Prozess und Philosophie des Helfens. Edgar H. Schein

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Prozess und Philosophie des Helfens - Edgar H. Schein

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Hilfe anzunehmen, welche psychologischen, sozialen und kulturellen Fallen sich in diesem Prozess verbergen und wie man sie vermeidet. Die oben angeführten Beispiele zeigen, dass Hilfe weit mehr umfasst als die professionelle Hilfe, die wir von Ärzten, Anwälten, Geistlichen und Sozialarbeitern erwarten. Worum also geht es und wie können wir dafür sorgen, dass Hilfe hilfreich ist?

       Die vielfältigen Bedeutungen des Helfens

      Helfen ist ein sehr allgemeiner Begriff; er reicht vom Ritter in schimmernder Rüstung, der die Jungfrau vor dem Drachen rettet, bis zum Consultant, der daran arbeitet, die Kultur einer Organisation so zu verändern, dass neue strategische Ziele erreicht und bessere Leistungen möglich werden. Aus der Klientenperspektive beschränkt sich Hilfe nicht nur auf das, was vereinbart wurde, sondern schließt auch das spontane und großzügige Verhalten von Menschen ein, die erkennen, wann Hilfe gebraucht wird, selbst wenn man nicht darum gebeten hat.

      Helfen spielt in zahlreichen Situationen im Leben eine Rolle (s. Abb. 1), es geschieht ständig, ob formell oder informell, und viele der in Abbildung 1 beschriebenen Rollen müssen wir in verschiedenen Situationen selbst übernehmen. Geht man noch einen Schritt weiter, lässt sich sagen, dass Helfen Bestandteil jeder Form von organisierter Arbeit ist, denn Organisation bedeutet ja gerade, dass man die Arbeit nicht allein tun kann. Bezahlte Hilfe beschränkt sich keineswegs auf Dienstboten und Pfleger, sondern umfasst alle Angestellten in einer Organisation, die Aufgaben erfüllen, die man selbst nicht erfüllen kann. Entsprechend ist auch pflichtbewusste Arbeit eine Form der Hilfe. Denken Sie an die Spannungen zwischen Abteilungsleitern und Mitarbeitern, wenn letztere ihre Aufgaben nicht gewissenhaft erledigen oder ersterer ihnen die dazu nötige Zeit oder Ressourcen nicht zur Verfügung stellt. Zwischen Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten gibt es so etwas wie einen psychologischen Vertrag über die Art der Hilfe, die sie von einander erwarten können.

      Die Komplexität dieses Konzepts zeigt sich auch in den vielen verschiedenen Begriffen, die für das Helfen benutzt werden (s. Abb. 2). Haben diese helfenden Prozesse etwas gemeinsam? Gibt es eine grundlegende gemeinsame Bedeutung, die Helfer wie Klienten verstehen müssen, um die Qualität der Hilfe zu verbessern, ob sie nun angeboten, gegeben, erbeten oder angenommen wird? Muss man die vielen Formen des Helfens – physische Assistenz, emotionale Unterstützung, Information, Diagnose, Rat und Empfehlung – exakt voneinander abgrenzen? Worin liegen die Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede?

       Formelle und informelle Hilfe

      Im Alltag versteht man unter Hilfe das Handeln einer Person, mit dem eine andere Person in die Lage versetzt wird, ein Problem zu lösen, etwas zu erreichen oder etwas leichter zu tun. Ob die Person, der geholfen wird, die Aufgabe auch allein bewältigt hätte oder nicht: Helfen impliziert, dass die Aufgabe in irgendeiner Weise erleichtert oder, im Extremfall, überhaupt getan wurde (etwa bei der Rettung eines Ertrinkenden). Helfen ist also die Basis für Kooperation, Kollaboration und Altruismus in all seinen Formen. Ich bezeichne diese Art der Hilfe als informell. Sie ist in allen Kulturen institutionalisiert und wird als selbstverständliche Grundlage einer zivilisierten Gesellschaft verstanden. Wahrscheinlich hat sie eine genetische Basis, weil helfendes Verhalten auch bei anderen Arten als dem Menschen nachgewiesen ist. Helfen gehört zu dem Bereich, den wir als Manieren, d.h. als Regeln zivilisierten Verhaltens und als ethisches und moralisches Handeln bezeichnen. Helfen ist eine ständige, alltägliche Routine. Und eine Bitte um oder ein Angebot zur Hilfe darf nicht ignoriert werden – man muss auf irgendeine Weise damit umgehen, denn sonst kommt es zu Rissen im sozialen Gefüge und zu peinlichen Situationen für alle Beteiligten.

