Trilogie der reinen Unvernunft Bd.1. Harald Hartmann

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Trilogie der reinen Unvernunft Bd.1 - Harald Hartmann

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eigenen Nase mitten ins Gesicht gepflanzt worden war.

      Denn kaum hatte ich mittels meiner Nase mit dem Riechen begonnen, traf mich der Blitz wie ein Donner. Meine Nase teilte mir nämlich mit, dass sie allein in dieser schwierigen Situation mir nicht den Wahlsieg bringen könnte. Was ich unbedingt dazu noch brauchte war ein Beratervertrag, mindestens einer. Ohne Beratervertrag würde alles nichts werden. Ein Beratervertrag war das A und O des kleinen Einmaleins, wenn der Weg weiter und weiter ging und auch gehen sollte. Beraterverträge rangierten in der Beliebtheitsskala ganz oben, gleich hinter dem eigenen Kleinwagen. Und das Wichtigste war: Beraterverträge machten sexy. Darauf reagierte das Wahlvolk traditionell besonders ahnungslos. Das war meine Chance, die ich mit meinen schopfartigen Haaren herbeizog, als wäre sie eine lichtsüchtige Motte. Ich besorgte mir gleich ein Dutzend dieser Wunderdinger. Natürlich achtete ich auf Qualität. Ich nahm nur gut gefälschte. Das Wahlvolk merkte nichts. Sie hatten alle keine Ahnung.

      Jetzt hatte ich endlich die Muße, mich meinem Lieblingsprojekt für einen erfolgreichen Wahlsieg zuzuwenden. Ich machte mich daran, das Paradies abzureißen. Dabei hätte ich natürlich gut jede Hilfe gebrauchen können. Doch keiner eilte herbei, um mir zu helfen. Das überraschte mich allerdings nicht. Es ging schließlich um die Zukunft aller. Da wollte am liebsten keiner dabei sein. Doch ich tröstete mich. Als künftiger Ministerpräsident würde ich es leichter haben. Grob ausgebildete Mitarbeiter würden nicht lange fackeln und das Paradies in Stücke hauen. Ich freute mich schon darauf. Mein Flötenspiel würde diese Aktion melodisch untermalen. Deshalb verschob ich das Projekt spontan bis nach der Wahl, wenn mir das gesamte Personal zur Verfügung stand. Bis dahin verwies ich das Paradies in eine erfahrene Behelfsunterkunft. Um alles wasserdicht zu machen, verpackte ich es noch in eine Plastiktüte und einigte mich mit ihm auf eine vorteilhafte Einigung für mich. Alle vererbten Ansprüche aller Paradiesliebhaber wurden bis auf weiteres gestrichen und mir gutgeschrieben. Das war natürlich eine viel bessere Regelung als vorher und verschaffte mir ein Schlaraffenland der unglaublichsten, mir allein nun zustehenden Ansprüche. Ich griff aber nicht zu, wie sie es von mir wohl erwarteten, weil sie es von allen anderen auch erwartet hätten, sondern ich enttäuschte sie geschickt und setzte mich hin.

      Ein Sessel kam nämlich just vorbei gegangen. Ich bot ihm mein Gesäß. Er akzeptierte. Mein Weg ging wieder weiter. Es war ein weiter Weg. Gemeinsam unternahmen wir eine bequeme und harmonische Reise, bis wir die Ruinen der Macht erreichten. Sie waren ein beliebtes Ausflugsziel mit vielen attraktiven Illusionen für das Wahlvolk. Hier verließ ich den Sessel, weil er noch weiter, viel weiter wollte und zahlte vor laufenden Kameras für meine Passage bar auf seine Sitzfläche. Natürlich privat. Wähler waren ein heikles Volk.

      Mitten auf dem Ruinenfeld wurde ich hinterhältig überfallen von einer dieser widernatürlichen Eingebungen, die an Orten wie diesen gerne herum lungerten. Ich war sehr froh darüber. Es gab sie also noch. Genau so etwas hatte ich nämlich gesucht. Ich hatte schon befürchtet, sie wären alle von den edlen Rittern der anständig dekorierten Tafelrunde gejagt und ausgerottet worden. Aber nein! Die widernatürlichen Eingebungen waren noch da und gaben mir den unmissverständlichen Befehl, ein Eiscafé aufzumachen. Genau hier. Einen besseren Platz gab es gar nicht. Außerdem existierten im Verhältnis viel zu wenige Eiscafés in der Ruinenbranche, ganz gleich, ob es sich um die Ruinen der Macht oder der Ohnmacht handelte.

      Ich eröffnete sofort. Die Lichtgeschwindigkeit wurde blass vor Schreck. Ein Feuerwehrmann gratulierte mir zu dieser Tat. Ich dankte. Wir nahmen Platz und bestellten ein Eis. Die Bedienung war sehr alt, aber sie lebte noch. Sie passte ganz hervorragend in dieses Ambiente. Ihre Verpflichtung war ein wahrer Glücksgriff für mich gewesen. Aufreizend langsam tanzte sie herbei und sang in schrillem Ton: „Ausverkauft!“

      Das machte mich augenblicklich mehr als zufrieden. Kaum eröffnet, schon ausverkauft. So ging Business! Wenn das Wahlvolk die außerordentliche Qualität meiner unternehmerischen Potenz erkennen würde, hatte ich erstklassige Chancen, den Posten des Ministerpräsidenten erneut einnehmen zu können, vielleicht sogar für immer.

