Mosers Ende. Urs W. Käser
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Читать онлайн книгу Mosers Ende - Urs W. Käser страница 8
»Schau mal an, der Peter Kehrli, grüss dich! Was habt ihr denn angestellt hier oben? Es freut mich sehr, wieder mal im hintersten Oberland tätig zu werden. Auch wenn ich zugebe, es hätte mir gestern Freitag besser gepasst als jetzt am Wochenende, hahaha.« Kriminalkommissar Rolf Ramseier, immer noch im Türrahmen stehend, lachte schallend laut. Dann drehte er sich um und führte eine junge Frau herein.
»Übrigens, das ist meine Assistentin, Anna Burger. Sie hat soeben ihre Ausbildung zur Kriminalkommissarin abgeschlossen. Anna ist ein kluges Köpfchen, und wenn ich nicht aufpasse, wird sie mir bald meine Stelle streitig machen, hahaha!«
Peter Kehrli hatte kein Wort von dem mitbekommen, was Rolf Ramseier soeben gesagt hatte. Wie gebannt war sein Blick auf dem Gesicht der Frau vor ihm hängen geblieben. Wie wunderschöne dunkle Augen sie doch hatte, welch zartes Lächeln um die Lippen, wie schön die dunkelbraunen Haare das gleichmässige Gesicht umrahmten! Auch sie war in Zivil gekommen, trug schwarze Jeans und eine kurzärmlige pinkfarbene Bluse. Jetzt streckte sie ihm lächelnd die Hand entgegen.
»Guten Tag, ich bin die Anna.«
»Hm«, stotterte Peter, während ihm das Blut heiss ins Gesicht schoss, »freut mich, Sie, hm, pardon, dich, kennenzulernen. Hm, ja, Peter heisse ich.« Was ist denn nur los mit mir, fragte sich Peter entsetzt, so ein furchtbar peinlicher Anfang ist mir noch gar nie passiert, sonst bin ich doch nicht dermassen leicht aus der Ruhe zu bringen… Wenn ich mich doch nur ins nächste Mauseloch verkriechen könnte... Aber nein, jetzt muss ich erst recht durchhalten!
»Können wir jetzt zum Tatort gehen?«, fragte Rolf Ramseier, schon leicht ungeduldig.
»Natürlich, sofort«, erwiderte Peter, führte die beiden zum Zimmer siebzehn und entfernte das Siegel an der Türe. Der tote Mann lag noch genauso da wie vorher.
»Hier ist das Opfer«, sagte Peter, »aber vom Tötungswerkzeug, wir vermuten einem Messer, fehlt bis jetzt jede Spur.«
»Wir suchen natürlich überall nach Spuren«, erwiderte Rolf.
»Und, sag mal, wurde eigentlich etwas gestohlen?« Peter bekam erneut einen heissen Kopf.
»Hm, das wissen wir noch gar nicht. Die Frau des Verstorbenen, die den Toten gefunden hat, ging danach ins Zimmer ihrer Tochter zum Schlafen, und ich habe sie noch nicht befragen können. Und übrigens wäre das sowieso etwas heikel für mich, sie ist nämlich meine Tante.«
»So etwas war ja zu erwarten«, frotzelte Rolf grinsend, »im Oberland sind doch alle irgendwie miteinander verwandt. Dann machen wir es doch so: Zuerst nehmen wir hier die Spuren auf und packen den Toten ein, und dann holst du, Peter, die Frau, und Anna befragt sie.« Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete Rolf den grossen Koffer, den sie mitgebracht hatten, und packte das für die Spurensicherung benötigte Material aus. Während Anna das Zimmer nach Spuren absuchte, machte Rolf unzählige Fotos vom Tatort. Erst am Schluss untersuchten beide vorsichtig den toten Mann und wickelten ihn danach in ein grosses weisses Tuch ein.
»Wie wollt ihr eigentlich vorgehen«, fragte Rolf, »um die Tatwaffe zu finden?« Anna überlegte einen Moment.
»Was könnte der Täter damit gemacht haben? Gereinigt und bei sich behalten? Dann könnten wir wahrscheinlich immer noch Reste von Blut nachweisen. Aber wir müssten vielleicht sämtliche Räume durchsuchen, um das Ding zu finden, eine Heidenarbeit. Oder hat er das Messer irgendwo entsorgt? Mitten in der Nacht keine einfache Aufgabe, wenn man kein Risiko eingehen will, entdeckt zu werden. Vermutlich wird es dann nicht allzu weit weg sein, aber in dieser unübersichtlichen Landschaft trotzdem schwierig zu finden. Wenn er es allerdings vergraben hat, sogar sehr schwierig…« Rolf nickte.
