"I"- Achtung Spyware!. Til Erwig
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Vor dem Garten, draußen auf der Straße, wird ein altes Auto ordnungsgemäß neben Schnurres VW-Bus eingeparkt. Ein weiterer Auswärtsbesuch ist eingetroffen, allerdings ohne Einladung. ´Bleifuß` Giacomo und ´Seifenhändchen` Carlito konnten dank ihrer „italienischen Beziehungen“ zur deutschen Polizei das Kennzeichen des VW-Bus mit der Werbeaufschrift ´Schnurres Modelädchen` ausfindig machen. Beide unterhalten sich in ihrer Muttersprache, zum besseren Verständnis hier aber gleich in deutscher Übersetzung. „Was hab ich dir gesagt, Amico?!“ zischt Giacomo seinem Kumpan zu und stellt Scheibenwischer und Motor ab, denn es regnet nach wie vor heftig. Carlito ist nicht der Schnellste im Kopf, wie wir schon vom Spielsalon wissen und fragt deshalb naiv „Was hast du mir gesagt?“„Ich habe dir gesagt, was mir unser Freund von der Polizei gesagt hat!“ Giacomo ist nervös und zugleich schon wieder genervt davon, dass sein Partner nie, aber auch wirklich niemals geistig auf gleicher Höhe ist wie er selbst. Weil er, der große Giacomo, italienisch selbstverständlich davon überzeugt ist ständig auf der Höhe der Zeit zu sein. Deshalb ist er ganz erstaunt, dass ihm Carlito in aller Ruhe und ohne jede südländische Aufgeregtheit antwortet. „Dass wir hier richtig sind: bei Schnurres Modelädchen“. „Molto bene, amico. Nur ein intelligenter Mafioso ist ein guter Mafioso.“ „Sagst du!“ „Sagt Don Brandolo!“ Sie nicken sich ernst und wichtig zu und verlassen das Auto. Leider regnet es immer noch, was Carlito veranlasst einen schlimmen Fluch auszustoßen, den man nicht so einfach wieder geben kann. Ins Deutsche übersetzt würde es ungefähr heißen
„So eine Scheiße, wir sind angepisst!“„Pssst! Idiota!“ stößt ihn Giacomo an und sieht wieder einmal bestätigt, dass Carlito niemals auf gleicher Höhe mit ihm sein wird, mit einem echten Rennfahrer und Sieger bei zahlreichen Straßenrennen. Da muss man schnell sein im kühlen Kopf, reagieren in null Komma nix Bruchteilen von Sekunden. Ein Kunstschütze, der immer trifft weil er daneben schießt, hat deshalb nicht das Zeug zu einem echten Mafioso. Eine Frage von höchster italienischer Qualität. Da nützt die beste und längste Ausbildungszeit nichts. Ein Einbruch oder Überfall auf ein deutsches Häuschen, das zur Tatzeit leer steht, weil im Garten Party gemacht wird, gehört schließlich zu den leichteren Übungen. Selbst wenn die geplante Geiselnahme erschwerend hinzukommt. Aber die Deutschen kommen in diesem Fall hilfreich entgegen. So dumm, und dabei muss Giacomo grinsen, so dumm können auch nur die Germanen sein, bei Regen im Garten zu feiern. Ein Glück aber für Carlito stupido, denn exakt diesem Umstand hat er es zu verdanken, sich heute als perfekter Anwärter beweisen zu können. Vom Auszubildenden bis hin zu einem echten, weltweit anerkannten Mafioso ist dann allerdings noch ein weiter Weg. Und ohne Giacomo, dem besten Mann von Don Brandolo, dem Paten in dieser Stadt, geht gar nichts.„Attenzione!“ flüstert Giacomo drohend und sieht zu, wie Carlito ungeschickt versucht den brüchigen, dringend einer Reparatur bedürftigen Zaun vom Schnurre Grundstück zu übersteigen. Aus der Sicht der beiden Mafiosi prasselt das Lagerfeuer erneut auf, Bernhard hat neues Holz hineingeworfen. Der Regen lässt die Flammen aber sogleich wieder kleiner werden. Onkel Henry macht dennoch jede Menge Fotos vom Feuer, von „I“, von der Familie Schnurre. Die hocken nach wie vor gemütlich unter den Schirmen und essen mit Freude und Appetit. Giacomo und Carlito läuft bei diesem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Triefend nass inzwischen, verständigen sie sich „hochprofessionell“ durch Handzeichen und schleichen in gebückter Indianer Haltung um das Haus herum. Mick hat inzwischen sein Banjo geholt. Der Experte für Country-Musik spielt recht und schlecht und mit kaum erkennbarer Melodie den Yankee-Doodle, zur Ehre für den japanischen Amerikaner, wie er behauptet. Die stolzen Eltern applaudieren, worauf Mick das Banjo an „I“ weitergibt, die mit einem „Dida dadadadidadaaa“ die wenigen Griffe abspeichert und schnell nachspielt. Das weckt den Ehrgeiz von Bernhard, er geht um sein original amerikanisches Banjo zu holen. Henry wird zunehmend fröhlicher und lauter, so sehr gefällt ihm Deutschland und das deutsche Bier.
