Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle. Sonja Müller

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Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle - Sonja Müller narr studienbücher

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in diesem Abschnitt bisher angenommen, dass das Topik die Einheit ist, über die ein Satz eine Aussage macht. Genau genommen haben wir damit bisher das SatztopikSatztopik (ST) charakterisiert. Es ist aber auch möglich, über das zu reden, wovon ein Textabschnitt oder der größere Diskurs handelt. Der Bereich, über den man redet, wird somit vergrößert. In diesem Fall spricht man von einem DiskurstopikDiskurstopik (DT). In (93) z.B. ist das ST in den Sätzen jeweils ein anderes. Im ersten Satz ist es Paula, im zweiten Satz Paulas Gemüsesuppe und im dritten Satz die ganze Familie. Das DT ist hingegen dasselbe, etwa Paulas Kochkünste.

(93) Paula ist eine tolle Köchin. Ihre Gemüsesuppe ist eine Delikatesse. Die ganze Familie lässt sich gerne bekochen.

      Die Bestimmung des DTs lässt in der Regel etwas mehr Spielraum als die Festlegung des STs.

      

Wir haben in diesem Abschnitt mit der Fokus-HintergrundFokus-Hintergrund-Gliederung- und der Topik-Kommentar-GliederungTopik-Kommentar-Gliederung zwei informationsstrukturelle DomänenInformationsstrukturelle Dimension kennengelernt. Die Funktionen des Fokus, die wir in Abschnitt 1.2.1 ausgemacht haben, wie die Antwort auf eine Frage zu geben, eine Aussage zu bestätigen oder zu korrigieren bzw. Dinge zu kontrastieren, kann man als pragmatischePragmatik Funktionen auffassen, denn sie dienen der gelungenen Kommunikation im Diskurs. Die Fokussierung dieser Elemente nimmt keinen Einfluss auf die WahrheitsbedingungenWahrheitsbedingung der Sätze. Fokussiert ein Sprecher eine andere Phrase, gibt er beispielsweise immer noch eine Antwort auf die Frage (die dann ggf. unpassend ist). Letzteres ändert aber nichts an der prinzipiellen Fokusfunktion in diesem Kontext. Wie wir zu Beginn dieses Abschnitts zur Informationsstruktur gesehen haben, liegt das Augenmerk der InformationsstrukturInformationsstruktur nicht auf dem ausgedrückten, sondern auf dem vermittelten Inhalt. Es geht um die Verwendung von Äußerungen im Zuge der Diskursorganisation. Korrigieren, bestätigen, informieren etc. sind hier bestimmte Operationen im Verlauf einer Konversation. Im gleichen Sinne leistet auch die Topik-Kommentar-GliederungTopik-Kommentar-Gliederung einen Beitrag zur Diskursorganisation, indem sie eine Äußerung in den Satzgegenstand und die Aussage über diesen unterteilt. Aus der Perspektive, dass alle angeführten Mittel dem Zweck dienen, die Verwendung von Äußerungen im Diskurs anzuzeigen oder zu beeinflussen, fällt die Informationsstruktur in den Teilbereich der linguistischen PragmatikPragmatik, der sich mit der Verwendung von Äußerungen im Kontext beschäftigt. Diese Zuordnung ergibt sich ebenfalls aus dem Blickwinkel, dass die Informationsstruktur keinen Beitrag zu den Wahrheitsbedingungen eines Satzes leistet (s.o.) und in diesem Sinne nicht an der wörtlichen Bedeutung von Sätzen teilhat. Pragmatische Phänomene vereint gerade, dass die Natur ihrer Bedeutung nicht-wörtlich ist bzw. über die wörtliche Bedeutung hinausgeht.

       Aufgaben

      1. Wie lässt sich die Markiertheit von (i) im Vergleich zu (ii) erklären?

(i) #Ein Zauberer war einst sehr weise, reich und mit einer wunderschönen Hexe verheiratet.
(ii) Es war einst ein Zauberer, der sehr weise und reich war.
(nach Lambrecht 1994: 178/180)

      2. Erläutern Sie den Unterschied zwischen (iii) und (iv) hinsichtlich der Topik-Kommentar-Gliederung. Überlegen Sie dazu, in welchen Kontexten die beiden Sätze geäußert werden könnten. Das heißt, welche Art von Frage könnte jeweils vorweg gehen?

