4 Portraits (Pauli, Einstein, Planck und Heisenberg). Ernst Peter Fischer
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Plancks Weg zu Gott
Wir sind Nachfolger jener Menschen, die das entdeckt haben. Das ist unsere erste Qualität. Wir können selbst Transzendenzerfahrung machen, nämlich etwas außerhalb von uns erkennen. Die Naturwissenschaften erlauben das. Damit haben wir vor 400 Jahren begonnen. Wir sind auch Nachfolger der Menschen, die die Naturwissenschaften erfunden haben. Wir sind sozusagen gleichzeitig wissenschaftsfähig und transzendenzfähig. Beides gehört zu unserer großen Kulturleistung. Genau das drückt Planck aus. Der religiöse Mensch ist am Anfang bei Gott, der wissenschaftliche Mensch findet am Ende zu Gott. Das ist ganz ernsthaft gemeint. Denn wenn Sie wirklich – so will Planck sagen – etwas über die Welt erkennen, dann müssen Sie außer sich sein vor Freude. Dann sind Sie bei Gott.
Sie können nicht sagen „Aha, ich habe den Energiesatz verstanden“ und gehen dann zur Tagesordnung über und schreiben eine Klassenarbeit. Oder Sie haben den zweiten Hauptsatz verstanden und machen eine Klausur in Physik und werden dann Lehrer. Das ist einfach nur Handwerk, das ist nicht Erkenntnis. Und aus diesem Handwerk folgt auch nicht das Handeln, das haben Sie ja schon getan. Sie müssen sich vorstellen, dass Sie in der Lage sind, über sich selbst hinaus zu wachsen, aus sich heraustreten zu können. Außer sich sein. „Außer sich“ sein heißt dann, mit einer anderen Sache zusammenkommen. Das ist diese höhere Wesensheit, die wir Gott nennen, die wir Wahrheit nennen, die dann Ihr ureigenes Erlebnisvermögen schafft.
Ich halte das für eine ganz großartige Darstellung. Planck spricht aus seinem eigenen Erleben. Ich glaube, das ist ein ganz ehrlicher Beitrag, der sämtliche anderen Überlegungen über Religion und Naturwissenschaft, die von Menschen angestellt werden, die weder religiös sind, noch Naturwissenschaft kennen, in den Schatten stellt. Planck hat das Religiöse in der Naturwissenschaft erfahren und er drückt aus, dass das ein Erlebnis ist.
Eigentlich möchte ich allen Menschen, die Naturwissenschaft betreiben, wünschen, dass sie solche Erlebnisse haben. Sie müssen sich nur darauf einlassen. Sie müssen den Energiesatz nicht nur als eine Vorschrift zur Konstruktion von Maschinen nehmen, sondern als etwas, das sie mit der Welt, zu der sie gehören, in Verbindung bringt, die sie in diesem Moment erkennen.
Preußisch und national
Als Planck diese Rede hält, ist er fast 80 Jahre alt und ungeheuer engagiert gewesen in all den Jahren davor. Er war Rektor der Berliner Universität, ständiger Sekretär der preußischen Akademie der Wissenschaften und zum Schluss auch noch Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft geworden. In dieser Funktion hatte er sogar ein Gespräch mit Reichskanzler Adolf Hitler, über das er berichtet hat. Es hat ihn entsetzt, weil Hitler offenbar überhaupt nicht in der Lage war, auf irgendwelche Argumente zu hören, sondern sich in Wut über Kommunisten und Juden geredet hat.
Es gibt eine wunderbare Darstellung Plancks von seinem Besuch bei Hitler. Er muss in dieser Zeit über die äußeren Umstände ziemlich verzweifelt gewesen sein und hat sich deswegen den inneren Bedingtheiten zugewendet, als er sich um Religion bemühte. Er ist während dieser nationalsozialistischen Herrschaft plötzlich auch seinem Deutschtum gegenüber etwas in Zweifel geraten, weil er eigentlich ein überzeugt preußisch und national denkender Mann war, der jetzt mit einer Regierungsform konfrontiert wurde, mit der er nicht zurecht kam.
Lassen Sie mich aber diese schwierige Situation Plancks vorerst vernachlässigen, um noch einmal etwas auf sein privates Leben einzugehen. Planck war sein Leben lang ein guter Musiker, ein begeisterter Bergsteiger und er hatte das besondere Glück, dass er eine Frau mit einem reichen Vater geheiratet hatte, der ein wunderschönes Haus in Bad Tölz besaß. Von dort aus konnte er immer seine Wanderungen und Planungen machen. Er war in diese Marie Merck sehr verliebt. Sie hat ihm vier Kinder geschenkt. Aber leider, das hatte ich schon eingangs angedeutet, ist das Leben insgesamt, so glücklich es am Anfang für den 30, 40jährigen Planck war, später immer schwieriger geworden.
