Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle. Sonja Müller

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Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle - Sonja Müller narr studienbücher

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jeden Kollegen schätzt der Hans. e. Fast jeder Kollege schätzt den Hans. f. Leider hat keiner dem alten Mann geholfen. g. Fast überall spielen Jungen gern Fußball. (Frey 2006: 236)

      In (3a) steht das TopikTopik im Vorfeld, in (3b) wird die Vorfeldkonstituente kontrastivKontrastfokus fokussiert und in (3c) ist die Position in der ersten Äußerung durch eine w-Phrase besetzt und in der zweiten durch den InformationsfokusInformationsfokus der Antwort. In (3d) kann fast jeden Kollegen kein Topik sein, weil die quantifizierte Phrase nicht referiert. Sie macht auch nicht den Fokus der Äußerung aus. Im Vergleich mit (3e) wirkt der Satz in Isolation markiert. Die Sätze unterscheiden sich darin, dass in (3e) ein Subjekt eines transitiven Verbs im Vorfeld steht, in (3d) ein Objekt. Mit einem passenden Kontext (vgl. (4)) verliert der Satz aus (3d) seine Markiertheit.

(4) Hans fühlt sich wohl an seinem neuen Arbeitsplatz.
Fast jeden Kollegen schätzt der berühmte Linguist. (Frey 2006: 237)

      In (3f) und (g) stehen schließlich AdverbialeAdverbial im Vorfeld. Diese Exemplare eignen sich nicht als Topik, müssen hier aber auch nicht den Fokus ausmachen. Die beiden Sätze sind als unmarkiert einzustufen.

      

Freys Interesse ist, herauszufinden, wie das Vorfeld besetzt werden kann. Das heißt, was kann die Bewegung in die SpecCP-Position auslösen? Und warum führen manche Besetzungen zu Markiertheit? Wie aus den Daten in (3) ersichtlich wird, eignen sich nicht alle Konstituenten gleich gut für die Voranstellung ins Vorfeld.

      2.1.1 Formale Bewegung

      Der Vergleich von (3d) und (3e) hat gezeigt, dass ein Satz, in dem das Objekt eines transitiven Verbs im Vorfeld steht, markiert ist, während ein Satz, in dem ein Subjekt im Vorfeld steht, in diesem Fall unmarkiert ist. Es gibt allerdings auch Sätze, in denen ein Objekt im Vorfeld steht, die Sätze aber unmarkiert zu bewerten sind.

(5) a. Dem Karl hat das Spiel gut gefallen.
b. Einem Mitbewohner wurde die Geldbörse entwendet. (Frey 2006: 238)

      In (5) liegt in (a) das Objekt eines Psychverbs (das einen psychologischen Zustand/Prozess bezeichnet) und in (b) eines passivischen Verbs vor. Aus dem Kontrast zwischen (3d) und (5) lässt sich schließen, dass die Art des Objekts Einfluss auf die Akzeptabilität der Struktur hat.

      In (3f) und (3g), die völlig unmarkiert einzustufen sind, ist das Vorfeld jeweils durch ein Adverbial besetzt, in (f) durch ein SatzadverbialSatzadverbial (das hier die Einstellung des Bedauerns des Sprechers zur Proposition kodiert), in (g) durch ein rahmensetzendes AdverbialRahmensetzer (das die ganze Proposition lokal verankert). Stehen andere Typen von Adverbialen im Vorfeld (vgl. (6)), sind die Sätze hingegen markiert.

(6) a. Im Görlitzer Park hat Eva den Grill aufgebaut.
b. Mit der Axt hat Otto den Baum gefällt. (Frey 2006: 238)

      Im Görlitzer Park ist ein ereignisbezogenes lokales AdverbialEreignisbezogenes lokales Adverbial, mit der Axt ein instrumentales AdverbialInstrumentales Adverbial. Beide Adverbiale modifizieren die vom Verb ausgedrückte Handlung (zu Typen von Adverbialen vgl. z.B. Pittner 1999).

      Die entscheidende Frage ist, was der Unterschied zwischen den Strukturen ist, die je nach im Vorfeld positioniertem Objekt bzw. Adverbial markiert bzw. unmarkiert bewertet werden. (7) und (8) zeigen erneut die unmarkierten Strukturen, (9) und (10) die markierten.

(7) a. Fast jeder Kollege schätzt den Hans.
b. Leider hat keiner dem alten Mann geholfen.
c. Fast überall spielen Jungen gern Fußball.
(8) a. Dem Karl hat das Spiel gut gefallen.
b. Einem Mitbewohner wurde die Geldbörse entwendet.
(9) Fast jeden Kollegen schätzt der Hans.
(10) a. Im Görlitzer Park hat Eva den Grill aufgebaut.
b. Mit der Axt hat Otto den Baum gefällt.

      Freys Antwort auf diese Frage ist, dass in den Fällen, in denen die Positionierung im Vorfeld zu einer unmarkierten Struktur führt, die Basisposition der vorangestellten Elemente die höchste Mittelfeldposition ist. Diese Annahme lässt sich überprüfen, indem man die unmarkierte Wortstellung im Mittelfeld bestimmt. Die Beispiele in (11) bis (13) weisen nach, dass die Objekte von Psychverben und passivischen Verben sowie das Subjekt unter Auftreten eines transitiven Verbs unmarkiert im linken Mittelfeld stehen. Dies sind genau die Konstituenten, die in den obigen Beispielen (vgl. (7) und (8)) problemlos vorangestellt werden können.

(11) a. dass [dem Karl] [das Spiel] gut gefallen hat
b. #dass [das Spiel] [dem Karl] gut gefallen hat
(12) a. dass [einem Mitbewohner] [die Geldbörse] entwendet wurde
b. #dass [die Geldbörse] [einem Mitbewohner] entwendet wurde
(13) a. dass [fast jeder Kollege] [den Hans] schätzt
b. #dass [den Hans] [fast jeder Kollege] schätzt

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