet sowohl die wachsende Basis für die »Vergesellschaftung der Arbeit« als auch für die technische Abhängigkeit der verschiedenen kapitalistischen Produktionszweige voneinander, und sie ist die gesellschaftliche Grundlage für die Bildung des modernen Proletariats. Die Entwicklung des Kapitalismus reproduziert beide Tendenzen zugleich: Indem das Kapital, kurz gesagt, seine »technischen« Grenzen hinter sich lässt, indem es eine