„Country Music very good! Das muss ich Rosl erzählen!“ Ein bisschen neidisch kann man bei so viel Freude am deutschen Familienleben schon werden. Das würde Amelie natürlich nie zugeben, will sich aber eine Bemerkung nicht verkneifen. „Ich kann ja mein Klavier runterholen!“ sagt sie und beginnt gleich darauf zu lachen. Ein Scherz überbrückt jeden Anfall von Frust. Bloß nicht darüber nachdenken. Auch ist Bernhard jetzt zurück, mit seinem Banjo, und spielt ebenfalls den Yankee Doodle. „I“ antwortet zur Überraschung aller auf Micks Banjo. Es hört sich gut an. Bernhard spielt schneller, auch „I“ legt an Tempo zu. Es entwickelt sich eine Art „Dueling Banjos“, wie in ´Deliverance`, einem US-Film, den Monika und Bernhard vor Jahren in einer nächtlichen Retrospektive im Kino gesehen hatten. Damals, verdammt waren wir jung damals, denkt Bernhard während er sein Instrument bearbeitet, damals jedenfalls entwickelte sich eine Riesendiskussion mit Freunden, wie weit denn ein Kinofilm gehen kann. Es war eine üble Sexszene, mit allem Drum und Dran, die gezeigt wurde. Der arme Ned Beatty, eigentlich der Spaßvogel in der vier Männer Gruppe, die, um der Großstadt zu entfliehen eine abenteuerliche Flussfahrt unternommen hatten, wird mitten im Wald von einem Holzfäller vergewaltigt und seine gefesselten Freunde müssen die Sauerei hilflos mit ansehen. Wie gern wäre Bernhard der Held gewesen, damals, er hätte Monika noch mehr imponiert und die Holzfällerbande einfach umgelegt. Auge um Auge – Zahn um Zahn! Im Film hätte das eigentlich Burt Reynolds erledigen müssen, ein Großmaul und angeblicher Experte für Abenteuer, mit seinem irren Jagdbogen, den ein normaler Mensch nicht spannen konnte. Aber der war irgendwie gehandicapt, wodurch eigentlich? So richtig kann sich Bernhard nicht mehr daran erinnern. Jedenfalls war das ganz offensichtlich ein Fehler im Drehbuch, so wie sie die Dinge damals sahen, und der nette Ned Beatty, der überhaupt nicht schwul war, musste es büßen. Und Monika hatte einen Grund weniger um ihren Bernie zu bewundern. Sie war übrigens ganz anderer Meinung als die Mehrheit der Freunde, fällt ihm jetzt ein, wahrscheinlich weil ein paar vererbte Gene ihrer hippen ´Mammelie` rebellierten, was zu einem ersten größeren Streit führte, den sie allerdings noch in der gleichen Nacht auf der Couch im elterlichen Wohnzimmer kompromissvoll beendeten. In der Erinnerung zupft er noch ein paar schräge Akkorde aus seinem Banjo. Bernhard hat Spaß und ist endlich mal locker.„Okay, okay! Klasse, gefällt mir!“ „I love it too!“ sagt Henry, der Amerikaner, und fährt fort in dem er „I“ applaudiert.
„Du sein gut für international friendship. Care for a gift?“ Und Monika übersetzt für „I“, wenngleich sie nicht wissen kann, ob die Puppe vielleicht Fremdsprachen beherrscht. „ Ein Geschenk will er dir machen?“ „Geschenk ?“
echot „I“ und Henry steht lächelnd auf und winkt ihr ihm zu folgen. „I“ tut es, Monikas Frage kann sie sowieso nicht beantworten „Was habt ihr vor?“ Das macht dann Bernhard, durch Banjo Spiel und seine Gedanken dazu friedlich und freundlich gestimmt. „Wart‘ s doch ab, Schatz!“ „Überraschung!“ schreit Mick und Amelie fügt hinzu. „Surprise!“ Jetzt kommt Bernhard wieder mit seiner alten Ironie Nummer „Nicht zu fassen, wie so ein Auswärtsbesuch auf einmal motiviert Fremdsprachen zu lernen“. „Solltest du auch mal versuchen, Papa“,
kontert