Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts. Группа авторов

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Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts - Группа авторов Mainzer Beiträge zum Kirchen- und Religionsrecht

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ausschließlich der Heilige Stuhl von Rom46 völkerrechtlichen Rang und vertritt in internationalen Beziehungen den Staat der Vatikanstadt und die römisch-katholische Kirche. Es wird einerseits von einem oder mehreren Staaten und andererseits vom Heiligen Stuhl abgeschlossen. Die Verträge werden sollemniter zum Zweck der dauerhaften Regelung der rechtlichen Beziehungen der beiden Partner geschlossen. Die Begriffe sind uneinheitlich. Wir finden: Conventio, Accordo, Accordo concordatorio, Modus vivendi, Notenwechsel, Protokoll, Agreement, conventiones solemnes und andere.47 Die Regelungsgegenstände sind auch mehr oder weniger umfassend. In all diesen Verträgen geht es nicht um die Fixierung eines Status quo zu einem bestimmten Zeitpunkt. Durch die traditionelle Einfügung einer sog. Clausula amicabilis sind diese Verträge stets dynamisch angelegt um an die Anforderungen der konkreten Zeit angepasst werden zu können. Innerkirchlich werden die Konkordate in den Acta Apostoliocae Sedis und staatlicherseits je nach Gesetzgebungskompetenz zusammen mit dem Transformationsgesetz im Bundesgesetzblatt bzw. den Gesetzblättern der Bundesländer (die unterschiedliche Namen tragen) veröffentlicht.

      Seit einigen Jahrhunderten anerkennt die Völkergemeinschaft den Heiligen Stuhl (= Papst und römische Kurie oder auch nur der Papst allein) in seiner Eigenschaft als Repräsentant der katholischen Gesamtkirche als Völkerrechtssubjekt an. Dies gilt unabhängig vom lediglich 0.44 km2 großen Vatikanstaat48, der für sich genommen aufgrund der Lateranverträge von 1929 mehrheitlich als Völkerrechtssubjekt anerkannt ist. Damit kann die katholische Kirche als einzige Religionsgemeinschaft der Welt völkerrechtliche Verträge abschließen, was von anderen Religionsgemeinschaften (vor allem den nichtkatholischen Kirchen) als Bevorzugung empfunden wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Stand: 2015) hat der Heilige Stuhl 200 Verträge mit Nationen abgeschlossen, die in Geltung sind.

      In Deutschland bedürfen diese völkerrechtlichen Verträge gem. Art. 59 Abs. 2 GG der Transformation in nationales Recht. Aufgrund dieser Transformation genießen die Verträge als Ganzes und jede einzelne Regelung, eingeschlossen jener in den Schlussprotokollen und Geheimanhängen, den Rang eines einfachen Gesetzes.

      Davon zu unterscheiden sind die sog. Bistumsverträge und die Verträge der evangelischen Landeskirchen mit den Bundesländern. Mangels der Völkerrechtssubjektivität der Bistümer und der evangelischen Landeskirchen ist der Rechtsstatus dieser Verträge nicht eindeutig. Nach mehrheitlicher Auffassung werden Staatskirchenverträge als Staatsverträge angesehen. Gelegentlich findet sich dafür auch die Bezeichnung Kirchenverträge, um die Besonderheit dieser Verträge gegenüber anderen Staatsverträgen der Bundesländer z.B. über die Landesrundfunkanstalten hervorzuheben. In diesen Verträgen geht es aber der Sache nach um Angelegenheiten, die der Staat und die Religionsgemeinschaften umfassend miteinander zu regeln beabsichtigen. Dem Inhalt nach entsprechen sie weitgehend den Konkordaten mit der katholischen Kirche.49 Konkordate und Staatskirchenverträge werden hinsichtlich der Motivation der Vertragsparteien eine Einigung über beide Seiten betreffende Angelegenheiten zu finden, in drei Gruppen unterteilt, das:

      Concordatum defensionis: Zur Sicherstellung und zur Verteidigung der kirchlichen Rechte und Freiheiten;

      Concordatum amicitae: Nach Beilegung eines Konfliktes oder Streites zur Herstellung des Friedens und der Begründung freundschaftlicher Beziehungen;

      Concordatum pacis: Zur Festigung der Fortdauer bereits bestehender freundschaftlicher Beziehungen.

      Signalwirkung hatte nach dem 2. Weltkrieg der sog. Loccumer Vertrag. Es handelt sich um den Vertrag des Landes Niedersachsen mit den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19.3.1955. Er enthält eine umfassende Regelung aller den Staat und die Kirchen gemeinsam betreffenden Angelegenheiten. Dem Modell dieses Vertrags folgten in kurzen Abständen die evangelischen Kirchenverträge mit Rheinland-Pfalz (1962), Nordrhein-Westfalen (1957, 1958), Schleswig-Holstein (1957), Hessen (1960), West- Berlin (1970, 1981, 1986, 1990) und dem Saarland (1985).

      Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden umfassende Regelungen in den evangelischen Kirchenverträgen mit den neuen Bundesländern Sachsen-Anhalt (1993), Mecklenburg-Vorpommern (1994), Freistaat Thüringen (1994) und Freistaat Sachsen (1994) getroffen. Die Unsicherheit über die Fortgeltung des RK, erst behoben durch das Konkordats-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.3.1957, hinderte die katholische Kirche in der unmittelbaren Nachkriegszeit am Abschluss von Länderkonkordaten. Erst zehn Jahre nach dem Niedersächsischen Kirchenvertrag wurde als paritätisches Gegenstück das umfangreiche Niedersächsische Konkordat vom 26.2.1965 (1973 und 1993 novelliert) geschlossen. Das Bayern Konkordat und ebenso der Bayerische Kirchenvertrag von 1924 wurden seit 1966 zwölfmal ergänzt bzw. novelliert. Ferner kamen Konkordate bzw.

      Novellierungen mit Rheinland-Pfalz (1969 und 1973), West-Berlin (Abschließendes Protokoll mit Konkordats-Charakter: 1970, 1981, 1986, 1990), Nordrhein-Westfalen (1967, 1984) und dem Saarland (1985) zustande. Bis 1994 wurden mit den jeweiligen Bundesländern konkordatäre Verträge über die Errichtung des Erzbistums Hamburg sowie der Bistümer Erfurt, Görlitz und Magdeburg geschlossen. Konkordatäre Vereinbarungen mit den Ländern Sachsen (1996), Mecklenburg-Vorpommern (1997), Thüringen (1997), Brandenburg (2003) und Sachsen-Anhalt (1998) sowie Bremen (2003) und Hamburg (2005) schlossen sich an.50 Den derzeitigen Schlusspunkt setzt das neue Konkordat mit dem Land Schleswig-Holstein (2009).

      Das System der Konkordate und Kirchenverträge erwies sich bisher keineswegs als starr und unbeweglich; es ist vielmehr vorzüglich geeignet frühere Regelungen dem ständigen Wandel der kirchlichen, politischen und kulturellen Verhältnisse anzupassen und auf Dauer eine freiheitliche, friedliche und vertrauensvolle freundschaftliche Kooperation zwischen Staat und Kirchen zu schaffen.

      Das Konkordatsrecht wird in der Fachliteratur mehrheitlich als eine Teildisziplin des Staatskirchenrechts aufgefasst.51 Andere Autoren wollen wegen der unterschiedlichen Kompetenzen der beiden Handlungsträger zwischen Staatskirchenrecht, Konkordatsrecht und kanonischem Recht unterscheiden.52 Diese Dreiteilung überzeugt mit Blick auf die Regelungsgegenstände nicht notwendig, weil die Gegenstände des Staatskirchenrechts in Deutschland sowohl durch die Verfassung als auch durch Konkordate und staatliche wie kirchliche Gesetze geregelt sind, welche die Inhalte der Konkordate auf die konkrete Situation hin anwenden. Konkrete Rechtsansprüche des Einzelnen lassen sich aber nicht direkt aus dem Konkordat selbst, sondern nur aus einem dieses Konkordat ausfüllenden Gesetz ableiten. Insofern trifft es zu, insbesondere unter Berücksichtigung der Lage in Deutschland, die Konkordate und Staatskirchenverträge als Grundlage des geltenden Staatskirchen- und Religionsrechts anzusehen.53

      Merke: Katholischerseits gehört das Staatskirchenvertragsrecht (Konkordatsrecht) sowohl zum kanonischen Recht (vgl. can. 3 CIC; can. 4 CCEO) als auch zum Staatskirchenrecht, denn die Verträge zwischen Staat und Kirche wirken sich auf beide Rechtsbereiche aus. Sie werden im kirchlichen Bereich durch Veröffentlichung in den Acta Apostolicae Sedis und im weltlichen Bereich zusammen mit einem Zustimmungsgesetz in den Gesetzblättern veröffentlicht.54

      Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreichs 1918 und der Neuordnung des Reichs in einem demokratischen Rechtsstaat, erwies es sich als sinnvoll und notwendig, die Beziehungen zwischen Staat und Kirche, die durch die Weimarer Reichsverfassung schon grundlegend geordnet waren, vor allem in jenen Fragen einvernehmlich einer Lösung zuzuführen, die eine Kooperation von Staat und Kirche erforderten, wenn nicht gegen das Neutralitätsgebot des Staates aus Art. 137 Abs. 1 WRV verstoßen werden sollte. Die nachstehenden Übersichten geben einen Überblick über die Regelungsgegenstände der drei komplexen (altrepublikanischen) Länderkonkordate.

       Allgemeiner Überblick der Regelungsinhalte der

      

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