Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts - Группа авторов страница 6

Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts - Группа авторов Mainzer Beiträge zum Kirchen- und Religionsrecht

Скачать книгу

(Art. 100 und 100a EGV), teilweise fortgeschrieben in Art. 73 b des Maastricht-Vertrages, eine Harmonisierung und Rechtsangleichung vor allem für den wirtschaftsrechtlichen Bereich vorgesehen haben.22 Für das Staatskirchenrecht sind heute also nicht mehr nur nationale Gesetze für die Religionsgemeinschaften, Verträge zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften und die jeweilige nationale höchstrichterliche Rechtsprechung maßgeblich, sondern auch europarechtliche Vorschriften, Vereinbarungen und Judikatur.

      An erster Stelle steht freilich wegen der fortdauernden nationalen Souveränität das nationale Recht, das hier in einem ersten Überblick vorgestellt werden soll. Die normativen Grundlagen des Staatskirchenrechts in Deutschland finden sich im Verfassungsrecht von Bund und Ländern und im einfachen Gesetzesrecht, ebenfalls auf Bundes- und Landesebene, welches die verfassungsrechtlichen Grundbestimmungen näher ausfaltet. Aufgrund der Vielfalt der landesrechtlichen Bestimmungen in den jeweiligen Verfassungen, wird auf deren nähere Darstellung verzichtet. Sie orientieren sich, soweit die Landesverfassungen jünger als das Grundgesetz sind, ohnehin an dessen Maßstab. Soweit sie älter sind enthält das Grundgesetz lediglich in der sog. „Bremer Klausel“ des Art. 141 GG einen Abweichungsvorbehalt, der aber ausschließlich auf Art. 7 GG (Religionsunterricht) bezogen ist.

      Das Grundgesetz der Bundesrepublik spricht staatskirchenrechtliche Themen unter drei Rubriken an. Im Abschnitt über die Grundrechte werden jene religionsrechtlichen Bestimmungen zur Sprache gebracht, die unveränderbar den Grundrechtsbestand der Verfassung ausmachen. Es sind:

       Art. 3 Abs. 3 GG: Gleichheitsgrundsatz

       Art. 4 GG: Religionsfreiheit

       Art. 7 Abs. 2 und 3 GG: konfessioneller Religionsunterricht

      Im Teil „Der Bund und die Länder“ legt die Verfassung grundlegend in Art. 30 GG die religionsrechtliche Kompetenz der Länder im föderalen Verfassungsstaat fest: „Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.“

      Das Bundesverfassungsgericht hat diese Zuweisung der Kulturhoheit als „Kernstück der Eigenstaatlichkeit der Länder“ hervorgehoben.23

       Art. 30 GG: Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern („Kulturhoheit der Länder“)

       Art. 70 Abs. 1 GG: Ausschließliche Gesetzgebung der Länder

       Art. 70 Abs. 2 GG: Abgrenzung der Gesetzgebungszuständigkeit

       Art. 73 GG: Ausschließliche Zuständigkeit des Bundes

       Art. 74 GG: Konkurrierende Gesetzgebung

       Art. 75 GG: Rahmengesetzgebung des Bundes

      Zudem ist in diesem Abschnitt der Verfassung gem. Art. 33 Abs. 3 GG das Verbot der religiösen Diskriminierung verankert.24 Sein Kern wird aber grundrechtlich bereits über Art. 3 und 4 GG abgesichert. Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG wird als grundrechtsgleiches Recht verstanden, das Schrankenvorbehalten unterliegt. So sind zwar grundsätzlich konfessionsgebundene Staatsämter verboten, dieses Verbot erstreckt sich jedoch nicht auf theologische Hochschullehrende, Religionslehrer und Religionslehrerinnen sowie Geistliche und pastorale Dienste und deren Folgedienste in der Anstaltsseelsorge.25

      Die „Übergangs- und Schlussbestimmungen“ sind aus religionsrechtlicher Perspektive besonders wichtig, weil hier der Weimarer religionsrechtliche Verfassungskompromiss, soweit das Grundgesetz es nicht selbst regelt, über Art. 140 in das Grundgesetz als Grundgesetzbestandteil inkorporiert wird. Dabei handelt es sich um folgende Normen:

