Rizin. Lothar Beutin

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Rizin - Lothar Beutin страница 17

Автор:
Серия:
Издательство:
Rizin - Lothar Beutin

Скачать книгу

einem Angestellten im schwarzen Anzug.

      „Thank you very much, Professor Griebsch.” Kannte der Mann ihn, oder hatte er nur seinen Namen gelesen? Mit einem Gefühl der Erleichterung ging Griebsch in den Hörsaal. Dort befanden sich schon einige Teilnehmer, standen und diskutierten, andere saßen auf ihren Stühlen und blätterten in den Unterlagen. Es blieben noch ein paar Minuten bis zum offiziellen Beginn. Horst Griebsch schaute sich in dem großen Saal um, durch die geöffnete Flügeltür strömten noch mehr Delegierte herein, aber Griebsch kannte keines der Gesichter und niemand schien seins zu kennen. Bevor es dafür zu spät war, setzte er sich in eine strategisch günstige Position. Ein Platz am Gang, in der dritten Stuhlreihe vor der Tribüne, die mit Tischen und einem Stehpult bestückt war. Im Hintergrund hing eine große Leinwand als Projektionsfläche für die Vorträge, jetzt war dort aber nur der Titel der Konferenz zu lesen. The bioterrorist threat as a challenge to the modern society, organized by the OECD section A/3547.

      Mit einer Bewegung, die wichtig wirken sollte, öffnete Griebsch seine Tasche und zog das Kongressprogramm heraus. Tagungsbeginn war um 8:30 mit der Begrüßungsrede des Vorsitzenden der OECD-Sektion. Danach sollte der Bürgermeister von Kyoto Willkommensworte sprechen und anschließend war die Einführungsrede des Vorsitzenden des wissenschaftlichen Komitees vorgesehen. Inzwischen war der Saal schon mehr als zur Hälfte besetzt, fast hundert Teilnehmer aus achtundvierzig Staaten standen auf der Liste, die Griebsch in der Hand hielt. Er überflog die Namen und war zufrieden, nachdem er sich dort gefunden hatte. Dann kreuzte er die Namen der Teilnehmer an, die er für wichtig hielt und mit denen er Kontakt aufnehmen wollte. Wieder kämpfte er gegen die hochkriechende Müdigkeit, als er die lange Rede des Bürgermeisters von Kyoto über sich ergehen ließ. Griebsch verstand nicht ein Wort davon, denn er hatte vergessen, am Eingang Kopfhörer für die Simultanübersetzung mitzunehmen. Schließlich wechselte die Sprache wieder zu Englisch, als der Vorsitzende O’Reilly, ein knorriger Schotte mit gerötetem Gesicht und wirren Haaren, seine Einführungsrede hielt. Griebsch lehnte sich erwartungsvoll in seinen Stuhl zurück und hörte zu.

      Zum Schluss seiner Ausführungen kündigte O’Reilly den Plenarvortrag an. Bei Griebsch stieg die Spannung. Die berühmte Sarah Deborah Ferguson aus Fort Detrick, Maryland, USA, betrat mit hochhackigen Schuhen die Tribüne und begann mit ihren Ausführungen zum Thema: Future aspects of the war on bioterrorism. Diese Frau musste er kennenlernen, das hatte er sich fest vorgenommen, sie war der Schlüssel zu den Kreisen, in die Griebsch gerne gelangen wollte. „Wenn ich diesen Kontakt in der Tasche habe, kann Hellman einpacken“, murmelte er vor sich hin.

      Zudem sah Sarah attraktiv aus, Griebsch starrte für einen Moment zu lange auf ihre Bluse. Dr. Ferguson war eine zierliche, gut proportionierte Amerikanerin, mit langen blonden Locken und selbstsicherem Auftreten. In ihrem Vortrag machte sie allen Teilnehmern klar, welche Nation die führende Rolle im Kampf gegen den Bioterrorismus spielte. Sie lud die Vertreter aller Staaten ein, sich hinter den amerikanischen Vorschlägen zu positionieren. Griebsch nahm sich vor, Sarah kurz vor dem Lunch anzusprechen. Vielleicht ergab es sich, dass sie dann beim Mittagessen beisammensaßen. Nachdem Miss Ferguson einige Fragen aus dem Auditorium unter viel Applaus beantwortet hatte, gab sie das Rednerpult für den nächsten Vortragenden frei. Chris William Smith, aus dem Londoner Botulinum Centre, referierte zu Botulinumtoxinen. Griebsch mochte diesen distanziert auftretenden Engländer nicht, musste aber neidisch eingestehen, das Botulinum Centre war personell und apparativ viel besser ausgestattet, als seine AG-Toxine und brachte offenbar auch mehr zustande.

      In London war man schon dabei, Impfstoffe gegen Botulinumtoxin zu entwickeln und Griebsch machte sich dazu schnell einige Notizen: „Bislang haben wir uns da weitgehend rausgehalten. Es könnte hierbei wichtig sein, den impact von BoNT Impfstoffen auch für unsere Belange mit zu verfolgen.“ Das wollte er nach seiner Rückkehr im Gespräch mit Krantz vorbringen. Die Formulierung klang gut und es interessierte ihn nicht mehr, wie die Engländer das mit den Impfstoffen zustande brachten, aber dem Schneider würde er ein paar Takte dazu erzählen. So transusig durfte es in der AG-Toxine nicht mehr weitergehen.

