Kirche. Группа авторов

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Ebene. Und so werden auf den verschiedenen Ebenen nun aus dieser gemeinsam gefundenen Vision Ziele und Handlungen abgeleitet und priorisiert – von Jahr zu Jahr. Das geschieht auf der diözesanen Ebene genauso wie auf der Ebene der Pfarrei, auf der Ebene der Ortschaften als auch auf der Ebene der kirchlichen Basisgemeinschaften. Solche Prioritäten und Optionen werden dabei auf jeder Ebene entsprechend den Herausforderungen präzisiert. Nach jedem Jahr erfolgen eine geistlich geprägte Evaluation und eine entsprechende Neujustierung der Prioritäten.

      Auf diese Weise entsteht ein gemeinsamer Weg des Volkes Gottes. Es ist unterwegs mit einer Vision. Wie von selbst zeigt sich dabei auch, dass Kirchenentwicklung in aller Gemeinsamkeit immer auch sehr lokal und dezentral geschieht: Es sind immer die Menschen vor Ort, die sich als Kirche entwickeln können. Fast von selbst entsteht dabei eine hohe Identifikation vor Ort – und damit wachsen kirchliche Basisgemeinden, die als Teil der Pfarrei und als Teil der Ortskirche inkulturieren und inkarnieren können, wie Kirche heute ihre Sendung leben kann.

      1 Adaptiert aus dem Englischen von Dr. Christian Hennecke.

      2 Vgl. Francisco Claver, The making of a local church, Manila 2008, 5 f (eigene Übersetzung).

Aufbruch in die Lebenswelten

       Heinzpeter Hempelmann

       Milieugrenzen überschreiten!

       Das Evangelium milieusensibel und lebensrelevant kommunizieren. Wo liegen die Stolpersteine?

      Milieugrenzen überschreiten! Das Evangelium milieusensibel und lebensweltrelevant kommunizieren – und das alles, natürlich, in kurzer Zeit und auf knappem Raum! Für diesen Beitrag werden Sie ca. 15–20 Minuten Lesezeit aufwenden. Zu viel? Oder darf es so viel sein für die Aufgabe, die wir uns insgesamt vornehmen mit Kirche hoch zwei, mit Gemeinde 2.0, mit der Suche nach frischen Ausdrucksformen von Kirche und Gemeinde, im Willen, endlich alle zu erreichen; nicht mehr unter uns zu bleiben; Gemeinde inkarnational zu bauen; bei den Menschen zu sein; da, wo Gott uns hinhaben will und wo er schon ist.

      Meine spezielle Aufgabe besteht darin, auf die Herausforderungen, auch Barrieren und Stolpersteine hinzuweisen, die es da aller Erfahrung nach gibt. Ich soll und will nicht Wasser in den Wein der milieugrenzenüberschreitenden Denkungsart gießen. Ich will deren Umsetzung vielmehr präparieren, flankieren, ein Stück weit absichern. Wir wollen uns miteinander vergegenwärtigen, was das bedeutet: Milieugrenzen zu überschreiten, das Evangelium für nicht kirchennahe Milieus relevant zu kommunizieren.

      Sie erwartet ein knapper Hinweis auf die wichtigsten Ergebnisse der Lebensweltforschung, für die meisten eine Erinnerung, für manche unter uns aber auch eine notwendige Erstinformation, ein schon dickerer Hinweis auf die Herausforderungen, Blockaden und Hindernisse, die wir im ganz persönlichen Bereich, deutlicher: bei uns selbst, zu vergegenwärtigen haben, und schließlich ein Blick auf die missionstheologische Dimension milieuüberschreitenden Handelns. Wenn Deutschland Missionsland geworden ist, wie können wir von Missionaren profitieren für unsere Situation?

      Und nun:

       I Was sagt uns Lebensweltforschung über den Platz und die Rolle von Kirche in unserer Gesellschaft?

