Seelsorge: die Kunst der Künste. Группа авторов

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Seelsorge: die Kunst der Künste - Группа авторов Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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die postmoderne Epistemik des Außen bzw. Äußeren (und der Oberfläche) konzeptionell zu würdigen und gegen ihre adoptierte Abwehrhaltung kreativ aufzugreifen (Seip 2013, 147–148: FN 21). Das Zuviel der Signifikanten einerseits und das Zuwenig eines daraus ableitbaren Signifikats andererseits wird eine andere, neue Formation von Pastoral und Seelsorge mit sich bringen. Neben der schon erwähnten nichtdichotomisierenden Relationierung von GS 4.1 bei Papst Franziskus wären exemplarisch gegenwärtige Ansätze der Pastoraltheologie zu nennen, die sich der Relation, dem Hybriden, den Balancen, dem Flanieren, dem Ereignis, dem Neben (pará, gr.), dem Konstellativen u. ä. verschreiben und darin das Innere mit dem Außen, die Tiefe mit der Fläche, das Eine mit dem Vielen, den Ort mit dem Raum in eine Beziehung (auf ein Plateau, auf eine Ebene, auf die Fläche) setzen.

      Als kleines zweites Fazit gesagt: Seelsorge hängt an der Möglichkeit der Lesbarkeit des Inneren. Den Katholizismus durchzieht eine permanente Spannung zwischen diesem Inneren und seinen Kontrolleuren, zwischen den Charismen und den Ämtern, zwischen den Wegen und der Karte (Certeau 1991, 198–213). Diese Spannung nicht zu vereindeutigen und damit abzuschaffen, sondern sie zu kultivieren ist auch ein Anliegen angemessener und das heißt nicht übergriffiger Seelsorge (Mertes 2013).

      Die Lesbarkeit ist aber weder unschuldig gegeben noch sicheres Monopol: sie muss vielmehr in den Bedingtheiten der Zeit neu entstehen können. Vielleicht lassen sich zwei Pole ausmachen, zwischen denen die gegenwärtige Pastoraltheologie ihre Forschungssujets und -zugänge findet und gestaltet: zwischen der rupture, einem Bruch oder einer Pause einerseits (Garhammer 2009, 324) und andererseits der professio, einem Aufgreifen und Gebrauchen von Professionalisierungsstrategien, die mit organisationstheoretisch-ökonomischen und evaluativ-positivierenden Diskursen verbunden sind (Steinebach 2010; Equit 2011; Schrappe 2012). Die herausschälbaren Wissensformationen reichen damit vom Alltagsgebrauch und seiner impliziten Volkstheologie auf der einen bis hin zum professionalisierten Gebrauch auf der anderen Seite. Zwischen rupture und professio, zwischen Kritik und Aneignung, zwischen Rhizomisierungen und Linearisierungen, zwischen ästhetischen und handlungsorientierten Formationen bewegt sich auch das universitäre Wissenschaftssystem. Insofern verhandeln die Begriffe „Pastoral“ und „Seelsorge“, nämlich je nachdem wie sie gefüllt werden, exemplarisch immer auch die Politiken des Wissens. Sie stehen für unterschiedliche, wenn auch ergänzende und einander korrigierende confessiones in Bezug darauf, was sie Wirklichkeit, Welt, Zeit und Kirche nennen – und wie sie es zu gewinnen vermeinen.

       Seelsorge:Felder und Anforderungen

       Dorothee Haart

       Neue Entwicklungen der Krankenhausseelsorge im ökonomisierten Gesundheitswesen

      Zehn Jahre liegt die Veröffentlichung meiner Dissertation ‚Seelsorge im Wirtschaftsunternehmen Krankenhaus‘ zurück. Mein Anliegen war damals, vor dem Hintergrund neuer Gesetzgebung Prozesse der Ökonomisierung im Gesundheitswesen zu verfolgen und den Strukturwandel im Krankenhaus nachzuvollziehen: Welche Bedeutung hat der Wandel eines Krankenhauses zum Wirtschaftsunternehmen für die Menschen, die dort arbeiten und die Patient*innen, die auf Heilung hoffen? Schließlich galt es, die Auswirkungen für die Arbeit der Krankenhausseelsorge aufzuzeigen und Anregungen zu geben, wie sie sich positionieren kann. Im Folgenden sollen angesichts neuer Herausforderungen diese Fragen weiter geführt werden.

       Folgen des Wettbewerbs im Gesundheitswesen

      Was vor zehn Jahren noch als Prognose angekündigt war, ist heute Realität geworden. Die Einführung des auf DRG (Diagnosis Related Groups) basierenden Abrechnungssystems ab 2004 hat die Krankenhäuser zu mehr Wirtschaftlichkeit veranlasst und die Privatisierung im Krankenhaussektor beschleunigt. Waren 1991 noch 46,0 Prozent der Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher, 39,1 Prozent in freigemeinnütziger und 14,8 Prozent in privater Trägerschaft, so sind 2015 nur noch 29,5 Prozent der Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher, 34,7 Prozent in freigemeinnütziger und bereits 35,8 Prozent in privater Hand (Statistisches Bundesamt, 9).

