Aufgeklärtes Heidentum. Andreas Mang

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Aufgeklärtes Heidentum - Andreas Mang

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allerdings nicht mehr in dasselbe eingreift.

      Pandeismus: Eine Mischung aus Deismus und Pantheismus, d. h. der Schöpfergott geht nach der Schöpfung vollständig im Universum auf.

      Allgemein wird Glaube als der Grundbestandteil einer Religion gesehen. Das liegt daran, daß er ein zentrales Element im Christentum darstellt und dies im schulischen Religionsunterricht und kirchlichen Unterweisungen wie z. B. dem Konfirmandenunterricht so vermittelt wird. Glaube ist Bestandteil der drei christlichen Tugenden Glaube (fides), Liebe (caritas) und Hoffnung (spes) (1. Kor 13,13).

      Glaube bedeutet im religiösen Zusammenhang nicht einfach, etwas für wahr zu halten, sondern bezieht sich meistens auf Dinge, deren Vorhandensein sich nicht empirisch nachweisen oder objektiv herleiten läßt, und beinhaltet auf jeden Fall, das Geglaubte zu begehren, zu lieben oder gutzuheißen, wenn man Glauben etymologisch vom indogermanischen leubh ableitet, das „begehren“, „gutheißen“, „loben“ oder „lieb haben“ bedeutet [Gri12].

      Nun ist es nicht so, daß im europäischen Heidentum oder anderen primären Religionen Glaube keine Rolle spielte, er hat dort aber einen deutlich anderen Stellenwert und Bezug als im Christentum oder anderen sekundären Religionen. Man heißt dort zwar auch Werte, ethische Grundsätze und in Mythen formulierte Weisheiten gut, ein dogmatisch festgelegter Glaube an eine bestimmte Gottes- oder Göttervorstellung gibt es aber eher nicht. Wie wir später im Kapitel Was ist ein Gott? detailliert sehen werden, gibt es besonders im modernen Heidentum diverse, zum Teil widersprüchliche Gottesvorstellungen. Die religiöse Grundlage bilden hier mythologisch festgelegte, anthropomorphe Gottesbilder, so daß man gemeinsam dieselben Götter verehren kann, selbst wenn man von ihnen unterschiedliche philosophische, theologische oder sogar wissenschaftliche Vorstellungen hat.

      Ich unterscheide hier strikt zwischen „Gottesbild“ und „Gottesvorstellung“, was in der Literatur so nicht vorkommen dürfte. Ein Gottesbild ist das, was die jeweiligen Mythen als bildlich vorstellbare Gestalt darbieten. Der Religiöse weiß in der Regel, daß es ein Bild von etwas anderem ist. Falsch dagegen ist die weitverbreitete Ansicht, daß Menschen, in deren Religion Statuen und ähnliches verwendet werden, diese Bildnisse statt der dahinterstehenden Götter anbeten.

      Die Gottesvorstellung beschreibt nun das, was man für die Grundlage des menschengemachten und menschenähnlichen Bildes hält. Diese Unterscheidung ist gerade im Heidentum wichtig, in dem es recht eindeutige Bilder, aber eine ganze Reihe von verschiedenen Vorstellungen gibt, eben weil letztere keineswegs dogmatisch zu glauben sind. Die religiöse Praxis und Rede stützt sich auf die Bilder, die persönliche Beziehung oder das, was ein Monotheist Glaube nennen würde, auf die Vorstellung.

      Im heutigen wie im früheren Heidentum ist die Gottesverehrung in der rituellen Praxis das Wichtige, Gottesglaube dagegen eher zweitrangig. Dies kann man schon den Schriften Ciceros entnehmen [Cic95] und ist ebenso in modernen Publikationen nachzulesen. So schreibt Fritz Steinbock [Ste04]:

       Wir fragen nicht: „Was glaubst du? Was weißt du? Was kannst du?“

       Wir fragen: „Welchen Göttern opferst du?“

      Es gibt auch Gottesvorstellungen, die keinen Glauben benötigen, wie meine persönlichen zum Beispiel. Außenstehende oder Atheisten mögen diese Vorstellungen für unsinnig oder überflüssig halten, die Existenz der Götter läßt sich mit diesen Vorstellungen allerdings kaum bestreiten, so daß hier religiöser Glaube einer vernunftgeleiteten Definition weicht (siehe Seiten 51 ff).

