Nachhaltig investieren für Dummies. Alexandra Bolena
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Prinzipiell ist das Thema Geldanlage im Judentum sehr kompliziert. Verkürzt lässt sich aber sagen, dass alles, was durch das Tora-Gesetz tabuisiert wird, auch einem finanziellen Anlageverbot unterliegt. Dazu zählen das Zinsverbot, für das es allerdings Ausnahmen gibt, sämtliche Formen des Glücksspiels, die Prostitution und all jene Bereiche, die aufgrund von rituellen Vorschriften verboten sind, wie beispielsweise die Kombination von Milch und Fleisch.
Fastfoodketten, die Fleisch und Milch nicht hinreichend trennen, sind aus veranlagungstechnischer Sicht ein No-Go nach jüdischem Glauben.
Auch Beteiligung an jüdischen Unternehmungen, die sich nicht an die Sabbat-Vorschriften halten, wie beispielsweise Reiseunternehmen oder gastronomische Betriebe, die sieben Tage in der Woche ihre Dienste anbieten, sind für Investments nicht erlaubt. Darüber hinaus gilt die rein ethisch-moralische Richtlinie, dass in keine Industrien investiert werden soll, die mit gesundheitsschädlichen Produkten zu tun haben, wie beispielsweise die Tabakindustrie. All das ist aber nicht schriftlich fixiert, sondern ergibt sich aus dem Glauben selbst und wird mit dem Rabbi besprochen. Auch die Informationen in diesem Buch stammen aus einem solchen persönlichen Gespräch mit einem Vertreter der jüdischen Religionsgemeinschaft in Wien.
Conclusio: Als gläubiger Mensch können Sie sich bei Fragen rund um das Thema Veranlagung an den ethischen Prinzipien und Leitfäden der jeweiligen Religionsgemeinschaft orientieren – entweder sind diese schriftlich verfasst oder ein Glaubensgelehrter wird Ihnen Auskunft geben. Wenn Sie jedoch eher ein Freigeist sind, dann müssen Sie sich Ihren eigenen Kopf zerbrechen. Denkanstöße dazu finden Sie in den nächsten Kapiteln.
Kapitel 3
Gut überlegen: Welche Nachhaltigkeitskriterien sind Ihnen wichtig?
IN DIESEM KAPITEL
Das »Do No Significant Harm«-Prinzip
EU-Taxonomie und typische Ausschlusskriterien
Das Investmentuniversum Best-in-Class
Dieses Kapitel bietet Ihnen die Möglichkeit, das Thema Nachhaltigkeit konkret abzustecken und anhand verschiedener Prinzipien die für Sie relevanten zu identifizieren. Zunächst wird das DNSH-Prinzip erläutert, bevor auf einige typische Ausschlusskriterien eingegangen wird. Im letzten Abschnitt lernen Sie dann den »Best-in-Class«-Ansatz näher kennen.
Das DNSH-Prinzip
DNSH steht für »Do No Significant Harm« und lässt sich am besten mit »Füge (deiner Umwelt) keinen signifikanten Schaden zu« übersetzen. Das klingt logisch und gut und doch ist es nicht so einfach, sich an dieses Prinzip zu halten.
DNSH ist ein Terminus, der rund um die Entstehung des EU-Aktionsplans zur Klimakrise eingeführt wurde.
Im März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Der Plan hat zum Ziel, die Ideen des Pariser Klimaabkommen und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in konkrete Vorgaben und Handlungsanweisungen zu übersetzen.
Dahinter steht das politische Ziel, ein einheitliches EU-Klassifikationssystem – die berühmte EU-Taxonomie – zu definieren.
Die EU-Taxonomie ist eine Verordnung des Europäischen Parlaments sowie des EU-Rates vom Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen.
