Mehr Mut, Mensch!. Lorenz Wenger
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Mut.Fragen
Wovor haben Sie Angst? Was wünschen Sie sich anstelle dieses Gefühls der nagenden Angst? Welche Ängste haben Sie schon einmal von einer wegweisenden Entscheidung zurückgehalten?
Die Angst vor dem, was vermutlich nie eintrifft
Die Psychologie kennt mittlerweile hunderte von anerkannten Phobien. Doch ich möchte vorerst nicht näher auf pathologische, therapierbare Ängste eingehen, sondern vielmehr auf unliebsame Situationen, Zweifel, Unsicherheiten und ungute Gefühle, welche in unserem Alltag immer wieder entstehen können. Meist stellen diese ja auch kein Hindernis dar, wir kompensieren sie, gehen ihnen aus dem Weg (bewusst oder unbewusst) oder verdrängen sie. Wie oft haben wir Angst vor Situationen, vor Momenten, vor Begegnungen, vor Aufgaben, vor Begebenheiten, die noch gar nicht eingetroffen sind und nachdem sie eingetroffen sind, stellen wir fest, dass es niemals so schlimm wurde, wie wir uns das zuvor in unserem privaten Kopfkino ausmalten. Die erlebte Realität ist meist viel sanftmütiger und versöhnlicher, als wir uns sie vorher in unseren Gedanken vorgestellt haben. Negative Gedanken vernebeln oft unsere klaren Gedanken und den Genuss des Moments. Sie lenken uns ab und erlauben uns kaum, uns auf das zu fokussieren, was wir wirklich wollen und mutige Entscheidungen zu treffen. Angst frisst Mut auf! Dadurch führen unliebsamen Gedanken dazu, dass wir alles dafür tun, damit sie nicht zur Realität werden. Sie verstehen, worauf ich hinauswill! Durch unsere tief angsterfüllten Gedanken liegt der Fokus immer beim Nebel, statt auf unseren Idealen. Wenn Sie allerdings anfangen, nach dem Prinzip »Mehr Mut, Mensch« zu leben, kann es gelingen, angsterfüllte Gedanken im Keim ersticken zu lassen. Resultat: Sie treffen bessere und mutigere Entscheidungen.
Wir alle kennen das Gefühl, wenn auch aufgrund unterschiedlicher Situationen: erhöhter Puls, steigende Atemfrequenz, feuchte Hände, Schweiß auf der Stirn, zugeschnürter Hals, erweiterte Pupillen, Beklemmung. Wir haben Angst, vor Publikum zu sprechen, vor dem Flug, vor Spinnen, vor Schlangen, vor engen Räumen, vor unserem nächsten Date oder auf dem Nachhauseweg im Dunkeln. In akuten Angst- und Furchtsituationen steigt der Blutdruck, die Muskeln ziehen sich zusammen, wir schütten Stresshormone aus, und das autonome System im Stammhirn fährt das Programm Angriff, Flucht oder Totstellen. Am Anfang dieser gesamten Kettenreaktion stand jedoch ein kleiner, mandelförmiger Kern im limbischen System unseres Gehirns, die Amygdala.
Zügeln Sie Ihre Amygdala
Der amerikanische Neurowissenschaftler Joseph LeDoux von der New York University hat das Thema Angst zu seiner Hauptthematik gemacht. Zeit seines Lebens, genauer gesagt seit über 30 Jahren, erforscht er die Gehirnregionen, die an Angst und Furcht beteiligt sind. Eine wesentliche Rolle im Angstzentrum des limbischen Systems hat die Amygdala. Aufgrund ihrer anatomischen Form wird sie auch Mandelkern genannt. LeDoux hat die Mechanismen unseres Angstzentrums im Hirn als einen »Schaltkreis der Angst« beschrieben. Die Amygdala ist das emotionale Bewertungszentrum im Kopf und organisiert – ganz automatisch und wie von Geisterhand – unser Angst-Programm. Ob es uns gefällt oder nicht. LeDoux bewies: Signale und Reize, die Furcht auslösen, werden direkt von der Amygdala verarbeitet und führen sofort zu Schreck-Reaktionen des Körpers. Erst mit Verzögerung wird der für das Bewusstsein zuständige Teil im Gehirn – der Neocortex – eingeschaltet, um sich mit der Situation oder dem Objekt zu beschäftigen und dieses genauer zu bewerten. Wurde bei Versuchstieren die Amygdala entfernt, zeigten sich diese furchtlos und nahmen es bedenkenlos mit Objekten auf, die lebensgefährlich waren, wie zum Beispiel mit einer Giftschlange.
