Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen. Группа авторов

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Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen - Группа авторов IGW-Publikationen in der EHP

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L. Perls 1990) aufgeführt. Sie beinhaltet ein dichtes, aufeinander abgestimmtes Wechselspiel von Körperbewegungen, besonders feinen Kopfbewegungen und Sinneswahrnehmungen.

      2.3 Mark McConvilles Feldtheorie und die Entwicklung Jugendlicher

      Die Ausführungen dieses Abschnitts sind eng an McConville (2001) angelehnt. McConville (2001) übersetzt die Theorie Lewins in gestalttherapeutische Begrifflichkeiten. Er entfaltet auf der Grundlage der Lewin’schen Feldtheorie ein gestalttherapeutisches Entwicklungsverständnis für Jugendliche. Zunächst stellt er die spezifische Lewin’sche Ausarbeitung der Lebensraumveränderung bei Jugendlichen dar (Lewin 1939). Die noch zu geringe Ausdifferenzierung des Lebensraumes wird zunehmend differenzierter. Verschiedene soziale Gruppeneinteilungen wie Punker, Gangsta, Rapper etc. führen zu einer Differenzierung des sozialen Lebensraums. Auch die Aktivitäten differenzieren sich in Sport, Schule, Familienleben, Wochenendpartys, Online-Rollenspiele, kirchliche Jugendgruppen, privates Fantasy-Leben, Theater, Liebesabenteuer etc. Das soziale Feld des Jugendlichen differenziert sich also in voneinander abgetrennte Teilbereiche aus. Gleichzeitig wird dadurch das Selbstgefühl des Jugendlichen differenzierter und in korrespondierende Teilbereiche strukturiert, da es die innere Entsprechung der Erfahrungen im äußeren Feld darstellt. McConville führte 1995 (zit. nach McConville 2001, S. 33) für diese Teilbereiche kongenial den Begriff der Selbstgestalt (»selfgestalt«) ein, der etwas an Selbstobjekte erinnert. Diese Selbstgestalten oder ausdifferenzierten Teilbereiche erlauben dem Jugendlichen, ein breiteres Repertoire von Persönlichkeitszügen und Kontaktfähigkeiten zu entwickeln. Ein Zeichen für die innere Strukturierung solcher Selbstgestalten ist die Emergenz, das Auftauchen von differenzierenden Polaritäten, sowohl im Feld als auch im Selbst des Jugendlichen (vgl. ebd.). In Polaritäten gegliederte Unterscheidungen tauchen auf, wie kindisch und erwachsen, männlich und weiblich, kooperativ und rebellisch, zielorientiert und verspielt usw. Diese inneren und äußeren Differenzierungen tragen zu einer stärkeren Innerlichkeit bei, dazu, Selbststrukturen zu festigen und stabilisieren. Der Zusammenhang zwischen innerer Erfahrung und äußerem Ausdruck beschäftigt viele Jugendliche. Zeigt sich mein Freund so, wie er wirklich ist? Kennen die anderen mein wahres Ich? Sowohl die Innenseite als auch die Außenseite sind Qualitäten innerhalb des gesamten Lebensraumes. McConville greift auf Lewin zurück, der die Bedeutung der Gliederung und Strukturierung des Lebensraumes betont, um Sicherheit zu erlangen. Je klarer differenziert die äußeren Bereiche sind, desto klarer sind die entsprechenden Selbstgestalten. Jugendliche verstehen die plötzlichen Wechsel in ihrem Verhalten häufig selbst nicht. In diesem Sinne kann die räumliche Gliederung des jugendlichen Bewusstseins direkt die Strukturierung und Gliederung seines Lebensraumes anzeigen. Je unabhängiger die Regionen des Feldes sind, desto eher kommt es zu Brüchen und zum Fehlen von Bewusstsein über sich selbst. Im Sinne Lewins sind diese Segmentierungen eine notwendige und gesunde Folge der Differenzierung und dadurch Entwicklung unseres Lebensraumes. Dies zeigt sich auch bei der Betrachtung des Lebensraumes eines Jugendlichen. Hier sind die mitwirkenden Personen schon stärker voneinander abgegrenzt als bei Kindern. So kennen z.B. die Eltern vielleicht gar nicht mehr alle Lehrer oder Freunde des Jugendlichen. Die innere Situation des Jugendlichen spiegelt sein soziales Feld wider. Ein Jugendlicher, der beispielsweise sein Wollen und Wünschen nicht integrieren kann, also einerseits seinen Wunsch nach schulischem Erfolg und andererseits den, eine Party besuchen zu wollen, lässt häufig Eltern ähnliche Probleme haben. Ein zentrales Entwicklungsprinzip Lewins ist die Differenzierung. Mit fortschreitender Erweiterung des Lebensraumes kommt es zur Ausdifferenzierung verschiedener äußerer und innerer Regionen. Falls diese Ausdifferenzierungen nur schwer integrierbar sind, können sie zu erheblichen psychischen Spannungen des Jugendlichen führen. In der Lewin’schen Terminologie wird die Art, wie einzelne Regionen zu einem Ganzen verbunden werden, mit »Organisation« bezeichnet. Die Organisation, also die Verbindung zwischen verschiedenen Regionen, kann in der Gestalttherapie mit dem Kontaktbegriff erfasst werden. Nach McConville ist durch dieses Verständnis des Kontaktkonzepts ein zentrales Entwicklungsanliegen der Gestalttherapie deutlich gemacht. In einer an Lewin orientierten Gestaltentwicklungstheorie ist nach McConville das Jugendalter durch die Strukturierungsprozesse des Ausfaltens des Verständnisfeldes gekennzeichnet. Diese Ausfaltungsprozesse vollziehen sich bei gleichzeitiger Destrukturierung der Kindheitseinheiten, und gehen mit einer Erweiterung und Differenzierung des Lebensraumes und einer Transformation der Abgrenzprozesse der einzelnen organisatorischen Einheiten des Feldes einher.

