Bratwurst mit Senf und Seelenheil. Adrian Plass
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B: Ach, tun wir das?
A: Ja, wir finden, Choräle – Choräle – das hört sich ein bisschen, irgendwie altmodisch und steif an.
B: Ah, verstehe. Altmodisch. Steif.
A: (seufzt) Wie auch immer, ich dachte mir, nach dem Gebet könnten wir ein Lied singen und –
B: Du meinst nach diesem Gebet, das du gleich zu Beginn des Gottesdienstes haben willst?
A: Äh, zu Beginn der Versammlung, ja –
B: Zu Beginn des Gottesdienstes, genau.
A: Versammlung. Und dann vielleicht noch ein Lied unmittelbar vor der Botschaft.
B: Entschuldigung, unmittelbar vor was?
A: Unmittelbar vor der Botschaft.
B: Welche Botschaft? Von wem an wen? Worüber?
A: Na, du weißt schon, die Botschaft, die Botschaft, die Botschaft, die Ansprache.
B: Ach, du meinst die Predigt.
A: Na ja, so könnte man es wohl nennen.
B: Wir nennen es jedenfalls so.
A: Na ja, wir nennen es eben – die Botschaft.
B: (beinahe tonlos) Und wir nennen es die Predigt.
A: Vielleicht sollten wir jetzt lieber über das Bekenntnis reden.
B: Das Bekenntnis. Ja, in Ordnung, vielleicht sollten wir das.
A: Also, ich finde, das Bekenntnis sollte ziemlich zu Anfang der Versammlung, äh, des Gottesdienstes kommen.
B: Aha. Gleich nach dem ersten Choral – ich meine – Lied?
A: Ja, und noch ein ganzes Stück vor der Bot- äh …
B: Der Ansprache?
A: Ja, reichlich vor der Ansprache. Gut. Siehst du? Jetzt kommen wir richtig vorwärts. Okay, wann wollen wir denn die Zeit des Gabenausteilens einbauen?
B: (verdutzte Pause) Äh, es ist doch kein Weihnachtsgottesdienst, oder?
A: Nein, doch nicht solche Gaben. Geistliche Gaben. Zungenrede und Prophezeiungen. Du weißt schon. Zum Beispiel könnte es sein, dass ich plötzlich ein Wort für dich habe.
B: Verstehe. Was denn – zum Beispiel »Lied«, meinst du? Oder »Versammlung«?
A: Nein, nicht solche Wörter. Eine Botschaft vom Herrn.
B: Oh, du hast Gott für die Predigt gewinnen können?
A: Du weißt genau, dass ich es nicht so meine.
B: Jaja – schon gut – Entschuldigung …
A: Gut, nur noch ein paar Kleinigkeiten. Wollen wir uns auch um den Tisch des Herrn versammeln?
B: (Pause) Nun, ja, sicher, nichts dagegen, solange noch genug Zeit für die Kommunion bleibt.
A: (seufzt) Das ist genau dasselbe, das weißt du doch genau!
B: (ihm reicht es) Nein. Nein, das ist es nicht. Es ist überhaupt nicht dasselbe. Kommunion ist, wenn Leute ehrfürchtig Brot und Wein von silbernen Tellern und aus silbernen Kelchen einnehmen, während sich um den Dingsbums versammeln, oder wie du das nennst, darin besteht, dass jemand winzig kleine Gläser mit verdünntem Traubensaft an Leute verteilt, die sich nicht einmal die Mühe machen wollen, von ihren Hintern hochzukommen und nach vorne zu gehen.
A: (ihm platzt der Kragen) Ach, ja? Eins kann ich dir sagen, die Leute in unserer Gemeinde haben keine Hintern – sie haben Gesäße! Reden wir doch mal darüber, was bei euch so läuft. Der Friedensgruß zum Beispiel. Reden wir mal darüber. Dieser kostbare kleine Moment so genannter Informalität, in dem jeder vor Angst erstarrt und nicht weiß, wen er küssen, wen er umarmen, wem er die Hand schütteln oder wem er eine ballern soll. Friedensgruß, dass ich nicht lache! Friedensstress müsste das eigentlich heißen.
B: Ach, wirklich! Na, wenigstens fassen wir uns nicht alle an den Händen und spielen Ringelreihen!
A: Wenigstens laufen unsere Pastoren nicht rum wie schwangere Frauen.
B: Manche unserer Pastoren sind schwangere Frauen! Und wenigstens machen wir nicht so einen dämlichen Aufriss darum, den Heiligen Geist einzuladen!
A: Aha, das erklärt dann wahrscheinlich auch, warum er nie hereinkommt, was?
B: Wie auch immer (ihm fällt nichts mehr ein), jedenfalls hast du große Ohren!
A: Die müssen ja auch alles auffangen, was aus deinem dicken, fetten Maul kommt!
B: Du hast ja keine Ahnung!
A: Du hast keine!
B: Du hast keine!
A: Du hast keine!
B: Du hast keine!
A: Du hast keine!
B: Du hast keine!
(leicht verlegene Pause)
A: Also, wie kommen wir voran?
B: Prima, denke ich. Ähm, ich nehme an, wir laden alle zu unserer Veranstaltung ein.
A: Nun ja, ich dachte, die Presbyterianer vielleicht lieber nicht.
B: (nach einer Pause) Weißt du, ich bin froh, dass du das sagst.
A: Na ja, es gibt ja schließlich –
BEIDE: Grenzen.
A: Es gibt Grenzen, nicht wahr?
B: Oh, ja, die gibt es.
BEIDE: Presbyterianer.
(Beide schütteln in schönster Einigkeit die Köpfe.)
A: (seufzt) Ist Einheit nicht etwas Wunderbares?
B: Etwas Herrliches.
A: Weißt du was? Unsere Unterschiede liegen doch nur in den Details.
B: Absolut! Na ja, nicht ausschließlich in den Details – schon gut, tut mir leid …
Ein-Thema-Fanatiker: übermäßig auf ein Thema fixierte Leute, die einem in jedem Bereich auf die Nerven gehen, aber einen geradezu in den Wahnsinn