Ich möchte das Tragische und das Leiden in Plancks Leben, das ihn und seine Familie von Anfang bedrückt hat, wenigstens kurz skizzieren. Ganz früh schon ist sein Bruder in der Schlacht bei Sedan 1870/71 gefallen. Auch seine Frau stirbt schon sehr früh, nämlich 1900. Im 1. Weltkrieg fällt sein erster Sohn. Jetzt hat er noch drei Kinder, die Zwillinge und Erwin. Die Zwillinge heiraten etwa in der Zeit des 1. Weltkriegs und da passiert etwas besonders Tragisches: Beide sterben bei der Geburt ihres ersten Kindes.
Planck muss das sehr erschüttert haben. Er ist völlig verzweifelt. Es gibt einen Besuch von Albert Einstein, über den dieser berichtet, dass Planck eigentlich überhaupt nicht mehr ansprechbar ist, sich ganz nach innen zurückgezogen hat. Das war etwa in den 1920er Jahren. Er findet nur darin Trost, dass er die beiden Kinder gemeinsam auf einem Friedhof in Berlin bestattet, damit sie wenigstens in der Ewigkeit zusammenkommen, was ihnen im Leben nicht gelungen ist.
Seine ganzen Hoffnungen richten sich dann auf seinen zweiten Sohn Erwin. Er heiratet nach dem Tod seiner ersten Frau wieder, bekommt von dieser zweiten Frau noch einen Sohn, zu dem er sich aber nie geäußert hat. Es ist offenbar so, dass Plancks ganzes Interesse, seine ganze Vaterliebe den Kindern aus der ersten Ehe gehört. Das könnte man ihm jetzt zum Vorwurf machen und man muss es ihm auch zum Vorwurf machen. Denn als zur Zeit der Nationalsozialisten der zweite Sohn Erwin, der unter Hitlers Vorgänger als Reichskanzler, von Schleicher, eine politische Karriere gemacht hat, im Rahmen des Attentates vom 20. Juli verhaftet und zum Tode verurteilt wird, ist Planck in großer Aufregung.
Er glaubt noch völlig an die Unschuld seines Sohnes Erwin und versucht, den Nationalsozialisten sein Lebenswerk anzubieten, um seinen Sohn zu retten. Er weiß nicht, dass der Sohn auf einer Liste gestanden hat, die für politische Ämter nach dem Sturz der Nationalsozialisten vorgesehen war, so dass er für die Nationalsozialisten ein Feind war. Planck bittet in einem letzten, verzweifelten Brief an den Reichsführer SS Heinrich Himmler um das Leben seines Sohnes Erwin. Als er das tut, fügt er hinzu, dass nur Erwin die große Tradition der Familie fortsetzen kann. Der Sohn aus der zweiten Ehe sei dazu nicht in der Lage, weil er offenbar nicht die Qualität hat, die Planck von ihm erwartet. Das ist natürlich an einen Menschen wie Himmler, der von einem Herrenvolk träumt, das falsche Signal. Tatsächlich wird Erwin Planck von den Nationalsozialisten einfach ermordet, als hätte es den Brief überhaupt nicht gegeben.
Als Planck die Nachricht vom Tod seines Sohnes erhält, schreibt er einen Brief an den Physiker Arnold Sommerfeld, in dem er seine Trauer ausdrückt. Ich kann diesen Brief bis heute nicht lesen, ohne dabei von Rührung übermannt zu werden.
Briefe an Arnold Sommerfeld
„Mein Schmerz ist nicht in Worten auszudrücken. Ich ringe täglich aufs Neue, um die Kraft
zu gewinnen, mich mit dieser Schicksalsfügung abzufinden. Denn mit jedem neu anbrechenden Morgen kommt es wie ein neuer Schlag über mich, der mich lähmt und mir das klare Bewusstsein trübt und es wird lange dauern, bis ich wieder völlig ins seelische Gleichgewicht komme. Denn er bildete einen wertvollen Teil meines eigenen Lebens, er war mein Sonnenschein, mein Stolz, meine Hoffnung. Was ich mit ihm verloren habe, können keine Worte schildern.“
Neben diesem unfassbaren seelischen Schmerz leidet Planck zur selben Zeit auch noch an einer Verkrümmung der Wirbelsäule. Er macht ungeheuer schwierige Tage durch, hat große Schmerzen und eigentlich würde man denken, dass jemand wie er um das Ende seines Lebens bittet. Aber er ist ja gläubig in dem soeben geschilderten Sinne. Er glaubt, dass es ein „himmlisches Reich“ gibt, das sich über uns erhebt und man den Verdienst erwerben muss, dort hinzukommen.
Er schreibt 1946 wieder an Arnold Sommerfeld: „Ich gehöre nicht zu denen, die sich erbittern lassen. Ich denke an eine andere Welt, die sich himmlisch über diese hier