(iii) Mein BAUCH tut weh.
(iv) Mein Bauch tut WEH. (nach Lambrecht 1994: 137)

      3. Bestimmen Sie die Fokusdomänen der folgenden Sätze. Was fällt auf hinsichtlich möglicher Fokusprojektionen?

(v) Der Verband hat die BUNdestrainerin entlassen.
(vi) Der VerBAND hat die Bundestrainerin entlassen.
(vii) Der Verband hat die Bundestrainerin nach dem TurNIER entlassen.

      

Wie wir gesehen haben, beschäftigt sich die Informationsstruktur mit der Gliederung von Sätzen, die dem Zweck dient, auf Verhältnisse in der Kommunikationssituation aufmerksam zu machen bzw. zu reagieren. Ein angrenzender Untersuchungsbereich im Rahmen des größeren Themas der Diskursorganisation ist, in welchem Verhältnis Äußerungen im Diskurs zueinander stehen, d.h. letztlich, wie ein Diskurs durch einzelne Äußerungen strukturiert wird. Da dieses Feld bei der Diskussion mancher Phänomene in den Kapiteln 2 bis 7 ebenfalls eine Rolle spielen wird, wollen wir auch zu diesem Themenbereich abschließend einige Aspekte einführen.

      1.2.3 Diskursrelationen

      Vergleicht man die Texte in (94) bis (96) hat man als Leser vermutlich eine Präferenz für den dritten Text.

(94) Der Fischotter ist fast im ganzen Europa vom Polarkreis bis nach Spanien verbreitet. Im Winter taucht der Fischotter unter dem Eis und kann sich so mit Nahrung versorgen. Der Fischotter wird ca. 90 cm lang und bis zu 10 kg schwer. Bevor er unter Naturschutz kam, wurde der Fischotter exzessiv gejagt. Sein extrem dichtes braunes Fell schützt den Fischotter auch im Winter vor Kälte. Der Fischotter gehört zur Familie der Marder. Seine Nahrung besteht zu 90 % aus Fisch, den er schwimmend jagt.
(95) Der Fischotter ist fast im ganzen Europa vom Polarkreis bis nach Spanien verbreitet. Trotzdem steht er unter Naturschutz, weil er früher viel gejagt wurde. Die Jagd war eine wichtige Beschäftigung des Adels und des gemeinen Volkes. Insbesondere die Adeligen legten Wert auf eine prachtvolle Jagdausrüstung. Ebenso prachtvoll mussten auch die Kleidung und die Wohnungen sein.
(96) Der Fischotter ist fast im ganzen Europa vom Polarkreis bis nach Spanien verbreitet. Er gehört zur Familie der Marder. Der Fischotter wird ca. 90 cm lang und bis zu 10 kg schwer. Seine Nahrung besteht zu 90 % aus Fisch, den er schwimmend jagt. Dank seines extrem dichten braunen Fells kann der Fischotter lange im Wasser bleiben, ohne zu frieren. Das Fell schützt ihn auch im Winter vor Kälte, so dass er unter dem Eis tauchen und sich so auch im Winter mit Nahrung versorgen kann.
(Averintseva-Klisch 2013: 15f.)

      Bewertet man die Texte dahingehend, ob ein Oberthema, mit anderen Worten ein DiskurstopikDiskurstopik (DT), auszumachen ist und ob ein Zusammenhang zwischen benachbarten Sätzen besteht, so ergibt sich, dass in Text 1 ein DT bestimmt werden kann (etwa „Die Eigenschaften des Fischotters“), die Inhalte der einzelnen Sätze aber nur in loser Verbindung zueinander stehen (wenngleich sie natürlich Informationen zum Fischotter anführen). In Text 2 bestehen deutliche Verbindungen zwischen den Sätzen, die durch KonnektorenKonnektor wie trotzdem und weil kodiert werden. Es fällt aber schwerer, ein übergeordnetes Thema zu bestimmen. Die Thematik wechselt vom Fischotter zur Jagd und zum Adel. Für Text 3 lässt sich schließlich gut ein DT formulieren,

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