Gestaltpädagogik im transnationalen Studium. Группа авторов

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Gestaltpädagogik im transnationalen Studium - Группа авторов EHP-Edition Humanistische Psychologie

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betrachte es deshalb als eine forschungsmethodisch bedeutsame Perspektivenerweiterung, sich selbst als Forscher, Erkenntnissubjekt, Autor von Texten oder Vortragende ein Stück weit transparent und damit die eigene Beziehung zum „Gegenstand“ miterkennbar zu machen. Hierfür allerdings müssen die für wissenschaftliche Zusammenhänge geeigneten Formen erst entwickelt werden. Und damit bin ich eigentlich schon mitten in der Darstellung der erkenntnistheoretischen Implikationen der Sicht der Humanistischen Psychologen auf den Menschen als ein Teil der Natur, als Bestandteil des Organismus-Umwelt-Feldes, in seiner interdependenten Kontextualität oder wie die spezifische Begrifflichkeit in einzelnen Ansätzen der Humanistischen Psychologie auch immer geprägt sein mag.

      2. Humanistische Psychologie – eine kurze Rekapitulation

      Die Humanistische Psychologie ist in den frühen 60er Jahren in den USA als Sammelbewegung von Ansätzen an die Öffentlichkeit getreten, denen das naturwissenschaftliche Forschungsparadigma zur Erkenntnis des Menschen nicht angemessen schien.

      Der damals vorfindlichen Polarisierung von Therapieformen in eine vielfach dogmatisch erstarrte Psychoanalyse einerseits und eine am Behaviorismus orientierte „lernpsychologische“ Forschung und Verhaltenstherapie andererseits wollten die Pioniere der Humanistischen Psychologie eine Alternative entgegensetzen. Diese Bewegung verstand sich aber nicht nur als Verbund undogmatischer neuer Therapieformen, sondern trat mit dem Anspruch auf, einen umfassenden Paradigmenwechsel innerhalb der Psychologie einzuleiten, indem diese als lebensgerechtere, menschengerechtere Wissenschaft vom Menschen neu zu begründen und zu entwickeln sei. Sie waren bemüht, eine solche in ersten Umrissen zu entwerfen und verständigten sich auf wertorientierte Grundpositionen mit dem Ziel, auf die menschlichen Lebensverhältnisse auf allen ihren Ebenen humanisierend einzuwirken. Fundamental war dabei die Ausrichtung an einem Menschenbild, das auf dem Zusammenhang von Leib, Seele und Geist besteht, das eine Bindung wissenschaftlichen Forschens über den Menschen an Sinn- und Wertkategorien im Dienste seiner Entfaltung fordert sowie eine Bindung des therapeutischen Handelns an die Respektierung seiner Würde und das ihm innewohnende Aktivitäts- und Entwicklungspotential.

      Begriffe wie „Selbstaktualisierungstendenz“ und „organismische Selbstregulierung“ verweisen dabei einerseits auf das Aufgreifen früher biokybernetischer bzw. systemtheoretischer Ansätze (Karl Bühler, Ludwig von Bertalanffy und Kurt Lewin waren wie Kurt Goldstein wichtige Bezugstheoretiker dieser Gruppe). Andererseits erfolgte mit der Einbeziehung der geistigen Dimension des Menschen ein bewusstes Anknüpfen an Geistesgeschichte und philosophische Traditionen; ja, die philosophische Reflexion wurde als notwendige metatheoretische Ebene für fachspezifische Forschung und Praxis eingefordert, nachdrücklich vor allem von Charlotte Bühler. Insbesondere die existentialistischen Strömungen der Nachkriegszeit wurden aufgegriffen und gingen in sehr verschiedener Weise direkt (man denke etwa an Frankls Logotherapie und Existenzanalyse oder an Bugentals und Binswangers Daseinsanalyse) oder indirekt in die verschiedenen klinischen Ansätze ein. Die Orientierung an der Erfahrung, die methodischen Bemühungen um Wege zu möglichst großer Offenheit des Wahrnehmens, Fühlens und Denkens, die Gestaltung der Beziehung zum anderen, speziell zum Klienten als eine nicht hierarchische Begegnung (statt zielorientierter Beeinflussung aus Distanz) - alles dies sind Elemente einer Rückbesinnung des Menschen auf den primären Modus der Teilhabe und Verbundenheit und dessen bewusste Reaktivierung, Kultivierung und Nutzung als Erkenntnisweg wie als Heilungsweg.

      Husserls und Merleau-Ponty’s Arbeiten zur Phänomenologie haben hierfür erkenntnistheoretische Grundlagen geschaffen.

      Insgesamt versteht sich die Bewegung der Humanistischen Psychologie jedoch vor allem als Aufbruch zu neuen Ufern. Das Hier und Jetzt, die lebendige Aktualität, der primäre Erfahrungsmodus wird programmatisch akzentuiert, während das Dort und Dann zunächst in den Hintergrund tritt.