      Mit dieser Einstellung erntet man oft Unverständnis. Warum man einem Gott opfern oder ihn verehren sollte, ohne im herkömmlichen Sinne gläubig zu sein, ist vielen nicht einsichtig. Das Problem ist wieder, daß die meisten Menschen hierzulande an die Grundsätze des Christentums gebunden sind, beziehungsweise nur diese kennen, und man den Stellenwert und die tiefere Bedeutung eines Begriffs innerhalb eines religiösen Systems nicht einfach auf ein anderes anwenden kann. Ich persönlich vermeide daher in Gesprächen möglichst den Begriff „Glaube“, weil er meistens falsche Assoziationen hervorruft. Man muß nicht die anthropomorphe Existenz eines Gottes, wie im Mythos beschrieben, für physikalische Realität halten, wenn man weiß oder auch nur vermutet, daß das, was dieses Bild symbolisiert und was man sich darunter vorstellt, tatsächlich existiert.

      Bei den abrahamitischen Monotheismen stellt sich dabei noch das Problem, daß Gottesbilder generell verboten sind oder daß zumindest, in moderateren Kreisen, davon abgeraten wird, sie zu benutzen oder als Grundlage des Glaubens zu nehmen. Dies bezog sich im frühen Judentum zwar nur auf die Herstellung von Gottesstatuen und ähnlichem (2. Mose 20, 4)1, wurde aber im Laufe der Zeit auch auf gedankliche Gottesbilder ausgedehnt. Deren Gottesglaube muß sich also auf die theologische und meistens dogmatisierte Gottesvorstellung beziehen, so daß Abweichungen davon schnell zu neuen Konfessionen führen, weil die Gläubigen mit den unterschiedlichen Vorstellungen nur schwerlich zusammen einen Ritus begehen beziehungsweise eine Gemeinschaft bilden können. Ein gutes Beispiel dafür liefert das Christentum, in dem es diverse Gottesvorstellungen insbesondere bezüglich der Verbindung von Gottvater und Jesus gegeben hat, die zu enormen Streitigkeiten geführt haben, und wo sich erst mit dem 1. Konzil von Nicäa im Jahre 325 die trinitarische Vorstellung, also die Dreieinigkeit, gegenüber dem Arianismus durchgesetzt hat. Daneben gab und gibt es noch Nestorianer und Miaphysiten und wissen die Götter, was sonst noch.

      Interessanterweise hat die Trinität Vorbilder im gesamten indogermanischen Kulturraum, wo es diverse Götter-Triaden, also Götter-Dreiheiten gibt, auch wenn die nichtchristlichen sich auf mehrere Götter statt nur einen beziehen. Im Hinduismus bilden Brahma, Vishnu und Shiva das Trimurti (

= Sanskrit für „drei Formen“), im griechischen Heidentum gibt es die Trias Zeus, Poseidon und Hades, im römischen Jupiter, Juno und Minerva, im germanischen Wodan, Wili und We (auch Odin, Vili, Ve genannt). In allen dreien gibt es die drei Moiren, Parzen beziehungsweise Nornen. Der im römischen Reich gerne praktizierte ägyptische Isis-Kult hatte Isis, Osiris und Horus.

      Der Theologe Rudolf Bultmann schrieb, daß für das Christentum „nicht Erkenntnis (γνῶσις), sondern Glaube (πίστις)“ charakteristisch sei [Bul98]. Diese Abgrenzung macht einen entscheidenden Unterschied zwischen primären und sekundären Religionen aus. Hat man eine Offenbarungs- oder eine Buchreligion, dann soll beziehungsweise muß man glauben, was in der besagten Offenbarung oder dem Buch beschrieben wird. Heutzutage beschränken sich die meisten Gläubigen auf Kernaussagen und ignorieren Dinge, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen. Es gibt aber auch zahlreiche Gläubige, die ihre schriftlichen Grundlagen insgesamt für wortwörtlich nehmen und jede Abweichung vom Niedergeschriebenen konsequent ablehnen.

      Abbildung 3: Aufbau einer sekundären Religion

      Bei Erfahrungsreligionen und auch der Begriffsbestimmung, die Religion als Beachtung der zugehörigen Rituale, Wertvorstellungen und Traditionen statt über den Glauben definiert, liegt der Fall anders. Hier trifft man selten Leute, die den Inhalt der Mythen für wortwörtlich nehmen oder sie für historische Tatsachenberichte halten. Spirituelle Erfahrungen und Erkenntnisse gewinnt man hier durch die Praxis, sei es aufgrund von Riten, Meditation oder anderem, nicht allein durch das Gelesene, auch wenn das Lesen und Reflektieren über die Mythen eine große Rolle spielen.

      Dieser Unterschied macht sich auch am Glaubensbekenntnis bemerkbar, das im Christentum und Islam einen

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