Er, Sie und Es. Marge Piercy

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Er, Sie und Es - Marge Piercy

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du es an Olivacon?«

      Als Reaktion wandte sich Yod zu Avram und schaute ihn entsetzt an. Avram hatte ausgezeichnete Arbeit geleistet beim Einbau einer Entsprechung feinster Muskulatur in den Gesichtsbereich der Maschine, damit ein Scheinbild menschlicher Reaktionen geboten werden konnte. Sie war neugierig auf die Programmierung, die das Cyborg wählen ließ, welche Reaktion es in halbwegs angemessener Weise zu produzieren hatte. Malkah hatte mit Avram gearbeitet; war dies das Projekt gewesen? Offensichtlich hatte Avram die hochkomplizierte Technologie menschlicher Implantate, Ersatzorgane und -glieder beim Bau des Cyborgs angewandt, aber er hatte alles ihr Bekannte weit übertroffen. Natürlich, angesichts der Geheimniskrämerei der Konzerne konnten Forscher nie wissen, was sich wirklich auf ihrem Gebiet im Verborgenen bei einem anderen Multi tat. Industriespionage war ein höchst lohnendes Geschäft.

      Avram nahm sie fest beim Arm. »Yod ist ein Geheimprojekt von mir selbst. Was soll Olivacon mit ihm? Die haben ihre Sicherheit, schießwütige Affen, die mit Steroiden und Adrenophin großgezogen wurden. Yod wird unsere Sicherheit sein, unser Beschützer. Wenn wir schon keine Waffen haben können, so haben wir jetzt eine Ein-Mann-Armee.«

      »Aber Roboter sind darauf programmiert, sich selber zu zerstören, bevor sie jemanden verletzen. Wie kann ein Roboter kämpfen?«

      »Yod ist ein Cyborg, kein Roboter – eine Mischung aus biologischen und maschinellen Bestandteilen. Er ist darauf programmiert, uns zu beschützen – unsere Stadt, ihre Einwohner, unsere Basis. Das ist seine Hauptaufgabe. Aber um sie auszuführen, kann er nicht so naiv und ungeschickt bleiben, wie er jetzt ist. Da bist du gefordert.«

      »Avram, meine ganze Arbeit bisher drehte sich um Megahirne in öffentlichem oder Konzernbesitz. Ich habe im Grunde keinen Sachverstand zu bieten, wenn ich mit geringerer als menschlicher –«

      »Meine Speicherkapazität liegt im Bereich der künstlichen Gehirne, mit denen du gearbeitet hast, und ich kommuniziere mit solchen Computern wesentlich besser, als ein Mensch es je könnte«, sagte Yod und verschränkte die Arme. »Ich habe ebenfalls deine Arbeiten gelesen, die im Netz zur Verfügung stehen.« Es hatte eine angenehme, nicht allzu tiefe Stimme, die sie im Zweifelsfall nicht von einer menschlichen hätte unterscheiden können. »Soll ich meine Fähigkeit zur Computerkommunikation jetzt demonstrieren?«

      »Später. Yod hat umfangreiche kybernetische, mathematische und systemanalytische, wahrscheinlichkeitstheoretische sowie auf den neuesten Stand gebrachte naturwissenschaftliche Kenntnisse von enzyklopädischen Ausmaßen. Er ist ferner programmiert mit Weltgeschichte, vierzig Sprachen, der Tora, dem Talmud, dem halachischen Recht – wir können ja schließlich keinen Sicherheitsexperten haben, der bei den Leuten Anstoß erregt. Aber du wirst dich zweifelsohne in den nächsten Wochen durch seine Programmierung hindurchfinden.«

      Shira war erstaunt, aber skeptisch. Yod war ein ungeheurer Durchbruch, aber Avram schrieb seinem Cyborg Dinge zu, die ihr unglaubwürdig vorkamen. »Du nennst das Cyborg ›er‹, wie mir auffällt. Ist das nicht Vermenschlichung? Mir wäre es lieb, wenn wir uns darauf einigen könnten, objektiv vorzugehen und nicht in Form von Wunschdenken.«

      Yod sprach wieder. »Wie soll ich dich anreden?«

      »Ich habe dir gesagt, sie heißt Shira«, sagte Avram. »Es ist dir gar nicht möglich, etwas zu vergessen.«

      »Mir sind verschiedene Anredeformen aufgefallen. Sie hat dich erst mit Dr. Stein und dann mit Avram angeredet. Dadurch stellt sich die Frage, wie sie von mir angeredet werden möchte. Ich denke, wir sollten ihr erklären, dass es korrekt ist, von mir als einem ›er‹ zu sprechen. Ich bin kein Roboter, wie es Gimel jetzt ist. Ich bin eine Verschmelzung von Maschine und laborerzeugten biologischen Bestandteilen – ähnlich wie Menschen häufig Verschmelzungen aus Fleisch und Maschine sind. Einer von uns sollte auch erklären, dass ich anatomisch männlichen Geschlechts bin, so wie du mich geschaffen hast.« Das Cyborg schien Avram fast ein wenig pikiert anzureden. Es hatte sich von ihr abgewandt. Ihr würde es wohl ebenso schwerfallen wie offensichtlich Avram, stets zu bedenken, dass menschliche Gestalt noch kein menschliches Geschöpf ausmachte.