      »In einem Prozess, der sowohl vorwärts als auch rückwärts abläuft, entwickelt sich das Feld der Kindheitserfahrungen aus einem Zustand verhältnismäßig hoher Einbettung (embeddedness) durch einen Ablösungsprozess (disembedding) der Differenzierung weiter zu einer Neuorganisation des Feldes.« (ebd. S. 38)

      Dieser Entwicklungsprozess bedeutet in Gestaltsprache das Reifen und Auft auchen der Kontaktfähigkeit, das reife sich Einlassen der Person auf seine Umgebung (vgl. ebd.). Im Laufe dieser Entwicklung wird der dramatische Verlust des Zusammenhalts der Kindheit erlebt, der »Sturm und Drang« schneller und heftiger Zustandwechsel. Diese Wechselzustände resultieren aus der Veränderung innerer und äußerer Grenzen und damit verknüpft der wechselnden Bezogenheit auf andere. In der Kindheit besteht noch eine Einbettung mit relativ konfluenten, weichen Grenzen zwischen den einzelnen Teilen des äußeren und inneren Feldes. Dadurch formt das familiäre und kulturelle Umfeld das Kind. Im Laufe des Entwicklungsprozesses und der Ausweitung des Lebensraumes des Jugendalters kommt es zur Ablösung aus diesem konfluenten inneren und äußeren Kindheitsfeld. Während das Kind noch fließend und unabgegrenzt in seine Familie eingetaucht ist, dem Einfluss der Erwachsenenwelt offen zugänglich, sondert sich der Jugendliche ab, bezieht sich mehr auf Gleichaltrige, und baut differenzierende Grenzen innerhalb des Feldes auf. Erwachsene werden nun auf Abstand gehalten, und »private« Angelegenheiten werden nicht mehr mit den Eltern besprochen. Dies vollzieht sich auch im innerpsychischen Feld. In einem nicht so ausgereiften Feld stehen die einzelnen Teile in der Art einer einfachen Wechselbeziehung zueinander. Erst in einem weiter entwickelten Feld kommt es zu einer differenzierteren organisierteren Wechselbeziehung der einzelnen Regionen zueinander. Die Entwicklung vom einen Feldmodus zum anderen erfolgt über eine Ablösung (disembedding) aus dem eingebetteten Feld zum differenzierten Feld. McConville zitiert Parlett (1997), der feststellt, dass Veränderungen in einem Teil des Feldes auch Veränderungen in anderen Teilen nach sich ziehen. Daher kommt es durch gestalttherapeutische Experimente, die im Hier und Jetzt erlebt werden, zu Veränderungen in der gesamten Feldstruktur. Daher zielen gestalttherapeutische Experimente in das Kerngeschehen realer Veränderungs- und Entwicklungsprozesse. McConville zitiert Parlett (1997) weiter, dass solche Veränderungsprozesse als Voraussetzung ausreichenden Support im Feld benötigen, verbunden mit der Einladung oder Herausforderung, etwas anderes zu tun. »Größere Veränderungen benötigen eine besondere Art abgestimmten Support und Herausforderung im Feld« (Parlett 1997, S. 25, zit. nach McConville 2001).

      2.4 Gordon Wheeler: Das Entwicklungsfeld

      Wheeler (2002c) betont den Feldansatz der Gestalttherapie als grundlegend verschieden zur Mehrzahl der individuumszentrierten klinisch-psychologischen Ansätze. Er unterstreicht die bahnbrechende Leistung Goodmans, das Selbst nicht wie in der individuumsorientierten Perspektive als in der Person befindlich zu begreifen, sondern an der Außengrenze zu lokalisieren, im Kontakt- und Austauschprozess der Person mit ihrer Umwelt (S. 46). Das Selbst ist in diesem Sinne kein privates, inneres Selbst, sondern ein Ganzfeld-Selbst, etwas, das im Austausch und Kontakt zwischen der privaten und der geteilten Sphäre entsteht, etwas, das im Kontakt, in der »Erfahrung, bereits vorgegeben« ist (PHG, S. 58). Für Wheeler ist der Mensch von Anbeginn an beziehungsorientiert und entwickelt sich in engem Austausch mit anderen Menschen in einem Entwicklungsfeld, welches diese Austauschmöglichkeiten und Interaktionsprozesse bietet. Selbst und Beziehung werden als Erfahrungspole eines Figur-Grund-Verhältnisses angesehen, wobei jeweils die andere Seite den Grund für die jeweilige Figurbildung darstellt. Diese Verwobenheit wird von uns, wie Lewin dies bereits beobachtete, in bedeutungsvolle Einheiten organisiert. Entwicklung ist für Wheeler immer die Entwicklung des ganzen Feldes, nicht nur einzelner Teile oder einer Person im Feld. Die Bedürfnisse eines Neugeborenen oder die Anforderungen,

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