MIND. Daniel Siegel
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Wir werden uns hier auf grundlegende Fragen fokussieren – Untersuchungen, die Spaß machen –, die auf verschiedene Elemente des Geistes bezogen sind, die zu einem einzigen Teppich verknüpft werden sollen. Die Untersuchung der Aspekte des Wer, Was, Wo, Wann, Wie und Warum des Geistes wird uns als Orientierung auf dem Weg dienen. Dies wird unser gemeinsamer Grund sein, ein sechsteiliger Kompass mit zwei Linsen, den wir zur Navigation auf unserem Weg gebrauchen werden. Die eine wird die Linse der persönlichen, gefühlten Erfahrung sein: meine in der Beschreibung, Ihre in den Reflexionen über Ihre eintretenden Erfahrungen. Die andere Linse ist eine des wissenschaftlichen und konzeptuellen Argumentierens, der Erkundungen der Forschungsergebnisse und ihrer Implikationen.
Ein Grund dafür, dass ich die Reise des Geistes auf diese besondere Art und Weise gestaltet habe, besteht darin, Sie genauso wie mich selbst dazu einzuladen, die persönliche Erfahrung Ihres eigenen Geistes mit Ihrem eigenen sich entwickelnden Verständnis der wissenschaftlichen Ideen, die diese Erkundung untermauern, zu vermischen. Meine Hoffnung ist es daher, dass dieses „aktive Lesen“ Ihre eigene Neugier und Ihre Imagination einbezieht, genauso wie Ihre eigenen Reflexionen über das mentale Leben, in Kombination mit der Schaffung einer wissenschaftlichen Grundlage des Geistes. Dies ist ein Buch des Hinterfragens, das wir bei der Erforschung der fundamentalen Natur des Geistes gemeinsam realisieren können. Die Worte sind lediglich ein Ausgangspunkt, vielleicht sogar ein anfänglicher Treffpunkt, um uns kennen zu lernen. Die bevorstehende Reise liegt unter, vor und jenseits der Worte selbst.
Ich bin nicht so gut im Witzeerzählen, wie mir meine Kinder oftmals in Erinnerung riefen, aber ich denke, wir werden eine Menge an Paradoxa und Fragen finden, die während unserer Expedition auftauchen. Manchmal ist das Nachdenken über die tief gehende Natur des Geistes verrückt und umwerfend. Manchmal ist es total hysterisch. Es gibt viele Bücher, die Ihnen seitens der ernsten Wissenschaft oder aufgrund persönlicher Reflexion vorgefertigte Antworten anbieten. Dieses Buch bietet Ihnen beides, sowohl persönliche Reflexionen als auch wissenschaftliche Erkenntnisse in einem integrierten Format, voller Hinterfragungen, die unserer bevorstehenden Reise eine Richtung verleihen, die, so hoffe ich, fesselnd und erleuchtend sein wird.
Eine Herausforderung beim Diskutieren über den Geist besteht darin, dass wir den Geist sowohl als persönliche Erfahrung als auch als wissenschaftlich begreifbaren Prozess, als Einheit, Objekt oder Gegenstand in Betracht ziehen müssen. Diese Spannung zwischen dem persönlich Erkennbaren, das von außen nicht beobachtet und quantifizierbar ist, und dem objektiv Erkennbaren, das man von außen beobachten und quantifizieren kann, ist ein typischer Konflikt, der unsere hauptsächlichen akademischen Nachforschungen im letzten Jahrhundert sich von Einsicht und Reflexion über die subjektive Erfahrung in den formalen Studien des Geistes abwenden ließ. Doch wer, was, wann, wo, wie und warum wir auch immer sind, all dies sind Aspekte unseres mentalen Lebens, das, so glaube ich, am besten zu begreifen ist, wenn wir beide Seiten der Natur des Geistes, die subjektive wie die objektive, im Zentrum jeder dieser Facetten unseres Lebens achten.
Meine tiefste Hoffnung ist es, mich mit Ihnen zu verbinden, um die Natur unseres Geistes aufzuklären, Licht in unsere Glaubensinhalte zu bringen und unsere Zweifel aufzudecken, die zentrale Bedeutung des Geistes in unserem Leben zu demonstrieren und ein paar grundlegende Möglichkeiten anzubieten, den Geist zu definieren, so dass wir dann erkunden können, was ein gesunder Geist tatsächlich sein könnte. Sobald wir diese Probleme erkundet haben, besteht der natürliche nächste Schritt darin, die verschiedenen Wege aufzuzeigen, die wir einschlagen könnten, um uns selbst in die Lage zu versetzen, einen gesunden Geist, persönlich und in anderen, zu kultivieren.