      Art. 136 WRV: Konkretisierung der individuellen Religionsfreiheit

      Art. 137 WRV: Stellung der Religionsgemeinschaften

      Art. 138 WRV: Vermögensfragen

      Art. 139 WRV: Sonn- und Feiertage

      Art. 141 WRV: Militär- und Anstaltsseelsorge

      Art. 141 GG: „Bremer Klausel“

      Geht es in dieser ersten Übersicht um eine Bestimmung der unabdingbaren Kernnormen des deutschen Staatskirchenrechts, so ist der Art. 4 über das Grundrecht der Religionsfreiheit und der Art. 137 über die Stellung der Religionsgemeinschaften im säkularen Verfassungsstaat hervorzuheben. Alle übrigen Bestimmungen entfalten in einem engeren oder weiteren Zusammenhang diese beiden verfassungsrechtlichen Grundbestimmungen.26 Die inkorporierten Artikel haben keinen niedrigeren Rang als die übrigen Artikel des Grundgesetzes, sondern sind vollgültiges Verfassungsrecht. Ihre Inkorporation in das Grundgesetz war eine Art „Verlegenheitslösung“, weil man sich auf der Herrenchiemsee-Konferenz nicht auf eine Neuformulierung dieses Rechtskomplexes einigen konnte, sich trotz aller Differenzen jedoch bewusst war, dass es einer Regelung bedurfte. Die in ihrer Substanz bewährten Weimarer Religionsartikel erschienen in diesem Fall als Ausweg aus den stockenden Verhandlungen. Die inkorporierten Artikel standen in der Weimarer Reichsverfassung nicht im Bereich von Grundrechten, sondern im Abschnitt über die „Religion und Religionsgesellschaften“. Es handelt sich um die Art. 135-141; zwei Artikel dieses Abschnitts wurden 1949 nicht in das Grundgesetz inkorporiert. Art. 135 WRV hatte die Religionsfreiheit behandelt. Seine Inkorporation war wegen Art. 4 GG obsolet. Art. 140 WRV hatte gelautet: „Den Angehörigen der Wehrmacht ist die nötige freie Zeit zur Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu gewähren.“ Diese Bestimmung wurde für überflüssig angesehen, weil man 1949 nicht damit rechnete, dass es in dem neuen Staat nach der Ordnung des Grundgesetzes je wieder ein Militär geben würde. Außerdem war die Seelsorge in der Armee für den Fall der Wiederbewaffnung über das Reichskonkordat hinreichend abgesichert.

      Der Unterschied zwischen den Grundrechten und dem übrigen Verfassungsrecht liegt vor allem auf der Ebene der Möglichkeit der juristischen Einklagbarkeit verletzter Rechte. Im Falle der Verletzung von Grundrechten (Art. 1-19 GG), besteht für jeden betroffenen Bürger und in einigen Fällen auch für jeden Betroffenen unabhängig von der deutschen Staatsbürgerschaft, die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 4a GG). Das Gleiche gilt für die sog. grundrechtsgleichen Rechte, wie z.B. Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG. Wir unterscheiden in diesem Feld die sog. Jedermannsrechte und die Bürgerrechte. Jedermannsrechte lassen sich durch Klauseln wie: „Jedermann, jeder, alle Menschen, oder niemand“ kennzeichnen. Dazu werden auch Freiheitsrechte gerechnet, die ohne personale Einschränkung gewährt oder gewährleistet werden.27 Bürgerrechte und Bürgerpflichten, die in der verfassungsrechtlichen Literatur auch als „Deutschenrechte“ bezeichnet werden, stehen folglich nur jenen zu, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Dabei handelt es sich weitgehend um bürgerliche Partizipationsrechte und – pflichten.28

      Bei einer Verletzung der Rechte aus Art. 140 GG besteht eine individuelle Grundrechtsberechtigung, mangels des Grundrechtscharakters der von Art. 140 GG abhängigen inkorporierten Rechte der Art. 136-139 WRV, an sich nicht. Dieser Weg ist jedoch eröffnet, weil man sich faktisch gleichzeitig auf Art. 4 und Art. 140 GG berufen kann, da die Weimarer Religionsartikel entweder direkt dem Grundrecht auf Religionsfreiheit entspringen, oder dieses zumindest berühren. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) kann die Beschwerde wegen der Berufung auf Art. 4 GG annehmen. Bei der materiellen Prüfung der Grundrechtsverletzung wird dann auch das übrige Verfassungsrecht einbezogen.

      Zu Bestimmung des Verhältnisses von Bundesrecht und Landesrecht, ist das föderale Gestaltungsprinzip des Grundgesetzes in Art. 31 GG und die Art. 70-72 GG herauszustellen. Die sog. Kollisionsregel

Скачать книгу