      Das gefühlte Erleben wird gegenüber der reflexiven Distanznahme umfassend aufgewertet und ins Zentrum therapeutischer „Wiederbelebungen“ des unter Selbstentfremdung leidenden Menschen gestellt.

      Aus dem Manifest der Humanistischen Psychologie, das auf dem Gründungskongress im Jahre 1962 beschlossen wurde, gehen die programmatischen Intentionen dieser Gesamtbewegung (die mit Namen verbunden ist wie Charlotte Bühler, Ruth Cohn, Erich Fromm, Rollo May, Abraham Maslow, Fritz und Lore Perls, Carl Rogers) deutlich hervor.

      1. „Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die erlebende Person. Damit rückt das Erleben als das primäre Phänomen beim Studium des Menschen in den Mittelpunkt. Sowohl theoretische Erklärungen wie auch sichtbares Verhalten werden im Hinblick auf das Erleben selbst und auf seine Bedeutung für den Menschen als zweitrangig betrachtet.

      2. Der Akzent liegt auf spezifisch-menschlichen Eigenschaften wie der Fähigkeit zu wählen, der Kreativität, Wertsetzung und Selbstverwirklichung - im Gegensatz zu einer mechanistischen und reduktionistischen Auffassung des Menschen.

      3. Die Auswahl der Fragestellungen und der Forschungsmethoden erfolgt nach Maßgabe der Sinnhaftigkeit - im Gegensatz zur Betonung der Objektivität auf Kosten des Sinns.

      4. Ein zentrales Anliegen ist die Aufrechterhaltung von Wert und Würde des Menschen und das Interesse gilt der Entwicklung der jedem Menschen innewohnenden Kräfte und Fähigkeiten. In dieser Sicht nimmt der einzelne Mensch in der Entwicklung seines Selbst, in seiner Beziehung zu anderen Menschen und zu sozialen Gruppen eine zentrale Stellung ein.“2

      Es gehörte viel Mut dazu, sich als eine Gruppe von individualistischen Außenseitern öffentlich gegen den Mainstream der herrschenden Wissenschaftsauffassung in den Humanwissenschaften und gegen die dominanten psychotherapeutischen Schulen zu wenden. Es bedurfte ebenso sehr der Stärke, nicht in einen neuen Dogmatismus zu verfallen, sondern mit der Vielfalt von Ansätzen und Sichtweisen in den eigenen Reihen offen, dialogisch und kooperativ umzugehen, ohne auf Kritik untereinander zu verzichten.

      Die Uneinheitlichkeit des Ansatzes wird von dessen Kritikern nun wieder mit dem Vorwurf der mangelnden Klarheit und vor allem auch mangelnder Präzisierung und Operationalisierbarkeit seiner Begriffe sowie der Unschärfe seiner Grenzen zu außerwissenschaftlichen Erkenntniswegen verbunden.

      Anhänger der Humanistischen Psychologie betonen zumeist ihre Bahn brechenden Leistungen auf dem Feld der Psychotherapie. Bevor ich darauf unter pädagogisch-praxisbezogenem Aspekt zu sprechen komme, möchte ich aus wissenschaftsbezogener Perspektive den Beitrag der Humanistischen Psychologie zum Wandel der Selbstauffassung der Humanwissenschaften herausheben. Dieser Wandel geht dahin, dass Naturbild und Menschenbild wieder in einen einheitlichen Zusammenhang eingebettet werden. Die Humanistischen Psychologen haben sich somit als Katalysator für einen Wandel der Sicht auf den Menschen erwiesen, dessen Wirkung sich auch dort entfaltete, wo ein Rückbezug auf diese Richtung nicht explizit erfolgte. Man kann es aber auch andersherum sehen, dass sie ein spezifisches und sich prägnant artikulierendes Moment in einem disziplinenübergreifenden Wandlungsprozess darstellten, der etwa seit der Jahrhundertwende in Gang gekommen ist, sich aber nur in Schüben und Verwerfungen durchsetzen konnte. Als wichtige Momente dieses Wandels möchte ich folgende hervorheben:

      • Die Relativierung des forschenden wissenschaftlichen Zugangs zum Menschen als aspekthaft gegenüber der Vielfalt der Erfahrungsrealität des erlebenden Subjekts.

      • Die Einbeziehung des Forscher-Subjekts in den Forschungszusammenhang nicht als zu kontrollierende Variable, sondern als unhintergehbaren und unverzichtbaren Teil, der den Forschungsgegenstand beeinflusst und mitbestimmend dafür ist, was an ihm in Erscheinung treten kann. Transparenz und Selbstreflexivität werden zu zentralen Gütekriterien.

      • Die Betonung der Unentbehrlichkeit qualitativer Methoden zur Erforschung des Menschen sowie biographischer Zugänge zu seinem Verständnis. (Hier sind als Anstöße vor allem das Eintreten für die Einzelfallstudie sowie die Lebenslaufforschungen

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