      Da er Smiths Vortrag nicht mehr folgen konnte, machte er sich weitere Notizen, die Schneider betrafen. „Mir war bisher an einer weitgehend von allen Beteiligten akzeptierten und nachvollziehbaren Lösung gelegen, daher habe ich nicht einfach über die Köpfe hinweg entschieden, aber das wird Konsequenzen haben.“ Nachdem er diesen Satz zu Papier gebracht hatte, nickte er zufrieden. Aus Beatrix konnte er noch mehr herausholen, bisher hatte sie ja mitgespielt. Der Vortrag des Engländers war an ihm vorbeigerauscht, aber das spielte keine Rolle. Er war schließlich der Abteilungsleiter! Beatrix Nagel und der Schneider mussten das machen!

      Der dritte Redner war ein Japaner namens Shomatsu aus einem Institut in Osaka. Griebsch kannte weder den Mann noch das Institut. Dazu hatte er Mühe, Shomatsus Englisch zu verstehen. Es ging um giftige Naturstoffe, die als potenzielle neue Biowaffen infrage kamen. Öfter glaubte Griebsch etwas wie Soy Soss, zu verstehen. Meinte der Soja Soße? Aber was machte das schon! Seine Gedanken schweiften zum IEI. Schneider würde er kaltstellen, am besten nur noch mit ungeliebten Verwaltungsaufgaben beschäftigen. Im Geist entwarf er das Schreiben an Krantz: „Wir haben in der Leitungsrunde bei der Zuordnung von verantwortlichen Aufgaben mit Allgemeinwirkung sorgsam abgewogen und sind bezüglich der Gefahrstoff Klassen Einstufung und der Gefahrstofftransport Registrierung zu der Erkenntnis gelangt, dass nur ein Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung und großem Überblick bei unseren vielfältigen Tätigkeiten die Aufgabe dieses Beauftragten übernehmen sollte. Hierzu benennen wir Herrn Dr. Schneider aus der AG-Toxine, der mir seine große Bereitschaft zur Übernahme erklärt hat!“ Bei dem Gedanken gluckste Griebsch vor sich hin, woraufhin ihn sein Sitznachbar erstaunt ansah. Schneider würde müssen, ob er wollte oder nicht. Als er aus seinem Tagtraum erwachte, redete der Japaner immer noch. Griebsch döste den Rest der dreißig Minuten vor sich hin, die Müdigkeit machte ihm wieder zu schaffen.

      In der Kaffeepause nach den ersten drei Vorträgen schlenderte er ziellos durch die Grüppchen der diskutierenden Teilnehmer. Er peilte Sarah Ferguson an, die aber von einer Schar Teilnehmer umringt war. Griebsch erkannte den Engländer Smith, mit dem sie diskutierte, das hielt ihn davon ab, sich dazu zu gesellen. Vor seinem eigenen gab es nur noch zwei Vorträge. Bei dem Gedanken wurde er aufgeregter, seine Blase meldete sich und er ging auf die Toilette. Als er zurückkam, ertönte die Klingel als Zeichen für die Anwesenden sich wieder auf ihre Plätze zu begeben. Griebsch hatte seinen Platz mit seiner Tasche belegt. Er wollte diesen Gangplatz halten, um, sobald er an der Reihe war, schnell und ungehindert auf die Tribüne gehen zu können. Aber noch war es nicht soweit. Der nächste Vortrag kam von Pierre Duval vom Institut Pasteur in Paris. Griebsch kannte das Institut, aber nicht Duval. Duvals Arbeitsgruppe war schon sehr weit bei der gentechnischen Bearbeitung von bioterroristisch relevanten Bakterien wie Botulinum, Staphyloccoccus, Burgholderia und Anthracis. Sein Englisch hatte eine starke französische Färbung, die für Griebsch merkwürdig klingenden Laute gaben ihm Zuversicht. Er hatte sich Sorgen gemacht, wie sein Englisch auf die Zuhörer wirken würde. Aber im Vergleich mit Duval würde man ihn besser verstehen.

      Einiges was Duval erzählte, klang interessant. Als sein Vortrag zu Ende war, traute Griebsch sich nicht, eine Frage zu stellen, aus Angst sich zu blamieren. Schließlich trat der Vorsitzende O’Reilly an das Pult und gab bekannt, dass der für den nächsten Vortrag vorgesehene Kollege Leibowitz aus Tel Aviv umständehalber nicht anreisen konnte. Als Ersatzredner wurde Ishiiro Yamaguchi von Saikan Industries aus Kobe angekündigt. Saikan war eine Firma, die sich mit der Entwicklung von Schnelldiagnostika gegen Toxine aller Art befasste. Noch ein Japaner. Von dem Ersten war Griebsch nur noch die Sojasoße in Erinnerung geblieben.

      Yamaguchi war in erster Linie Manager und stellte in seinem Vortrag die Produkte von Saikan in den Vordergrund. Griebsch konnte seinen Ausführungen gut folgen. Je mehr er Yamaguchi reden hörte, desto mehr wunderte er sich, was die Japaner schon alles in den Handel gebracht hatten. Er machte sich eine Notiz, am Stand der Firma Saikan vorbeizugehen und dort Informationsmaterial mitzunehmen. Vielleicht konnte er damit bei Krantz punkten.

Скачать книгу