Die Amygdala erweist uns also eindeutig gute Dienste. Sie bewertet Objekte, deren potenzielle Gefahr und schlägt Alarm, noch bevor unser Verstand einsetzt. Sie ist unserem Bewusstsein jeweils einen halben Schritt voraus! Allerdings kann uns dieser Mandelkern in unserem Emotionszentrum auch ordentliche Streiche spielen, überreagieren und Fehlalarme auslösen. Das merken wir zum Beispiel dann, wenn wir wegen eines spinnenähnlichen Schattens am Boden schreckhaft zusammenzucken. Zügeln Sie also Ihre Amygdala so gut dies möglich ist und begeben Sie sich nicht permanent in potenzielle Gefahrensituationen! Halten Sie stattdessen Ausschau nach Situationen, die Ihnen guttun, fokussieren Sie auf Menschen, die Sie in Ihrem Handeln und Tun bestärken und denken Sie in Chancen und Möglichkeiten, statt in Gefahren und Bedrohungen. Das ist einfacher gesagt als getan, das ist mir bewusst.
Mut.Fragen
Welche Ängste gibt es in Ihrem Unternehmen? Wie sicher fühlen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz? Wie motiviert und engagiert sind Sie und Ihre Mitarbeitenden?
Unsicherheit statt Freude am Arbeitsplatz
Digitaler Wandel, künstliche Intelligenz, Robotik, VUKA-Welt, Blockchain und Disruption sind nur einige Schlagwörter, welchen wir täglich in den Wirtschaftsmedien begegnen. Ganze Branchen verschwinden, neue Berufe entstehen, und 60% bis 70% aller Berufe, welche die Kinder der Millennials – die Generation Alpha (zwischen 2010 und 2025 Geborene) – einmal ausüben werden, gibt es noch gar nicht. Wie gehen wir alle mit diesem schnellen Wirtschafts-Wandel um? Wie setzen Unternehmen den Mut zum Wandel frei und wie reagieren Mitarbeitende darauf? Welche Rolle spielt dabei die Mut-Mentalität jedes Einzelnen von uns? In vielen Unternehmen herrscht große Unsicherheit oder sogar Angst. Nach der Reorganisation bedeutet vor der Reorganisation, und immer wieder müssen sich Führungskräfte erneuten Bewerbungsrunden, Assessments und neuen Organisationsstrukturen stellen. Was gestern noch mit Organigrammen organisiert wurde, geschieht heute projektbasiert, holokratisch, agil und in Sprints.
In meiner Arbeit mit Unternehmen, Organisationen sowie mit Fach- und Führungskräften stelle ich immer wieder fest, dass in der Businesswelt Ängste alltäglich, wenn auch oft diffus sind. Man spricht nicht darüber oder gesteht sich selbst nicht ein, Angst zu haben. Dabei muss es sich nicht immer um die nackte Angst im Nacken handeln. Es können unliebsame Gedanken innerhalb des Teams sein, aber auch bedrückende Situationen mit dem Chef, fehlende Identifikation mit strategischen Entscheidungen oder eine schleichend auftauchende Unzufriedenheit. Oder die einfache Angst, eine klare Entscheidung für sich selbst und seine persönliche Karriere zu treffen. Dazu gesellt sich oft die allgemeine Unsicherheit gegenüber der wirtschaftlichen Zukunft und um den eigenen Arbeitsplatz. Ein gedanklicher Nährboden, der kumuliert zu diffusen, aber nicht minder bedrückenden Ängsten führen kann.
Patienten sterben, Flugzeuge stürzen ab, Finanzinstitute erleiden Imageverluste, Dieselskandale werden jahrelang vertuscht, weil Mitarbeitende Angst haben, sich einzubringen, ihre Stimme zu erheben, ihre Meinung zu äußern oder Bedenken anzubringen. Zu groß scheint das Risiko, sich zu exponieren, sich dabei lächerlich zu machen, abgekanzelt, ignoriert, gedemütigt oder beschuldigt zu werden. Die Angst vor Gesichtsverlust und Aberkennung ist meist so groß, dass viele Mitarbeitende lieber klein beigeben, schweigen und Dienst nach Vorschrift verrichten. Den meisten Führungskräften ist