Kirche. Группа авторов

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wesentlich, denn sie entspricht der ersten Erfahrung der Hebräer, für die Gott vor allem der ist, der sie aus Ägypten befreit hat.

      1 Aus dem Französischen von Gabriele Viecens, Dipl.-Übersetzerin.

      2 Vgl. auch Eric Boone, Aus- und Weiterbildung in den örtlichen Gemeinden, in: Christian Hennecke, Dieter Tewes, Gabriele Viecens (Hg.), Kirche geht … Die Dynamik lokaler Kirchenentwicklungen, Würzburg 2013, 67–73.

       Estela Padilla

       „Ohne Vision verkümmert das Volk“ (Spr 29,18)1

       Wege zu einer gemeinsamen Visionsentwicklung

      Was ist eigentlich eine Vision? Und warum ist es so wesentlich, mit einer Vision auf dem Weg zu sein? Und schließlich: Warum reicht es nicht aus, dass jemand eine Vision hat, die er dann versucht umzusetzen? Warum braucht es vielmehr eine Vision, die in ihrem Werden und in ihrer Umsetzung von möglichst vielen geteilt wird? Das sind die Fragen, die ich zunächst klären möchte, um dann in einem zweiten Teil die konkreten Schritte der gemeinsamen Visionsentwicklung darzustellen, wie wir sie auf den Philippinen an vielen Orten gestalten und durchführen.

       Die Bedeutung einer „gemeinsam geteilten Vision“ (shared vision)

      Es gibt natürlich verschiedene Versuche zu beschreiben, was eine Vision ist. Zwei Aspekte möchte ich unterstreichen: Zum einen ist eine Vision ein bewusstes Träumen darüber, wie man sich eine Zukunft vorstellt, die das eigene Leben wertvoller und sinnvoller macht. Zum anderen geht es um ein inneres Bild dieser sozusagen „erträumten“ Zukunft. So kann man eine Vision vielleicht vergleichen mit einem Werbeplakat in einem Reisebüro: Das Bild zeigt die paradiesische Landschaft, das Meer, die Berge eines Reiselandes – und will damit einladen, genau dorthin zu kommen. Eine Vision will also Sehnsucht und Energie wecken, um auf ein gewünschtes Ziel zuzugehen.

      Und genau deswegen ist eine Vision auch so wichtig. Ohne sie, so sagt das Buch der Sprichwörter (29,18), verkümmert eine Gemeinschaft. Sie verliert die Orientierung, sie dämmert vor sich hin – sie ist in einem Kreislauf ewiger Wiederholung und hat deswegen keine Energie für ein weitergehendes Ziel. Man kann sagen: Wenn man nicht mehr weiß, wohin man geht, wo das Ziel ist, dann ist es eigentlich egal, welchen Weg man nimmt. Mich beeindruckt deswegen der Satz der bekannten Amerikanerin Helen Keller, die selbst blind war. Als man sie fragte, was für sie schlimmer wäre, als blind zu sein, antwortete sie: „Was schlimmer ist, als blind zu sein? Sehen zu können, aber keine Vision zu haben“.

      Aber es reicht nicht, eine Vision zu haben. Es geht um mehr: Wir brauchen eine Vision, die von möglichst vielen Menschen geteilt wird. Das ist gar nicht so selbstverständlich. Einmal hörte ich einen Bischof sagen: „Das Bistum hat eine gemeinsame Vision, denn ich bringe meinen Leuten immer wieder und unaufhörlich meine Vision bei.“ Aber genau das ist nicht gemeint! Eine gemeinsam geteilte Vision ist eben keine mitgeteilte Vision, die man dann nur noch zu übernehmen braucht. Es geht um etwas anderes: Diese Vision will von allen geteilt werden, und dieses Teilen geht nur, wenn sie auch in allen und mit allen entsteht. Man sieht ja genau, dass es nicht funktioniert, wenn ein Pfarrer oder ein Bischof einfach seine Vision umsetzen will. Die Vision muss in den Menschen verwurzelt sein, und das geht nur, wenn sie die Vision der Leute ist – und sie sie gemeinsam entdecken und sich zu eigen machen können.