Und um unseren Geist zu entdecken, zu erforschen, anzuwenden und zu kultivieren, lade ich Sie dazu ein, mich auf dieser Reise zu begleiten, wenn wir uns ins Herz des Menschseins versenken.
Bereit zum Tauchgang? Lassen Sie uns beginnen – und ich hoffe, Sie genießen unsere bevorstehende Reise.
1 Hierbei handelt es sich um ein Wortspiel, da sich mit „fun-da-mental“ im Englischen sowohl die Worte „fun“ = „Spaß“ als auch „mental“ = „geistig“ assoziieren lassen, A.d.Ü.
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Was ist der Geist?
Im folgenden Abschnitt werden wir uns in eine vorgeschlagene Arbeitsdefinition zu einem Aspekt des Geistes vertiefen, nämlich in jene, eine Funktion in einem System zu besitzen, das einen Energie- und Informationsfluss umfasst. Dieses System befindet sich sowohl innerhalb des Körpers als auch zwischen uns und anderen Wesen – anderen Menschen und der weiteren Umgebung, in der wir leben. Dies ist ein brauchbarer Platz, um unsere Reise in die Natur dessen zu beginnen, was der Geist ist.
An einer Arbeitsdefinition des Geistes arbeiten (1990–1995)
Die 1990er-Jahre wurden „Das Jahrzehnt des Gehirnes“ genannt.
Ich fühlte mich wie ein Kind im Süßwarengeschäft, liebte es, das, was ich als praktizierender Psychiater mit meinen Patienten erfuhr, mit den Erkundungen des Gedächtnisses und auftauchende Geschichten mit Forschungsthemen zu verknüpfen, fortwährend danach trachtend, diese mit dem zu verknüpfen, was wir nun in der Gehirnwissenschaft lernen. Ich hatte meine klinische Ausbildung mit meinem Praktikumsjahr in Pädiatrie, gefolgt von einer Assistenzzeit, zuerst in der Erwachsenen-, dann in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, beendet. Nach einem Forschungsstipendium am National Institute of Mental Health an der University of California in Los Angeles, das sich dem Studium der Art und Weise widmete, wie Eltern-Kind-Beziehungen das Wachstum des Geistes formen, wurde ich gebeten, das klinische Ausbildungsprogramm für die Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität zu leiten. Ich nahm diese erzieherische Rolle sehr ernst und dachte darüber nach, wie eine umfassende Sichtweise des sich entwickelnden Geistes, der neuen Erkenntnisse über das Gehirn und die Wissenschaft der Beziehungen, die ich studiert hatte, alle zusammenkommen könnten, um eine Art Kerncurriculum für die neue Generation von Klinikern dort zu bilden. Zur gleichen Zeit rief ich eine Studiengruppe mit früheren Lehrern und Kollegen auf dem Campus ins Leben, um die drängende Frage anzugehen: Was ist die Beziehung zwischen dem Geist und dem Gehirn?
Es kamen vierzig Menschen zu unserer Gruppe, die meisten von ihnen Forscher von der Akademie und ein paar Kliniker. Viele Bereiche waren vertreten, einschließlich Physik, Philosophie, Informatik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Linguistik und Anthropologie. Die eine Frage, die uns anfangs zusammenbrachte, war diese: Was ist die Verbindung zwischen Geist und Gehirn? Die Gruppe konnte das Gehirn definieren – eine Ansammlung miteinander verbundener Neuronen und anderer Zellen im Kopf, die mit dem ganzen Körper und der Umgebung interagieren. Aber es gab keine Definitionen des Geistes, abgesehen von der geläufigen „Gehirnaktivität“, welche die Neurowissenschaftler im Raum angeben würden, die aber keine akzeptable Sichtweise für die anwesenden Anthropologen oder Linguisten war, die sich auf die soziale Natur der mentalen Prozesse wie Kultur und Sprache fokussierten.
Mein eigener Professor für fiktionales Schreiben, den ich bereits erwähnte, Jerome Bruner, hatte während meines Studienganges als wissenschaftlicher Mitarbeiter gesagt, dass eine Geschichte nicht innerhalb einer Person, als vielmehr zwischen Menschen stattfindet. Sogar in meiner Seminararbeit, wo ich mich fragte, wie Geschichte im Gehirn von traumatisierten Individuen vermittelt werden, drängte er mich, keinen derartigen „Irrtum“ zu begehen und die soziale Natur der Geschichte zu erkennen. Diese Geschichten, die wir erzählen – die Geschichten unseres Lebens, die unsere Erinnerungen und Bedeutungen des Lebens offenbaren – sind mentale Kernprozesse. Ich studierte, wie die Entdeckungen der Bindungsforschung zu Tage brachten, dass die Geschichte eines Elters die beste Prognose für die Bindung jenes Kindes