Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book). Группа авторов

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Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book) - Группа авторов

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volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können». In verschiedenen Forschungsarbeiten wird häufig an diese Definition angeknüpft, auch wenn sie nicht unumstritten ist (z. B. Hackl, 2014). So ist sie vor allem insofern missverständlich, als dass der explizite Hinweis auf Wissen als Bestandteil von Kompetenzen fehlt. Deshalb hält Reusser (2014, S. 326) nachdrücklich fest: «Kompetenzorientierung bedeutet keine Abkehr von einer fachlichen Wissensbildung und schon gar nicht von der Leitidee des verständnisorientierten und problemlösenden Lernens. Es geht im Gegenteil ganz zentral um fachliche Bildung, in deren Kontext auch fachübergreifende – methodische, soziale und personale – Kompetenzen kultiviert werden sollen.»

      Im Kontext der Lehrplanpraxis hat sich neben dem Konzept von Weinert (2001) vor allem jenes von Roth durchgesetzt. Nach Roth (1971, S. 189) steht Kompetenzerwerb im Dienste der Mündigkeit, die als Kompetenz für verantwortliche Handlungsfähigkeit beschrieben wird. Sie umfasst Sachkompetenz (gegenstandsbezogene Fähigkeiten sowie Fach-/Berufswissen und darauf bezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten), Selbstkompetenz (personenbezogene Fähigkeiten wie Motivation, Selbstwirksamkeit, Selbstreflexion, Selbstdisziplin usw.) sowie Sozialkompetenz (Kommunikationsfähigkeit, Fähigkeit zur Arbeit in Gruppen usw.). Der Begriff «Fähigkeiten» ist dabei breit gedacht, also nicht nur im Sinne kognitiver Leistungsdispositionen, sondern als umfassende Handlungsfähigkeit, die auch den affektiv-motivationalen Bereich einschliesst (Klieme & Hartig, 2007, S. 20). In vielen Anwendungen des Roth’schen Konzepts wird die Sachkompetenz weiter in Fachkompetenz und Methodenkompetenz aufgegliedert.

      Seeber et al. (2010, S. 4) kommen für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik zu dem Schluss, dass sich in den verschiedenen Definitions- und Konzeptualisierungsansätzen zum Kompetenzbegriff neben allen Unterschieden auch Gemeinsamkeiten finden lassen. Dazu gehört unter anderem, dass sich Kompetenzen als kontextspezifische Leistungsdispositionen in bestimmten Domänen zeigen. Ähnlich dazu beschreiben Klieme und Hartig (2007, S. 21) in ihrer Analyse verschiedener Kompetenzkonzepte als zentrale «Bestandteile des Begriffsverständnisses, die immer wieder zu Tage treten», die folgenden: «Kompetenzen sind Dispositionen, die im Verlaufe von Bildungs- und Erziehungsprozessen erworben (erlernt) werden und die Bewältigung von unterschiedlichen Aufgaben bzw. Lebenssituationen ermöglichen. Sie umfassen Wissen und kognitive Fähigkeiten, Komponenten der Selbstregulation und sozial-kommunikative Fähigkeiten wie auch motivationale Orientierungen. […] Dieses erziehungswissenschaftliche Kompetenzkonzept ist mit dem psychologischen Konzept der Handlungskompetenz, wie es Aebli und vor allem Weinert ausgearbeitet haben, kompatibel.» Damit fallen Wissen und Können zusammen (Reusser, 2014, S. 327), die Roth’sche Trias von Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz ist eingeschlossen.

      Wegen ihrer Ganzheitlichkeit und gleichzeitigen Differenziertheit sowie ihrer breiten Fundierung in der wissenschaftlichen Literatur soll diese letzte Beschreibung des Kompetenzbegriffs von Klieme und Hartig (2007, S. 21) Grundlage für die weiteren Spezifizierungen beziehungsweise Verortungen von in der Diskussion um Lehrpläne und Unterricht immer wieder eingebrachten, sich teilweise überschneidenden Kompetenzfacetten sein. Dazu gehören die Begriffe «kognitive» und «nicht-kognitive Kompetenzen», «fachliche», «überfachliche» und «transversale Kompetenzen» sowie deren Verknüpfung in Kompetenzmodellen. Zudem erfolgt eine beispielhafte Anwendung dieser Kompetenzfacetten auf das Ziel des Erwerbs von Studierkompetenzen an Berufsmaturitätsschulen.

      Kognitive und nicht-kognitive Kompetenzen

      Kognitive Kompetenzen betreffen den Anteil von «geistigen» Denkprozessen im Hinblick auf die Bewältigung von Aufgaben, nicht-kognitive Kompetenzen den affektiv-motivationalen Anteil (Antrieb zum Denken und Handeln, Gefühle, moralisch-ethische Verpflichtungen usw.). Sachkompetenzen (Fach- und Methodenkompetenzen), Selbstkompetenzen und Sozialkompetenzen haben in der Regel kognitive und nicht-kognitive Anteile.