      Im Jahr 2016 hat sich der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme ‚Patientenwohl als ethischer Maßstab für das Krankenhaus‘ mit den Entwicklungen im Krankenhauswesen befasst mit der Begründung, dass „durch eine vorrangige Fokussierung auf Ausgabenverringerung seitens der Krankenkassen und Ertragssteigerung auf Seiten der Anbieter Effekte entstanden, die im Hinblick auf das Patientenwohl als maßgeblicher normativer Maßstab Anlass zur Sorge geben“ (Deutscher Ethikrat, 7). Kritisch bewertet wird etwa die Konzentration auf besonders gewinnbringende Behandlungsverfahren bis hin zu Anreizen für ethisch problematisches ärztliches Handeln (Deutscher Ethikrat, 124). Permanente Interventionen und Nachjustierungen seitens des Gesetzgebers versuchen dem zu begegnen, doch im hoch komplexen DRG-System tun sich immer wieder neue Fehlentwicklungen auf. „Seit 2009 kam es im Durchschnitt jedes Halbjahr zu Änderungen unter anderem des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes“ (Deutscher Ethikrat, 34). In dem Papier werden vor allem Patientengruppen mit besonderen Bedarfen aufgeführt, die durch Anreize des DRG-Systems häufiger benachteiligt werden: Kinder und Jugendliche, hochaltrige Menschen mit geriatrischen Erkrankungen, mit Demenz, mit Behinderung, Multimorbide oder Patient*innen mit Migrationshintergrund (Deutscher Ethikrat, 94–114).

      Für Ärzteschaft, Pflege und Gesundheitsberufe ist im Rahmen der Ökonomisierung der Aufwand an Administration gestiegen; hohes aktuelles Wissen über neueste Konditionen und präzise Dokumentation sind notwendig, um finanzielle Verluste zu vermeiden. Dies tritt als zeitraubende Anforderung neben die patientengerechte Versorgung. Als ein Kernproblem macht der Ethikrat daher auf den Mangel an Kommunikation zwischen Behandlern und Patient*innen aufmerksam (Deutscher Ethikrat, 134). Verschlechterte Arbeitsbedingungen infolge Zeitmangels und chronischer Überlastung vergrößern den gegenwärtigen Fachkräftemangel im Krankenhaus.

      Viele Kliniken haben inzwischen dieses Problem erkannt. Vor dem Hintergrund des Wettbewerbs sowohl um Patient*innen als auch um Personal gewinnen Rankings der Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit zunehmend an Bedeutung. Zertifizierungsprogramme greifen mittlerweile auch die ‚weichen Faktoren‘ der Krankenhausarbeit auf. Als Beispiel sei genannt der Verbund ‚Qualitätskliniken.de‘ unter Beteiligung großer privater Träger (Asklepios, Rhön, Sana) und auch Universitätskliniken, in dessen Leitfaden für ‚Ethik & Werte‘ unter anderem das Maß an Kultursensibilität erfasst wird, die Berücksichtigung religiöser Werte und auch das Angebot der Seelsorge.

       Das Interesse der Kliniken an Krankenhausseelsorge wächst

      Erwartungsgemäß ist somit inzwischen auch die Krankenhausseelsorge mehr in die Aufmerksamkeit der Klinikträger gerückt. Stellen bisher noch die beiden großen Kirchen Personal und Finanzen für die Seelsorge zur Verfügung, zeichnet sich jetzt vermehrt eine Bereitschaft von Klinikseite ab, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Der leitende Geschäftsführer der größten deutschen privaten Klinikkette Helios macht klar: „Je stärker sich die Seelsorge in Richtung der ‚emotional orientierten‘ Betreuung von Patienten/Angehörigen bewegt, (und nicht allein ‚religiös orientierte‘ Betreuung im Blick hat … Ergänzung D. Haart) desto mehr muss sie finanziert werden aus Krankenhausbudgets“ (De Meo 2017). In seinem Beitrag beim 1. Ökumenischen Kongress der Krankenhausseelsorge in München stellt er fest, dass die Krankenhausseelsorge gerade aufgrund ihrer Rolle in der Klinik schwer zu ersetzen sei, sofern es um emotionale Belange gehe. Eine Fortbildungsinitiative des Helioskonzerns für Ärzteschaft und Pflegepersonal mit dem Ziel einer professionelleren emotionalen Begleitung habe wenig Anklang gefunden mit der Begründung, dass eine Zusatzqualifizierung in ‚Emotionaler Begleitung‘ nur schwer vereinbar sei mit der ärztlichen bzw. pflegerischen Rolle. Die Krankenhausseelsorge ist somit durchaus auch aus Nutzenperspektive interessant, glaubt man den Äußerungen eines führenden gewinnorientierten Klinikkonzerns.

      Wenn also in absehbarer Zeit nicht nur konfessionelle Kliniken, sondern

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