      Die nächste Ebene der Hilfe könnte man als halbformell bezeichnen. Das betrifft die unterschiedlichen Fachleute für Hilfen im Haus, beim Auto, beim Computer, bei audiovisuellen Geräten u.Ä. Hier wird Hilfe benötigt, damit etwas funktioniert; man ist persönlich nicht besonders beteiligt und zahlt für den Service oder die Information. In diesem Bereich macht man besonders viele frustrierende Erfahrungen, ob als Kunde oder als Helfer, denn wir gehen davon aus, dass Geräte leicht zu bedienen sein sollten, und sträuben uns gegen neue Begrifflichkeiten und Abläufe, etwa beim Computer.

      Formelle Hilfe wird bei persönlichen, gesundheitlichen oder emotionalen Problemen gebraucht, bei denen medizinische, rechtliche oder geistige Unterstützung von Menschen benötigt wird, die dazu qualifiziert und approbiert sind. Wir gehen zu Ärzten, Anwälten, Priestern, Beratern, Sozialarbeitern, Psychologen und Psychiatern, um individuelle Unterstützung zu finden. Führungskräfte in Unternehmen und Organisationen lassen sich bei Leitungs- oder Leistungsproblemen beraten. Diese Hilfe ist ein professioneller und formeller Prozess, bei dem Verträge, Terminpläne und der Austausch von Geld oder anderen Wertgegenständen gegen Dienstleistungen eine Rolle spielen. Die meisten Untersuchungen über den Bereich des Helfens beschäftigen sich mit dieser formellen Ebene, obwohl informelle oder halbformelle Hilfen sehr viel häufiger sind und ihr Scheitern schwerwiegendere Folgen hat.

      Wir werden untersuchen, ob sich diese formelle Hilfe von der alltäglichen informellen und halbformellen Hilfe unterscheidet. Was macht ausgebildete und approbierte Helfer erfolgreicher bzw. erfolgloser und was können wir von ihnen lernen, um Fertigkeiten in weniger formellen Settings zu verbessern? Genauso wichtig ist die Frage, was die professionellen Helfer von einer genaueren Untersuchung der Dynamik informeller oder halbformeller Hilfe lernen können.

      Ein Fremder zeigt dem Touristen den Weg

      Ein Vater erledigt die Hausaufgaben seines Kindes

      Ein Ehemann berät seine Frau bei der Wahl eines Kleides für die Party

      Eine Krankenschwester hilft dem Patienten, die Bettpfanne zu benutzen

      Ein Freund ergänzt das Wort, das einem auf der Zunge liegt

      Ein Gast bietet an, den Tisch abzuräumen und das Geschirr zu spülen

      Ein Lehrer erklärt dem Schüler einen Begriff

      Ein Computerexperte begleitet jemanden Schritt für Schritt bei der Lösung eines Problems

      Ein Mitarbeiter beim Notruf oder bei der Telefonseelsorge berät einen Menschen in Not

      Ein Kind zeigt einem Freund oder seinen Eltern, wie man das neue Telefon benutzt oder ein Videospiel spielt

      Ein Berater hilft seinem Klienten, seine Fertigkeiten zu verbessern

      Eine Operationsschwester reicht dem Chirurgen das richtige Skalpell im rechten Moment

      Ein Footballspieler macht dem Läufer den Weg frei

      Ein Coach berät einen Manager beim Umgang mit Untergebenen

      Ein Schauspieler gibt beim Improvisationstheater seinem Partner das Stichwort für den Lacher

      Ein Mitarbeiter der Arbeitsagentur hilft einem Arbeitslosen, einen neuen Job/einen neuen Beruf zu finden

      Ein Fließbandarbeiter fertigt seine Teile so rechtzeitig, dass das

      Fließband weiterlaufen kann

      Ein Pfleger versorgt einen Kranken

      Ein

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