       a) Zentrale Ergebnisse

      (1) Unsere Gesellschaft ist segmentiert und fragmentiert, auf gut Deutsch: Sie ist gespalten, ja zerstückelt. Sie bildet nur in der Theorie ein einheitliches, zusammenhängendes Ganzes. Die Redeweise von der Gesellschaft ist irreführend. Sie besteht aber auch nicht aus 81,5 Millionen Individuen. Der Mega-trend Individualisierung ist ein wichtiger, aber eben nur ein Trend. Die große, die entscheidende Entdeckung der modernen Sozialwissenschaft als Lebensweltforschung lautet: Menschen gestalten ihr Leben nicht nur als isolierte Individuen. Sie glucken vielmehr zusammen und bilden Gruppen gleich Gesinnter. Gruppen gleich Gesinnter, GgG, das ist die einfachste und behältlichste Definition von Milieu. Diese Milieus bilden gegeneinander abgegrenzte Lebenswelten mit kaum Überschneidungen und wenigen Begegnungsflächen. Die Bewohner dieser Milieus treffen nur ganz selten aufeinander, am ehesten vielleicht noch im Stau auf der Autobahn als dem großen Gleichmacher. Aber ihre Ferien werden sie an unterschiedlichen Orten und v. a. auf sehr unterschiedliche Weise verbringen; ihre Einkäufe an unterschiedlichen Orten erledigen oder direkt über das Internet; ihre Freizeit in sehr unterschiedlichen Formen der Vergemeinschaftung gestalten – im Sportverein, entre nous im Rotary-Club, zu Hause, im Kreis der Familie oder im weltweiten Netz: im Chat oder in Strategiespielen, an denen weltweit einige tausend Menschen zusammenwirken. Sinus, eine der in Deutschland führenden Einrichtungen in der Erforschung der Lebenswelten unserer Gesellschaft, unterscheidet zehn solcher Milieus. Diese zerfallen aber wiederum in eine Fülle von letztlich kaum überschaubaren Submilieus und Subsubmilieus.

      (2) Diese Segmentierung in Lebenswelten und Fragmentierung in getrennte Lebensräume, die kaum oder keine Berührung miteinander haben, setzt sich in den Volkskirchen fort. In der Kirche finden sich Mitglieder aus allen Milieus. Auch moderne und postmoderne Milieus sind vertreten. So erfreulich das ist, so alarmierend ist ein anderer Befund: Die Kirchen erreichen nur drei bis vier der zehn Milieus. Im kirchlichen Leben dominieren im Regelfall einige wenige Milieus, die der Ortsgemeinde und ihrem Leben ihre Prägung geben. Die Mehrzahl der Kirchenmitglieder, also der Menschen, die sich trotz erheblichem finanziellen Aufwand zur Kirche halten, sind im kirchlichen Leben nicht beheimatet. Das ist ein hochinteressanter und ebenso desillusionierender wie ermutigender Befund. Die allermeisten Kirchenmitglieder kommen im kirchengemeindlichen Leben nicht vor. Das wird beherrscht durch ein buchstäblich dominantes Milieu. Aber Kirche ist eben nicht gleich Kirchengemeinde. Menschen gehören zur Kirche und halten sich zur Kirche aus ganz anderen als den von uns landläufig für wichtig gehaltenen Gründen. Sie finden Beheimatung in anderen Sozialformen als dem sog. Hauptgottesdienst oder den traditionellen Zielgruppenveranstaltungen wie dem Angebot für Senioren oder Jugend- oder Frauenarbeit.

      (3) Im Grundsatz gilt: Je moderner und postmoderner Menschen eingestellt sind, umso weniger lebensweltliche Kontakte oder gar Überschneidungsflächen gibt es mit dem kirchlichen Leben vor Ort.

      (4) In der Dynamik der sich ständig verändernden Milieulandschaft bilden sich neue Milieus heraus, zu denen Kirchen und Christen kaum noch Zugang finden. Die beklagten Säkularisierungsprozesse wie umgekehrt die beobachtbaren Entfremdungsprozesse lassen sich lebensweltlich plausibilisieren und verstehbar machen. Konkret ist zu denken an die neue, junge, dynamische Mitte unserer Gesellschaft, das Adaptiv-Pragmatische Milieu, aber auch an das Expeditive Milieu und das der Performer.

      (5) Der sog. Milieuregiotrend der Firma microm zeigt eine Hochrechnung der Milieuentwicklung. Welche werden wachsen, welche schrumpfen? Prognostiziert werden in den nächsten Jahrzehnten ausgerechnet die Milieus stark, ja teilweise dramatisch abnehmen, in denen Kirche besonders verankert ist. Umgekehrt werden die Milieus quantitativ und qualitativ, an Zahl und Bedeutung, wachsen, in denen Kirche herkömmlich nicht oder wenig verankert ist.

       b) Konsequenzen

      Menschen suchen vielfach

      – Kirche, aber nicht die vorfindliche Kirchengemeinde vor Ort,

      – Gemeinschaft, aber nicht Gemeinde,

      – Sinn, Orientierung, Halt – aber nicht „Glaube“ im Sinne einer vorgegebenen christlichen Weltanschauung bzw. Doktrin,

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