Geist & Leben 3/2016. Christoph Benke

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Ausrichtung des Tuns auf Gott hin.15 Damit die Aktion tatsächlich auf Gott ausgerichtet ist und in der Verbundenheit mit ihm geschieht, bedarf es aber auch der ausdrücklichen Kontemplation, vorzugsweise der Betrachtung des Lebens Jesu, um den Einklang mit dem Willen Gottes zu finden. Für die Konkretisierung bieten die Exerzitien mit den Hinweisen zur Wahl (GÜ 169–189; GGJ 172–183) und den Regeln zur Unterscheidung der Geister (GÜ 313–344; GGJ 244–255) eine wichtige Hilfe. Für deren Verständnis kann der oben genannte Vergleich mit einer menschlichen Beziehung erhellend sein.

      Den Weg zur Entscheidung im Lichte Gottes im Einzelnen auszuführen wäre ein eigenes Thema. Für unsere Fragestellung bleibt festzuhalten, dass die Suche nach der Gegenwart Gottes und die Frage nach seinem Willen einander ergänzen und ihre Antwort finden im Blick auf Gott, der sich in der Schöpfung mitteilt und den Menschen zur Gemeinschaft und zur Mitarbeit ruft. Der Weg, den Ignatius aufzeigt, führt vom Betrachten Gottes, der sich um mich müht und sich mir schenken will, zur dankbaren Bereitschaft, mit ihm mitzuwirken, weiter zum konkreten Verspüren, was seinem Willen entspricht, und schließlich zum entsprechenden Tun. Des Menschen Bemühen muss dahin gehen, dass er „mit der göttlichen Liebe in eins geht“ (GÜ 370; GGJ 268). Mit diesen Worten schließt das Exerzitienbuch des Ignatius.

      1 Gott oder Gottesgegenwart suchen und finden begegnet bei Ignatius in unterschiedlichen Zusammenhängen. Synonyme, die in diesem Artikel verwendet werden und je eigene Nuancen ausdrücken, sind: Gott bzw. Gottes Gegenwart entdecken/zu erfassen suchen/finden/betrachten, erkennen.

      2 Vgl. J. Sudbrack, „Gott in allen Dingen finden“: Eine Ignatianische Maxime und ihr metahistorischer Hintergrund, in: Ignacio de Loyola y su tiempo. Congresso Internacional de Historia. Ediciones Mensajero. Bilbao 1992, 343–368. Sudbrack geht diesem Motiv anhand von Meister Eckhart und Mechthild von Magdeburg nach.

      3 Die Zitate des Ignatius von Loyola sind entnommen: Ignatius von Loyola, Deutsche Werkausgabe, übersetzt von P. Knauer. Würzburg 1993 u. 1998. Bd I, Briefe und Unterweisungen [= BU], Bd II, Gründungstexte der Gesellschaft Jesu [=GGJ]. Die Schriften werden wie folgt abgekürzt: Exerzitien/Geistliche Übungen = GÜ; Bericht des Pilgers = BP, Geistliches Tagebuch = GT.

      4 Juan de Polanco im Auftrag an Antonio Brandão, BU 350.

      5 S. dazu Juan de Polanco im Auftrag an Urbano Fernandes, BU 344.

      6 Gonçalves de Camara, Memoriale. Erinnerungen an unseren Vater Ignatius. Frankfurt a.M. 1988, Nr. 196 und 256.

      7 So u.a. an Francisco de Borja, Herzog von Gandia, BU 107.

      8 Der Schriftsteller E. Benyoëtz bringt es auf den Punkt: „Gottes Schrift ist schwer zu deuten, seine Unterschrift um so leichter zu fälschen“, in: Ders., Der Mensch besteht von Fall zu Fall. Aphorismen. Stuttgart 2009, 146.

      9 S. dazu H. Rahner, Ignatius von Loyola und das geschichtliche Werden seiner Frömmigkeit. Graz u.a. 1947, 57.

      10 S. dazu M. Rondet, Dieu a-t-ilsur chacun une volonté particulière?, in: Christus, 153 (1992), 179–186; M. Höffner, Berufung im Spannungsfeld von Freiheit und Notwendigkeit. Würzburg 2009.

      11 S. dazu I. Iglesias, La contemplaciónpara alcanzar amor en la dinámica des los EE, in: Manresa 59 (1987), 373–387; J. A. García, „De los Ejercicios a la vida ordinaria: La contemplación para alcanzar amor”, in: Manresa 79 (2007), 153–166; weiters D. Desouches, Au-delá du Christ. La contemplation pour obtenir l’amour, in: Christus 124 (1991), 211–224; M. Buckley, Contemplación para alcanzar amor, in: Diccionario de Espiritualidad Ignaciana. Bilbao 2007, 452–456.