Die Kriterien der EU-Taxonomie sollen bestimmen, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist oder nicht. Die Intention ist klar: Die Auswirkungen der Klimaveränderung müssen eingedämmt, die Klimaerwärmung selbst reduziert werden. Das Thema Nachhaltigkeit ist somit direkt bei den Unternehmen gelandet. In Folge werden Markt- und Börsenentwicklungen auch widerspiegeln, ob und wie ein Unternehmen Nachhaltigkeitsziele umsetzt. »Grüne« Unternehmen werden sich am Kapitalmarkt leichter finanzieren können als weniger nachhaltige und das hat wiederum massiven Einfluss auf das Verhalten der gesamten Finanzbranche, die durch den EU-Aktionsplan eben de facto dazu gezwungen ist, Nachhaltigkeitskriterien bei ihren Investments zu berücksichtigen.
Wer aber »Green Finance« will, braucht erstens einheitliche Vorgaben und zweitens Transparenz. Erst wenn klimarelevante Risiken offengelegt sind, kann ein Umlenken der Finanzströme in klimafreundliche Aktivitäten erfolgen.
Klimarelevante Risiken
Klimarelevante Risiken sind vielfältig. Zunächst geht es um mögliche direkte wirtschaftliche Auswirkungen in Folge des Klimawandels, wie Brände, Dürren und Überschwemmungen. Diese wirken aber nicht nur unmittelbar, indem sie immense Schäden und menschliches Leid verursachen und in Folge zum Beispiel Klimaflüchtlingsströme in Gang setzen, sondern sie haben auch starken Einfluss auf die Finanzbranche. Erstens, wenn es um Kreditvergaben geht (Welche Branchen erhalten zu welchen Konditionen Kredite?) und zweitens natürlich auf die Versicherungsbranche, die für Schäden aufkommen muss und ihre Prämien entsprechend anpasst. Indirekt kann sich der Klimawandel zudem auf Lieferketten oder die Preise für Rohstoffe, wie zum Beispiel Getreide, auswirken, um nur zwei Beispiele zu nennen. Preisverwerfungen im Bereich von Grundnahrungsmitteln wiederum können politisch und »nachhaltigkeitstechnisch« naheliegende, aber geopolitisch brisante Auswirkungen mit sich bringen, wie zum Beispiel Empfehlungen, nur heimische Waren zu kaufen oder Ausfuhren zu stoppen. Wenn Weltmächte wie China, Russland, Indien oder die USA solch protektionistische Tendenzen an den Tag legen, wird sich das massiv auf das Weltwirtschaftsgeschehen und die internationalen Märkte auswirken.
Sie sehen, das ungute Gefühl, dass es immer wärmer wird, wirkt sich allumfassend aus – kein Wunder, dass die Menschheit da in vielerlei Hinsicht und nicht nur wortwörtlich ins Schwitzen kommt. Wenn man all diese Kettenreaktionen in Betracht zieht, wird offensichtlich, dass der Klimawandel sowie die Versuche, sich an diesen anzupassen, umfassende Auswirkungen auf die ganze Welt haben. Aber es gilt nicht nur direkt vom Klimawandel verursachte Ereignisse im Auge zu haben, sondern auch zu bedenken, welche indirekten Auswirkungen die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel haben. Immer mehr Branchen erkennen, dass sie sich anpassen müssen, um zu überleben. Aktuell passieren Transformationen in richtig großem Maßstab und die Welt von übermorgen wird anders aussehen als die, in der wir aktuell leben. Diese Veränderungsprozesse bergen gewisse Risiken – aber natürlich auch tolle Chancen für Finanzinvestoren. Im Finanzchinesisch nennt man die Gefahren, die diesen Veränderungsprozessen innewohnen, Transitionsrisiken. Für Unternehmen geht es darum, mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf das eigene Geschäftsmodell abzuschätzen und sich entsprechend auf denkbare Veränderungen vorzubereiten. Je besser ein Unternehmen auf den Wandel vorbereitet ist, desto stabiler wird es durch diese turbulenten Zeiten kommen und desto eher können Sie als Investor mit diesem Unternehmen Gewinne erzielen.
Der EU-Aktionsplan Green Finance ist ein zentraler Baustein, wenn es um die Bewältigung all dieser Entwicklungen geht. Grundvoraussetzung, um das alles zu bewerkstelligen, ist aber zunächst das gemeinsame Verständnis darüber, was nun tatsächlich