      Der Feuerwehrmann und ich verließen daraufhin das gastliche Etablissement. Zum Glück wartete der Rolls Royce schon vor der Tür. Wer einen Rolls Royce hatte, musste nicht auf den Bus warten, um seinen Weg fortzusetzen. Das wusste jeder Besitzer eines Rolls Royce, aber auch seine Kinder, seine Frau und seine Angestellten. Auf Vorschlag des Feuerwehrmanns fuhren wir zum Kino, um uns visuell zu amüsieren. Das war eine sehr gute Idee, denn es brannte gerade ab. Es war nicht nur viel zu sehen sondern auch noch klar und deutlich, weil das Feuer alles hell erleuchtete. Zudem war es auch noch kuschelig warm, was einen weiteren Pluspunkt für einen Unterhaltungsbetrieb darstellte. Wir amüsierten uns. Zum Glück hatte der Feuerwehrmann heute frei und war beruflich nicht gezwungen, etwas Normales zu unternehmen. Das Feuer hatte auf diese Weise jedenfalls großes Glück gehabt.

      Ich beobachtete erst den Feuerwehrmann, dann das Feuer. Da ging mir ein Gedicht durch den Kopf. Zuerst von rechts nach links, dann umgekehrt. Ich dachte an die vielen Leute, denen es genauso ging. So vieles ging von hier nach da. Das Lied dazu hieß: Trallala und hatte ebenso viele Strophen. Wir sangen es gemeinsam, bis das Feuer aus war. Dann ließ ich mich nach Hause fahren.

      9

      Kaum war ich dort angekommen, stattete mir der immer noch herum vagabundierende Fluss, den ich längst vergessen hatte, um in meinem Kopf Platz zu schaffen für die unaufhaltsam in mich eindringende Gegenwart, einen überraschenden Besuch ab. Als Gastgeschenk brachte er eine Flaschenpost mit. Schon wieder eine, also immer dasselbe oder möglicherweise auch das Gleiche. In der letzten Flaschenpost hatte auf dem Zettel gestanden:

      Sucht mich nicht! Es geht mir gut! Ich will nicht zurück!

      Doch dieses Mal hatte ich mich getäuscht. Es war keine Flaschenpost. Heraus kam ein Flaschengeist. In letzter Zeit hatten sie sich stark vermehrt. Sie waren zu einer regelrechten Plage geworden. Ich wünschte ihn gleich wieder zurück in die Flasche und verschloss sie schnell mit etwas Privatem, über das ich als Wahlkämpfer lieber schweigen wollte, und zwar so lange bis ich ein interessantes, finanzielles Angebot für das Nicht-Schweigen erhielt.

      Lange stand ich da und wartete auf etwas, das ich ebenso längst vergessen hatte wie diesen herum vagabundieren Fluss. Weil ich es aber vergessen hatte und nicht wusste, worauf ich wartete, konnte es sein, dass das, was ich da erblickte, das war, worauf ich schon so lange wartete. Nicht einen einsamen Vagabunden wie den Fluss erblickte ich, sondern zwei davon, was der Einsamkeit natürlich die komplette Geschäftsgrundlage raubte, die in flussunähnlicher, also fester Form daherkamen, aber sonst keine erkennbaren Unterschiede zu diesem aufwiesen. Ich sah einen dicken und ein dünnen Mann vagabundierend des Weges kommen und begann, mir eine unausgegorene Vermutung zu züchten, die ich geschwind zu einem blubbernd gärenden Gedanken fortentwickelte. Vielleicht, so war der reifende Gedanke, hatten sie ja einen gut dotierten Vertrag mit einem interessanten finanziellen Angebot für mein Nicht-Schweigen dabei, etwa unter einem Hut oder hinter ihrem Lächeln. Es hätte mich wahrlich nicht gewundert, weil ich immer auf alle Eventualitäten gefasst war. Verdächtig war aber, dass sie mich so freundlich grüßten. Das machte mich misstrauisch meinem gärenden Gedanken gegenüber. Ich stellte ihnen eine Frage, die kein Mensch beantworten konnte. Sie kannten die Antwort. Volltreffer! Damit hatten sie sich verraten. Außerirdische waren oft nicht sehr intelligent. Was machten sie bloß hier? Ein finanzielles Angebot hatten sie natürlich nicht dabei, das war klar. Ich machte es wieder wie vorher, erst vermuten, dann denken. Vielleicht hatte das Okapi sie geschickt, um mich auszuspähen. Es konnte aber auch der Riesenkalmar sein. Er kandidierte ja ebenfalls für den Posten des Ministerpräsidenten, wie inzwischen bekannt geworden war. Die Welt war hart. Wer nicht aufpasste, war verloren. Schnelles Handeln war jetzt gefragt.

      Ich fragte sofort bei meinem Friseur nach. Gegen die Härte der Welt empfahl er mir den Abschluss einer Sockenschutzversicherung, doch die war sehr teuer, gerade dienstags, wie immer dienstags. Für mich gab es aber keine Alternative. Alles musste jetzt auf

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