      Das gilt in besonderer Weise für die Kirche. Sie ist ja das Volk Gottes. Und eine Vision, die von den Menschen, von den Getauften her entsteht, aus ihrer alltäglichen kirchlichen Praxis heraus, gewissermaßen als von unten wachsende Ekklesiologie, wird sehr viel mehr den konkreten sozialen Kontext berücksichtigen und konkrete Antworten auf die konkreten Herausforderungen suchen (wie z. B. die Auswirkungen von Globalisierung, Pluralismus, Migration etc.).

      Und das ist in der Tat unsere Erfahrung: Nichts kann Menschen so stark verbinden und ihnen Energie geben wie eine wirklich geteilte Vision. Sie macht es möglich, dass große Dinge umgesetzt werden können. Denn die Vision ist dann die Energie hinter jeder Anstrengung und die zielgerichtete Kraft, die durch alle Anstrengungen hindurch wirkt. Das gelingt, weil die Menschen spüren: Es ist unser gemeinsames Ziel, wir sind wirklich die Protagonisten und „Eigner“ dieser Vision – und so gelingt ein Miteinander und eine Zusammenarbeit im Blick auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Ziels: Menschen fassen Mut für gemeinsame Initiativen, sie werden kreativ und versuchen neue Wege des Denkens. Sie lassen sich auf Experimente ein und sind auch bereit, Risiken auf sich zu nehmen. Mit einer gemeinsamen Vision werden alle Aktivitäten stimmig, die auf das gemeinsame Ziel ausgerichtet sind – denn sie gründen in derselben Vision.

      Durch die geteilte Vision wächst ein gemeinsamer Fokus, und so entstehen Optionen und Prioritäten, die gemeinsam angegangen werden. Wenn man das große Zielbild versteht, dann gewinnen eben auch die eigenen Bemühungen einen größeren Sinn. In einer Gruppe und einer Gemeinschaft führt das dazu, dass pastorale Prioritäten gesetzt werden, die zur Erneuerung und Revitalisierung des Lebens der ganzen Pfarrei führen. Eine solche Vision ist der Ausweg aus dem richtungslosen Aktivismus, der häufig zu einem Drehen um sich selbst wird, ohne irgendwelche Ergebnisse zu erzielen.

      Aber man muss unterscheiden zwischen Traum und Vision. Eine Vision hat ein konkretes Ziel, sie will umgesetzt werden und ist nicht unbestimmt. Sie ist verankert in der Wirklichkeit und wird damit ganz konkrete Zielvereinbarungen kennen. Träume sind wichtig, denn sie ermöglichen den Aufbruch, aber es ist mehr nötig, damit dieser Traum wirklich werden kann. Deswegen müssen Träume, um ernsthaft ihr visionäres Potenzial entfalten zu können, in der Wirklichkeit verwurzelt sein. Andernfalls werden sie sogar destruktiv – es sind dann Spinnereien, die uns fesseln mögen, aber nicht ins Handeln bringen.

       Leidenschaft – das wesentliche Merkmal visionärer Pastoral

      Oft haben Pfarreien, ja ganze Diözesen eine wirklich schöne Vision. Sie haben Leitbilder niedergelegt und veröffentlicht, die dann auch für die pastorale Planung benutzt werden – aber zuweilen werden sie dennoch nicht umgesetzt. Woran liegt das? Natürlich kann es Hunderte von Gründen geben, weswegen ein Leitbild keine Umsetzung findet. Vor allem liegt es oft daran, dass diese Visionen gar nicht wirklich gemeinsam gewachsen sind – und deswegen die Gemeinschaft der Gläubigen sie sich nicht zu eigen gemacht hat. Es kann auch daran liegen, dass die Leitung nicht glaubwürdig hinter dieser Vision steht. Es kann aber auch daran liegen, dass Strukturen fehlen oder nicht angemessen gestaltet sind, um diese Vision Fleisch werden zu lassen. Ein weiterer Grund kann darin liegen, dass die großen Ziele und Leitbilder nicht in umsetzbare kurzfristige Meilensteine umgemünzt werden. Und natürlich kann es auch daran liegen, dass einige Menschen, gerade auch aus der Leitung der Gemeinschaft, die Vision abtöten. Sofort fallen mir Beispiele ein: Da gibt es jene, die so gesättigt sind, dass sie sich gar nicht mehr auf den Weg machen wollen;

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