Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book). Группа авторов

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Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book) - Группа авторов

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Berufsbildungsgesetz (SR 412.10) wurde dieser Bildungsauftrag nochmals erweitert und geschärft. Gemäss Art. 21 Abs. 2 haben Berufsfachschulen:

      – «die Entfaltung der Persönlichkeit und Sozialkompetenz der Lernenden durch die Vermittlung der theoretischen Grundlagen zur Berufsausübung und durch Allgemeinbildung zu fördern;

      – die unterschiedlichen Begabungen zu berücksichtigen und mit speziellen Angeboten den Bedürfnissen besonders befähigter Personen und von Personen mit Lernschwierigkeiten Rechnung zu tragen;

      – die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann sowie die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen durch entsprechende Bildungsangebote und -formen zu fördern».

      Gerade das Berufsbildungsgesetz (BBG) von 2004 löste eine Welle der Modernisierung aus, die von allen Involvierten und nicht zuletzt von den Berufsfachschulen ein hohes Mass an Engagement erforderte: Reformarbeiten zu sämtlichen Ausbildungs- und Prüfungsreglementen, Einführung der zweijährigen beruflichen Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) und damit verbundene Unterstützungsangebote wie die fachkundige individuelle Begleitung sowie nachgelagert neue Erlasse zum Berufsmaturitäts- und allgemeinbildenden Unterricht.

      Durch diese Anpassungen sahen sich die Berufsfachschulen mit neuen Anforderungen konfrontiert; in vielerlei Hinsicht war ein Umdenken nötig. Zwei Aspekte möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben, weil sie mit Blick auf die künftigen Herausforderungen aktuell bleiben: Erstens die Handlungskompetenzorientierung; denn wie in der Botschaft des Bundesrates zum Gesetzgebungsprozess festgehalten, sind die Berufsfachschulen dafür verantwortlich, «das situationsbezogene Erfahrungslernen in übergeordnete Zusammenhänge zu stellen, die für eine dauerhafte Orientierung wichtig sind» (BBl 2000, S. 5701). Und zweitens war schon damals klar, dass der künftige Trend in Richtung Flexibilisierung gehen wird und dabei die Berufsfachschulen gefordert sind, aktiv zu werden in Bezug auf «neue Unterrichtsformen und -angebote, modulare Sequenzen und differenzierte Prüfungsverfahren» (ebd., S. 5702).

      Bedeutung der Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen

      Reformen und veränderte Anforderungen in den Berufsfachschulen umzusetzen haben letztlich insbesondere die Lehrpersonen. Entsprechend wichtig ist eine adäquate Aus- und Weiterbildung, um ihnen die zur Bewältigung der Herausforderungen nötigen Kompetenzen zu vermitteln. Herausforderungen, die zu den Spannungsfeldern hinzukommen, in denen sich die Berufspädagogik ohnehin bewegt (SBFI, 2015, S. 5):

      – Theorie – Praxis,

      – Pädagogik – Andragogik,

      – Arbeiten – Lernen,

      – Erwartungen der Wirtschaft – persönliche Entwicklung und

      – Kompetenzlernen – Bildungskanon.

      Klärung von Rollenfragen braucht Gesamtsicht

      Bevor die Herausforderungen und die damit verbundenen spezifischen Fragestellungen für die Berufsfachschulen im Detail betrachtet werden, sollen an dieser Stelle einige Überlegungen zur grundsätzlichen Rollenverteilung in der Berufsbildung einfliessen. Als kollektives, also weder rein wirtschaftliches noch rein staatliches System ist die Schweizer Berufsbildung auf ein funktionierendes Miteinander aller Partnerinnen und Partner angewiesen. Die verbundpartnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt hat sich bewährt. Das bedeutet nicht, dass Diskussionen und Prozesse immer spannungsfrei vonstattengehen, aber der Gemeinsinn, das Engagement für die Sache und damit die Bereitschaft, auch bei divergierenden Interessen und Standpunkten an einem Tisch für tragfähige Lösungen zu sorgen, ist bei allen Partnern und Partnerinnen verankert.

      Wenn im Rahmen des Strategieprozesses «Berufsbildung 2030» Arbeiten in Gang gesetzt worden sind, um die verbundpartnerschaftlichen Organe auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und Unklarheiten in Bezug auf die Zuständigkeiten zu klären, hat dies weder mit einer grundsätzlichen Systemkritik noch mit einer Infragestellung der Verbundpartnerschaft zu tun. Vielmehr sind Steuerungsprozesse und Gremienstrukturen seit 2004 innerhalb der bewusst offenen Rahmengesetzgebung gewachsen. Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft ist es nach Abschluss der umfassenden Berufsreformen angezeigt, den Fokus auf eine Optimierung der Governance zu richten.

      Zwei vom Bund in Auftrag gegebene Expertenberichte liefern diesbezüglich wichtige Erkenntnisse. In Bezug auf die Berufsfachschulen wird zum einen festgestellt, dass diese die Zusammenarbeit mit den Kantonen und dem Bund als wenig zufriedenstellend betrachten (Renold, Caves & Oswald-Egg, 2019, S. 10). Ein Grund dafür mag der Wunsch nach einem stärkeren Mitwirken sein, was angesichts der Aufgaben einer Berufsfachschule als Lernort nachvollziehbar ist. Der zweite Bericht kritisiert denn auch, dass Bildungsanbieter in fachlich-operativen Fragen nicht immer gebührend berücksichtigt würden (Emmenegger & Seitzl, 2019, S. 40). Gleichzeitig macht er deutlich, dass ein Vertretungsanspruch auf Ebene der strategischen Steuerung nicht legitim wäre: «Neben der nicht vorhandenen gesetzlichen Grundlage und dem Fehlen einer Dachorganisation ist nicht ersichtlich, auf welcher politischen Basis dieser Anspruch erhoben werden könnte» (ebd., S. 37).

      Herausforderungen: Digitalisierung, Heterogenität, Kompetenzorientierung

      Überlegungen, wie sich die Berufsfachschulen selbst stärker positionieren können und wie ihnen mehr Gewicht auf fachlich-operativer Ebene eingeräumt werden kann, sind wie eingangs erwähnt eng mit den derzeitigen (und künftigen) Herausforderungen verknüpft. Dazu gehören insbesondere die digitale Transformation, die Heterogenität der Lernenden sowie die Handlungskompetenzorientierung.

      1. Digitalisierung und digitale Transformation

      Digitale Technologien durchdringen und beeinflussen Gesellschaft und Wirtschaft und somit sämtliche Lebens- und Arbeitsbereiche immer stärker. Es braucht Antworten auf die Frage, wie die digitale Zukunft optimal gestaltet werden kann – gerade in der Bildung. Der Bund hat in seinem «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020» Handlungsschwerpunkte auf

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