      12 Diese Dynamik wird theologisch durch die Lehre von der Trinität ausgedrückt. Dem Pilgerbericht und dem Geistlichen Tagebuch ist zu entnehmen, dass die Dreifaltigkeit Gottes für Ignatius eine überragende Rolle gespielt hat.

      13 Welche Bedeutung die Dankbarkeit für Ignatius hat, geht u.a. aus einem Brief an S. Rodriguez hervor: „In seiner göttlichen Güte erwäge ich – vorbehaltlich eines besseren Urteils –, dass unter allen vorstellbaren Übeln und Sünden die Undankbarkeit eines der vor unserem Schöpfer und Herrn und vor den Geschöpfen, die seiner göttlichen und ewigen Ehre fähig sind, am meisten zu verabscheuenden Dinge ist, weil sie Nichtanerkennung der empfangenen Güter, Gnaden und Gaben ist, Ursache, Ursprung und Beginn aller Sünden und aller Übel; und umgekehrt, wie sehr die Anerkennung und Dankbarkeit für die empfangenen Güter und Gaben sowohl im Himmel wie auf der Erde geliebt und geschätzt wird.“ (BU 68)

      14 Eine kontemplative Lebensweise ist damit nicht ausgeschlossen, soferne sie in der Kontemplation auch die Welt im Blick hat.

      15 S. J. Melloni, The Exercises of St. Ignatius Loyola in The Western Tradition. Gracewing 2000, 48–54; S. Robert, Union with God in the Ignatian election, in: The Way Supplement 2002/3, 100–112.

       Bernd Hillebrand | Tübingen

      geb. 1970, Dr. theol., Hochschulpfarrer, Coach und Supervisor

       [email protected]

       Scheue Frömmigkeit

      Da lädt der gläubige Muslim Navid Kermani in einer Feierstunde, bei der Überreichung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels im letzten Herbst, die anwesenden Gäste zum Gebet ein. Und alle Anwesenden folgen dieser Einladung und erheben sich – zu stiller Meditation, zum Gebet und – wem dies nicht nahe liegt – eben zu einem säkularen Wünschen, dem Wünschen des Guten, für die bedrohten und verfolgten und verschleppten und ermordeten Christen in Syrien. An einem anderen, ebenfalls „weltlichen“ Schauplatz überrascht eine italienische Ordensfrau, Schwester Cristina Scuccia aus dem Orden der Ursulinen. 2014 gewinnt sie die italienische Gesangscastingshow The Voice of Italy und lädt am Ende alle Besucher ein, mit ihr ein Vater Unser zu beten. Nun mag der italienische Kontext noch eine relative Volksfrömmigkeit nahelegen, dennoch bleiben der Ort und der Zeitpunkt besonders exponiert.

      Nach Kermanis Gebetseinladung wurde die Frage vielfach diskutiert: Wie öffentlich darf Religion sein? Gehört Beten nicht in den Privat- und Intimbereich? Und wie verhält sich die Forderung von Religionsfreiheit zur Forderung nach religionsfreiem Raum? Gerade durch die Zunahme von Muslimen in Deutschland, die häufig ihren Glauben aktiv und ausdrucksstark leben, stellen sich Christen die Frage, in welchem Modus sie ihren Glauben leben und über ihren Glauben Zeugnis geben. Bräuchte es also mehr Mut, über seinen Glauben zu sprechen, vom eigenen Glauben Zeugnis zu geben oder Glaubenssymbole, wie Kreuze oder einen Kollar, offen zu tragen?

      Auf diese Fragen reagieren diverse Szenen christlicher Frömmigkeit v.a. auf zweierlei Weise. Die einen greifen offensive Ausdrucksformen aus dem freikirchlich-evangelikalen Spektrum auf und tragen bewusst christliche Bekenntnisse und Gebetsformen öffentlich nach außen. Sie füllen große Hallen bei Lobpreiskonzerten, vermitteln klare und einfache Glaubensformeln, bestärken sie durch persönliche Glaubenszeugnisse und erreichen ihr Publikum primär emotional. Die anderen sind zurückhaltender, wollen der Suche nach einem persönlichen Stil von Frömmigkeit Raum geben, betonen die Stille, öffnen feste Glaubensformeln und versuchen, dem tiefen Vertrauen aus dem Glauben durch diskrete Art und Weise Ausdruck zu geben. Es ist eine „scheue“ Form, die einlädt, zu kommen, aber auch wieder zu gehen. Und in dieser Begegnung kann es zu einer religiösen Erfahrung kommen, die tiefer nach dem Glauben fragt. Dieser zweite Ansatz ist diskreter als der erste und vertraut auf die Selbstgewissheit und die verschwiegene, geheimnisvolle

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