Ausbildung der Ausbildenden (E-Book, Neuauflage). Geri Thomann

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Ausbildung der Ausbildenden (E-Book, Neuauflage) - Geri Thomann

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«Intuition» – nur bedingt unserem Bewusstsein zugänglich ist.

      Die Entwicklungsstadien des Novizen-Experten-Paradigmas werden (nach Messner/Reusser 2000, S. 162 ff. in Anlehnung an Dreyfus/Dreyfus 1986, vgl. auch Terhart 1998, S. 570 ff.) wie folgt beschrieben:

       1.Novizenstadium

      Novizen verfügen über gelernte kontextfreie Regeln, die zwar rational begründet werden können, jedoch nicht adaptiert sind. Das kann in Störungssituationen Chaos oder Rigidität in ihrem Verhalten zur Konsequenz haben.

       2.Fortgeschrittenes Anfängerstadium

      Die Orientierung erfolgt hier vermehrt anhand von praktischen Handlungserfahrungen; Erinnerungen an ähnliche Fälle und dadurch ermöglichter Transfer führen zu zunehmender Beweglichkeit.

       3.Stadium des kompetenten Praktiker s/der kompetenten Praktikerin

      Durch eine Analyse des Ausbildungsgeschehens verfügen kompetente Praktiker über flexible Handlungspläne und damit über mehr Sicherheit.

       4.Stadium des gewandten Praktikers

      Der gewandte Praktiker/die gewandte Praktikerin zeigt durch (Erfahrungs-)Wissen geschickte Situationsverarbeitung. Bewusste Reflexion tritt hinter intuitivem Vorgehen zurück. Die «Feinwahrnehmung» von Situationen ist geschärft.

       5.Meister- oder Expertenstadium

      Der Meister/die Meisterin agiert und reagiert schnell, angemessen und routiniert auf eine Vielfalt von unterschiedlichen und schwierigen Situationen. Sofortiges Erkennen ersetzt planvolles Entscheiden, «es funktioniert einfach».

      Solche Experten wissen in der Regel mehr, als sie erklären können, und folgen meist ihrer «Intuition», ihrem «Kennerblick».

      Zwar wirkt das Novizen-Experten-Phasen-Modell etwas starr und schematisch, jedoch zeigt es auf, in welch subtiler Form sich Professionalität aufbaut, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Zudem verdeutlicht das Modell, dass verschiedene Lehrpersonen mit denselben Anstellungsbedingungen, Funktionen und Aufgaben sich in völlig unterschiedlichen Professionalitätsphasen bewegen. Dies erschwert kooperative Kommunikation mitunter, weil Novizen ihre Meisterwerdung nicht antizipieren und Meister ihre Meisterwerdung nicht mehr nachvollziehen können.

      Damit wäre das, was wir am besten wissen und können, uns wahrscheinlich am wenigsten bewusst (vgl. Bateson 1994, S. 199).

      Reflexionsfragen «Berufssozialisation»

      ●Erinnern Sie sich an «survival-Jahre» oder «survival-Phasen»? Gibt es spezielle Vorfälle, Begegnungen, Geschichten?

      ●Erkennen Sie sich tendenziell im Modell von Hubermann wieder? Wo situieren Sie sich?

      ●Zeichnen Sie in Ihrer Art anhand Ihrer individuellen Schlüsselerkenntnisse und -situationen Ihren bisherigen beruflichen Entwicklungsverlauf auf. Wie wirkt Ihre Zeichnung auf Sie? Zeichnen Sie Ihren gewünschten zukünftigen Verlauf. Was müssten Sie tun, um diesem Wunsch zu entsprechen?

      ●Ordnen Sie sich im Novizen-Experten-Modell einem Stadium zu. Wie begründen Sie die Zuordnung?

      ●Hat sich im Verlaufe Ihrer beruflichen Entwicklung das Verhältnis von «geplanten Handlungen» zu «intuitivem Erfahrungshandeln» verändert? Wie?

       Lieber nicht!

       Ich habe von einem Land gehört, da sollen die Meister vom Himmel fallen. Soll ich nun dorthin ziehen, gleich jetzt und so schnell mich die Beine tragen? Ich lass das hübsch bleiben, sonst werde ich noch von einem fallenden Meister erschlagen.

