Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle. Sonja Müller

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Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle - Sonja Müller narr studienbücher

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Einheiten als Topik geeignet sind. Eine Voraussetzung für den Topikstatus ist plausiblerweise, dass der Ausdruck referieren kann (vgl. Reinhart 1981: 65ff., Frey 2004a: 174), d.h. sich auf eine außersprachliche Entität beziehen kann, über die eine Aussage gemacht wird. Angenommen, die LinksversetzungLinksversetzung (LV) zeichnet die Konstituente am linken Satzrand als Topik aus, kann diese Struktur als Testboden dienen. Einheiten, die sich schlecht als Topik eignen, sollten nicht gut auftreten können. Dies scheint tatsächlich der Fall zu sein: Während eine definite NPDefinite Nominalphrase (vgl. (85a)) gut in einer LV stehen kann, gilt dies nicht gleichermaßen für die quantifizierten PhrasenQuantifizierte Nominalphrase in (85b) bis (85d), die Aussagen über Mengen machen und hier nicht eindeutig die Einheiten identifizieren, auf die die Aussage zutreffen soll.

(85) a. Der Student aus Bielefeld, der hat die Klausur bestanden.
b. ??Irgendjemand, der hat die Klausur bestanden.
c. *Keiner, der hat die Klausur bestanden.
d. *Mehr als drei Studenten, die haben die Klausur bestanden.

      Dies bedeutet allerdings nicht, dass quantifizierte Phrasen generell keine Topiks bilden können. Die Sätze in (86) sind wesentlich akzeptabler als die Beispiele in (85b) bis (d).

(86) a. ?Drei Studenten, die sind durchgefallen.
b. ?Alle Studenten, die möchten den Kurs bestehen.

      Dies ist darauf zurückzuführen, dass in (86) die Mengen klarer identifiziert werden können und somit über diese bzw. ihre Mitglieder etwas ausgesagt werden kann.

      Wenngleich Topiks typischerweise über (NP-)Argumente realisiert werden, können auch adverbiale Bestimmungen diese Rolle übernehmen. In (87a) realisiert eine PP, die die Funktion eines lokalen AdverbialsLokales Adverbial hat, das Topik, in (87b) ein temporales AdverbialTemporales Adverbial in Form eines Adverbs.

(87) a. Im Zug, da träume ich vor mich hin.
b. Morgen, da fahren wir nach Pfullingen.

      Die Ausdrücke im Zug und morgen referieren ohne Zweifel auf einen Ort bzw. einen Zeitpunkt. Wenn den Ausdrücken derartige referenzielle Kraft nicht zuzuschreiben ist, eignen sie sich auch nicht als Topik. Dies gilt z.B. für das Adverbial der Art und WeiseAdverbial der Art und Weise in (88a) sowie das unspezifische lokale Adverbial in (88b).

(88) a. *Schön, so hat Stefan Klavier gespielt.
b. ??Irgendwo, da habe ich einen Pfau gesehen.

      Auch SatzadverbialeSatzadverbial wie leider oder wahrscheinlich, die eine Bewertung des ausgedrückten Sachverhalts durch den Sprecher vornehmen – die aber allein aus syntaktischen Gründen nicht in LVen vorkommen können, weil es keine geeigneten Pronomen für ihren Aufgriff gibt – bieten sich nicht als Topiks an. In (89) handelt es sich nicht um Aussagen über leider oder wahrscheinlich.

(89) a. Leider wird der FC absteigen.
b. Wahrscheinlich komme ich am Dienstag zur Probe.

      Das Topik eines Satzes ist unserer Definition nach die Einheit, über die der Satz eine Aussage macht (Aboutness TopikAboutness Topik). Topiks können sich aber auf die folgende Weise weiter voneinander unterscheiden:

(90) 1758 hat [Topik Carl von Linné, der ernstzunehmende Systematiker,] [Kommentar die nahe Verwandtschaft von Menschen, Affen und Menschenaffen offiziell anerkannt]. [Topik Er] [Kommentar fasste alle drei zur Ordnung der Primaten (Herrentiere) zusammen und hob damit ihre hohe Stellung im Tierreich hervor].
(Musan 2010: 28)

      

In (90) z.B. bleibt das Topik (Carl von Linné) in beiden Sätzen beibehalten. Nur der Kommentar ändert sich. In der Literatur wird ein solches Topik als Continued TopikContinued Topik bezeichnet.

      In (91) hingegen sind ganz verschiedene Referenten Topik, die in diesem Abschnitt immer wieder wechseln. Man spricht von Switch TopiksSwitch Topik oder Shifting TopiksShifting Topik.

(91) Dann schliefen [Topik1 sie] ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit acht weißen Pferden bespannt, [Topik2 die] hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. [Topik3 Der treue Heinrich] hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, daß er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. [Topik4 Der Wagen] aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; [Topik5=Topik3 der treue Heinrich] hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung.
(Märchen der Brüder Grimm, Der Froschkönig)
(Breindl 2011: 37)

      In (92) wiederum tritt ein sogenanntes KontrasttopikKontrasttopik auf.

      

Das Kontrasttopik vereint in gewissem Sinne die Kategorien Topik und Fokus: Das TopikTopik ist beteiligt, da es den Rahmen vorgibt, innerhalb dessen die folgende Information verankert werden soll (die Nachbarn). FokusFokus ist beteiligt, weil aus diesem komplexen Topik jeweils Möglichkeiten ausgewählt werden, die in diesem Beispiel als Alternativen auch schon vorerwähnt sind.

      Die IntonationIntonation ist ein entscheidender Faktor bei diesem Typ von Topik. Man sieht in (92), dass der Tonhöhenverlauf steigt, konstant bleibt und wieder fällt. Man spricht aufgrund dieser Form von der HutHutkontur- oder BrückenkonturBrückenkonturHutkontur.

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