      Fachkompetenzen und überfachliche Kompetenzen

      Fachkompetenzen umfassen fachspezifisches Wissen und Können. Sie sind einer Fachwissenschaft oder einem Schulfach zugeordnet und können nicht ohne Weiteres in anderen Fächern genutzt werden. Fachkompetenzen können kognitiv oder nicht-kognitiv sein und grundsätzlich allen Bereichen der Roth’schen Trias entspringen, also fachbezogene Selbst- und Sozialkompetenzen enthalten.

      Überfachliche (auch fachübergreifende oder fächerübergreifende) Kompetenzen können in mehreren Fächern genutzt werden, zum Beispiel in Form von gleichen Methoden in verschiedenen Fächern. In jüngster Zeit wird – in Anlehnung an die französischen und italienischen Begriffe «compétences transversales» und «competenze transversali» – auch häufig der Begriff «transversale Kompetenzen» verwendet (vgl. Scharnhorst & Kaiser, 2018, S. 5). Überfachliche Kompetenzen können zwar nicht einem bestimmten Fach zugeordnet werden, sie lassen sich aber nicht inhaltslos und kontextfrei erwerben. In der curricularen Struktur der fachwissenschaftlichen Gliederung der Unterrichtsfächer, wie sie für das Gymnasium typisch ist, werden sie in den einzelnen Fachwissenschaften erworben. Bei einer thematischen Gliederung, wie sie vor allem in der Berufsbildung vorkommt (z. B. Fach «Allgemeinbildung»), erfolgt bereits der Erwerb fachübergreifend. Sobald überfachliche Kompetenzen in einem Fach erworben wurden, können sie in anderen Fächern ohne viel Neulernen genutzt werden. Für einen maximalen Erwerb sollten solche Kompetenzen in allen Fächern gefördert werden. Auch überfachliche Kompetenzen können kognitiv oder nicht-kognitiv sein und allen Bereichen der Roth’schen Trias entspringen. Im Zentrum des Interesses stehen sowohl sachlich-generische Kompetenzen als auch vor allem «personale, soziale und methodische Fähigkeiten, die über viele Fächer und Lerngegenstände hinweg (d. h. transversal) für das Lernen und für die Anforderungsbewältigung zentral sind. Dazu gehören Fähigkeiten wie Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft, Ausdauer, Selbstwirksamkeit und Frustrationstoleranz (Affektkontrolle) ebenso wie Zeit- und Ressourcenmanagement, zielorientierte Planung, Kooperations- und Teamfähigkeit, die Fähigkeit zum Umgang mit Fehlern, die Nutzung von Lern- und Problemlösestrategien, Metakognition und Metainteraktion» (Reusser, 2014, S. 330 f.).

      Kompetenzmodelle

      Kompetenzmodelle sind theoretische Konstrukte der Struktur beziehungsweise Dimensionen von Kompetenzen (Kompetenzstrukturmodelle) und/oder der möglichen Ausprägungen beziehungsweise Niveaus von Kompetenzen bei Personen (Kompetenzniveaumodelle; vgl. Hartig & Klieme, 2006). Zudem gibt es ausserdem noch Kompetenzentwicklungsmodelle, welche die Genese von Kompetenzen über einen grösseren Zeitraum beschreiben. Im Idealfall sollten in einem Lehrplan die gemäss den übergeordneten Bildungszielen zu erreichenden Kompetenzen auf einem kohärenten Kompetenzstrukturmodell und einem dazugehörenden Kompetenzniveaumodell beruhen. Diese liefern die Grundlage für Art und Niveau der Kompetenzziele. In der Literatur und in bestehenden Lehrplänen finden sich zwar eine Vielzahl von Kompetenzbeschreibungen, aber nur wenige sind theoretisch stringent und empirisch nachgewiesen. So sind auch die im aktuellen Lehrplan für Berufsmaturitätsschulen (SBFI, 2012) aufgeführten überfachlichen Kompetenzen zwar zahl- und facettenreich, aber im Hinblick auf die Bildungsziele der Berufsmaturität nur teilweise stringent abgeleitet und in ihrem Verhältnis untereinander nicht sauber geklärt, weder theoretisch noch empirisch. Leider gibt es kaum theoretisch solide und empirisch geprüfte Kompetenzmodelle, die im Hinblick auf das Erreichen von Bildungszielen alle Facetten von Kompetenzen einbeziehen. Ziemlich weit entwickelt sind immerhin die Kompetenzmodelle für die Fächer Mathematik, Deutsch und Naturwissenschaften, welche als Grundlage der nationalen Bildungsstandards von «HarmoS» dienten und an denen sich auch der Lehrplan 21 orientiert. Als Hilfsmittel für die Identifizierung fachspezifischer Kompetenzfacetten im kognitiven Bereich kann die bereits in der Einleitung erwähnte allgemeine Gliederung des Anspruchsniveaus kognitiver Denkprozesse beziehungsweise die Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich von Bloom (1976) aus dem Jahre 1956 dienen. Sie wurde im Jahre 2001 aktualisiert und leicht revidiert (Anderson et al., 2001). Die kognitive Taxonomie ist ein

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