      »Tatsächlich? Warum hast du das getan?«, fragte sie Avram. Ja, was hieß es eigentlich, davon zu sprechen, dass ein Maschinenwesen überhaupt ein Geschlecht hatte? Gewiss urinierte es nicht durch seinen Penis, und womit wollte es denn Geschlechtsverkehr haben, vorausgesetzt, eine Maschine konnte wollen, was sie ihr nicht zubilligen mochte. Maschinenverhalten richtete sich nach fallweise variierenden Zuständigkeiten und Prioritäten. Sie hatten über- und untergeordnete Aufgabenstellungen und versuchten sie auszuführen. Aber ›wollen‹ war ein Wort, das auf Biologie beruhte, auf dem Bedürfnis nach Essen, Wasser, Schlaf, dem Vermehrungstrieb, dem Verlangen nach sexueller Befriedigung.

      Avram sah leicht verlegen aus. Er schaute weder zu Yod noch zu ihr, sondern zur Decke und hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Ich war der Überzeugung, je mehr er einem menschlichen Wesen gleicht, desto geringer ist die Gefahr seiner Entdeckung. Es wird für ihn notwendig sein, sich unter Menschen zu begeben, und er muss ihnen so gleich erscheinen wie möglich. Ich musste häufig die Leistungsfähigkeit einer überzeugenden Fassade und überzeugendem Benehmen opfern. Ich konnte keinen Grund erkennen, ihn … verstümmelt zu erschaffen.«

      »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte Yod. Die Stimme klang beleidigt.

      »Wenn wir zusammen arbeiten werden, kannst du mich ebenso gut Shira nennen. So nennt mich mein Haus.«

      »Shira. Das heißt Lied.«

      »Du kannst Hebräisch?«

      »Natürlich.« Es sagte das genau so, wie Avram es getan hätte. Sein Tonfall.

      »Das ist genau der Punkt«, sagte Avram und trat zwischen sie, »wo ich deine Hilfe brauche. Ihm muss beigebracht werden, wie er mit Menschen reden soll, wie er sich in Gegenwart anderer verhalten soll, wie er mit seinen Funktionen umgehen soll. Er muss bestehen können, verstehst du? Ich bin schon furchtbar im Rückstand mit meiner Vertragsarbeit für Cybernaut. Ich kann mit ihm höchstens zwei oder drei Stunden am Tag arbeiten. Er schläft nicht, und er muss die ganze Zeit über beschäftigt sein, lernen. Als Gadi hier war, konnte ich ihn überhaupt nicht runterbringen –«

      »Also ist er abgereist.« Shira hatte das Gefühl, der Raum wurde plötzlich weiter. Vielleicht war die Arbeit ganz interessant, zumindest als Übergangsbeschäftigung, während sie verhandelte, wahrscheinlich zuerst mit Olivacon und Cybernaut. Sie würde sich einen Monat der Entspannung gönnen und dann auf Stellensuche gehen.

      »Vor zwei Tagen.« Avram konnte ein erleichtertes Lächeln nicht unterdrücken. »Jetzt sollte ich in der Lage sein, meine Vertragsarbeit nachzuholen, und trotzdem noch ein bisschen Zeit haben, um mit Yod zu arbeiten.«

      »Gadi weiß also nichts von dem Cyborg?«

      »Natürlich nicht. Wozu sollte er auch?«

      »Wer weiß es denn?«

      »Malkah. Ich brauchte ihre Hilfe beim Programmieren. Sie hat die seltene Gabe der Diskretion, weißt du«, sagte er, als verriete er Shira ein großes Geheimnis über ihre Großmutter. »Malkah redet zu viel, aber sie redet nicht über das, was sie für sich behalten möchte. Das ist ungewöhnlich für eine Frau.«

      »Ich würde denken, das ist ungewöhnlich für einen Mann. Aber was ist aus David geworden? Deinem Assistenten. Er weiß Bescheid.«

      »David hatte einen Unfall. Er weilt nicht mehr unter uns.«

      Während sie redeten, schaute Yod vom einen zum andern, der Kopf ging hin und her wie bei den Zuschauern eines Tennisspiels. Im

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