»Dann schlage ich vor, dass ihr heute mal die Umgebung des Hotels grob durchkämmt. Wenn ihr nichts findet, könnt ihr Verstärkung anfordern für eine detailliertere Suche.«
»Einverstanden«, erwiderte Anna.
»Und noch etwas«, fuhr Rolf fort, »das ja eigentlich selbstverständlich ist. Niemand darf heute, bevor die Durchsuchungen und Befragungen abgeschlossen sind, ohne eure Bewilligung das Haus verlassen.« Peter nickte.
»Das haben wir schon veranlasst.« Zu dritt hoben sie dann den eingewickelten Toten hoch, schleppten ihn hinunter und luden ihn in den Leichenwagen der Polizei. Rolf Ramseier holte noch das übrige Material aus dem Zimmer, verabschiedete sich und machte sich auf den Weg nach Bern.
»Siehst du, Anna, hier können wir in aller Ruhe die Befragungen durchführen. Und der Kaffee steht auch schon bereit.«
»Ausgezeichnet«, lobte Anna Burger und setzte sich an den kleinen Besprechungstisch.
»Dann hole ich jetzt die Frau des Verstorbenen«, sagte Peter Kehrli und ging hinaus.
Anna schaute sich im Raum um. So etwas wie dieses Hotel hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Sie betrachtete die alten lilafarbenen Tapeten mit dem gelblichen Lilienmuster, die mit geschwungenem Stuck verzierte Decke, den uralten Schreibsekretär aus dunkel gebeiztem Holz, das viel zu massige Büchergestell, den klobigen Schreibtisch mit den gebogenen Beinen. Sie fühlte sich vollkommen deplatziert, als befinde sie sich plötzlich in einem anderen Leben. Eine verrückte Idee ist das schon, dachte sie, in diesem abgelegenen Tal ein solches Hotel zu bauen. Und mit dieser altertümlichen Einrichtung auch im einundzwanzigsten Jahrhundert noch Erfolg zu haben! Offensichtlich sehnen sich viele Leute nach der früheren, einfacheren Lebensweise.
Es klopfte, und Peter trat mit einer Frau mittleren Alters ein.
»Ich lasse euch jetzt allein«, sagte er und verschwand gleich wieder. Die Kommissarin kam auf Linda Moser zu.
»Guten Tag Frau Moser, es tut mir sehr leid, dass ihr Mann so hat sterben müssen, und ich fühle mit Ihnen.« Sie legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter.
»Bitte nehmen Sie Platz und erzählen Sie mir, was sich gestern Nacht zugetragen hat.« Linda Moser setzte sich seufzend.
»Nun, da gibt es nur wenig zu berichten. Nach dem gemeinsamen Abendessen gingen wir, das heisst alle zehn Mitglieder der Familie Moser, in die Bar zu einem Schlummertrunk. Die Brüder Moser, also Samuel und mein Mann Matthias, hatten sich gegen elf Uhr verabschiedet, und die drei Jugendlichen gingen auch bald nachher. Wir anderen blieben noch in der Bar sitzen. Um halb zwölf wurden wir wie üblich hinauskomplimentiert und gingen alle zusammen ins Hotelgebäude zurück. Ich stieg hinauf zu unserem Zimmer und fand… Matthias leblos da liegen. Hm, weiss man denn schon etwas Genaueres darüber, wie mein Mann… zu Tode gekommen ist?«
»Erst die Autopsie wird genaue Klärung bringen. Aber er wurde wohl mit einem Messer von hinten niedergestochen.«
»Ach wie furchtbar. Wer könnte denn sowas tun?«
»Ja«, erwiderte Anna Burger, »es ist manchmal unbegreiflich, wozu Menschen fähig sind. Und leider treffen wir dies in unserem Beruf häufig an. Frau Moser, wir gehen jetzt zusammen in das Zimmer, wo Sie den Toten gefunden haben. Aber haben Sie keine Angst, es ist nichts mehr von den nächtlichen Ereignissen zu sehen.«
Die beiden Frauen stiegen langsam die Treppe hoch. Als sie das Zimmer siebzehn betraten, schien darin tatsächlich nichts mehr auf die Geschehnisse der Nacht hinzudeuten.
»Bitte