      Hans Manz, Quelle unbekannt

       3.5Das Konzept der subjektiven Theorien

      Beruflich handlungswirksames Wissen ist gemäss obigen Ausführungen auch den so genannten Experten wenig bewusst und schlecht verfügbar.

      Lehrende verfügen nach dem Konzept der subjektiven Theorien (vgl. Groeben et al. 1988) neben ihrem fachlichen Wissen über ein grosses Repertoire an subjektiv-theoretischen Wissensbeständen etwa über Lernprozesse, Lehrmethoden, Lernende sowie das eigene Handeln; diese benutzen sie in ihrem Ausbildungsalltag, ohne sich dessen unbedingt bewusst zu sein.

      Viele solcher Theorieanteile sind mit den Worten Bourdieus (1987) «habitualisiert» und als «inkorporierte» Gewohnheiten verankert. Damit produzieren wir sozusagen Vortheorien und Annahmen über Dinge und Menschen. Solche Alltagestheorien bilden sich im Verlaufe der persönlichen Entwicklung als biografische Relikte sowie durch den Prozess der beruflichen Sozialisation (vgl. Dann 1994). Sie sind schon im Novizenstadium bedeutsam und dermassen handlungsleitend, dass sie beinahe wie «kleine Drehbücher» (vgl. Wahl 2001, S. 157) das unterrichtliche Agieren von Lehrenden bestimmen. Nach Wahl (1991, S. 5 ff.) orientieren sich Lehrende umso mehr an ihren subjektiven Theorien, je schneller sie handeln müssen und je stärker sie belastet sind.

      Lehrende, die beispielsweise in ihrem Konfliktmanagement erfolgreich sind, haben gemäss diesem Konzept komplexere und besser organisierte subjektive Theorien (vgl. Dann 1994, S. 172), die sie sich beispielsweise im familiären Kontext oder im Verlaufe ihrer beruflichen Entwicklung (Expertenwerdung) angeeignet haben.

      Nicht zuletzt beeinflussen – wie weiter oben erwähnt – auch nachhaltig eigene Schulerinnerungen und -erfahrungen Lehrende.

      Bei einer allfälligen Modifikation solcher Theorien geht Dann (1994, S. 174) davon aus, dass Lehrkräfte bei einer Explikation, d. h. einer Bewusstmachung solchen Wissens, viel mehr profitieren, als sie glauben.

      Erinnern und Erzählen erlebter Situationen in der Rolle als Lernende und Lehrende sowie auch gezielte didaktische Herbeiführung von Problemsituationen und deren reflektierte Lösungssuche als Übung in möglichst authentischem Kontext könnten – so Dann – zu einer solchen Explikation verhelfen.

      Dies würde bedeuten (vgl. die Krisengeschichte eines Lehrers in Kap. II, 1.), dass gerade die Phasen der Professionalisierung, also die «Expertenwerdung», bewusst gemacht werden müsste.

      Gleichzeitig geht Danns Ansatz davon aus, dass wir «schon etwas können, bevor wir professionell etwas tun», demnach vor unserer beruflichen Ausbildung und Sozialisierung über Ressourcen verfügen, auf die wir später «automatisch» zurückgreifen, ohne dass diese nach unserer Einschätzung professionell bedeutsam wären.

      Eine Bewusstmachung oder -werdung darüber, über welche Vorkenntnisse im Sinne von Ressourcen wir verfügen, könnte demnach dem Prozess der Professionalisierung dienlich sein – ob es diesen Prozess wirklich beschleunigen würde, wage ich zu bezweifeln.

      Ebenso stehe ich den etwas technisch anmutenden Anweisungen, subjektive Theorien zu «rekonstruieren» (etwa mittels des Wahl’schen Systems «beurteilbar machen – mit Expertenwissen anreichern – in neue handlungsleitende Strukturen überführen», vgl. Wahl 2001, S. 157) skeptisch gegenüber. Sie suggerieren in pädagogisch typischer Manier methodische «Machbarkeit von Bewusstsein».

      Bewusstmachende Reflexionsarbeit geht meines Erachtens manchmal eigenartige,

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