Waisenjunge. Harald Skrobek

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Waisenjunge - Harald Skrobek

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starb durch eine verirrte Sprenggranate, die vor ihm einschlug und detonierte, gerade als er sein Pferd besteigen wollte. Er war auf der Stelle tot.

      *

      Peter und Dave gewöhnten sich eine Woche aneinander, was erstaunlich gut funktionierte. Sie stellten fest, dass sie ähnlich dachten, beide ein hervorragendes Gedächtnis besaßen und beide gern lachten. Sie nutzten die Zeit, um Dave eine Trapper-Ausrüstung für das Überleben in Schnee und Kälte anzuschaffen: Filzstiefel, warmes Unterzeug, wattierte Hosen, wattierte Jacke, Fellmütze, Fellhandschuhe, Schneeschuhe, Schneebrille. Decken und Regenumhang besaß Dave bereits. Außerdem musste der Proviant ergänzt werden. Sie kauften unter anderem Mehl, Bohnen, Zwieback, Räucherspeck und Äpfel ein. Hinzu kamen Sauerkraut und Zwiebeln gegen Skorbut. Draht, verschiedene Schnüre, Nägel, Nähzeug, Seife und so weiter hatte Peter schon vorher besorgt.

      „Spielst Du zufällig ein Musikinstrument?“ Überrascht blickte Dave bei dieser Frage auf. „Die Tage, wenn man vor lauter Schnee und Sturm nicht aus der Hütte kann, können ganz schön lang werden. Und immer Karten spielen wird auf Dauer auch langweilig. Da bringt das gemeinsame Musizieren eine willkommene Abwechslung.“

      Dave musste an seine Flöte denken, die er bei seinem überstürzten Aufbruch auf der Savannah leider vergessen hatte. „Ich kann Flöte spielen, die ist mir aber abhandengekommen.“

      Sie fahndeten vergeblich nach einer brauchbaren Flöte und kauften stattdessen eine Mundharmonika und ein Banjo. Außerdem beschaffte sich Dave nach langem Suchen noch drei leere Tagebücher und Zeichenblocks sowie Bleistifte und Zeichenkohle.

      In der letzten Oktoberwoche brachen sie auf. Peters Kanu war geräumig. Dave staunte, wieviel man darauf unterbringen konnte. „Warte erst auf unsere Rückfahrt, wenn wir die Felle geladen haben,“ lachte Peter. Sie musste zunächst den Rio Grande dann den Jemez flussaufwärts paddeln. Dave hatte noch nie in einem Kanu gesessen. Peter erklärte ihm erst theoretisch, dann praktisch wie man paddelt. Nach einer Stunde klappte es schon ganz gut. Im Herbst führten die Flüsse nicht so viel Wasser, trotzdem mussten sie sich streckenweise ganz schön ins Zeug legen, um gegen die Strömung anzukommen. „Auf dem Rückweg geht es dafür umso leichter,“ bemerkte Peter trocken.

      Die unberührten Bergwälder, die sich hier im regenreichen Westen der Rocky Mountains-Ausläufer vor Urzeiten ausgebreitet hatten, nahmen sie auf. Das Wetter war seit Wochen trocken. Tagsüber schien die Sonne, aber nachts sanken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt. Die Bäume waren noch bis weit in den Nachmittag in Raureif eingehüllt.

      Die Hütte lag oberhalb der Stromschnellen des Jemez auf einer versteckten Lichtung, an deren Rand eine muntere Quelle sprudelte. Nordwestlich erhob sich der Peak Redondo. Das hiesige Waldgebiet war reich an Bächen und Flüsschen, ein Eldorado für Biber, Nutrias und Fischottern.

      Im kleinen Ort Jemez Springs war ihre Reise zu Ende. Peter steuerte eine halbverfallene Hütte am Ufer an. Deren Eigner half ihnen beim Anlegen und begrüßte Peter herzlich. Froh ein bekanntes Gesicht zu sehen, verwickelte er diesen in ein längeres Gespräch, wie es ihm ergangen sei, was sein Husten mache, warum er einen neuen Partner habe, ob dieser Partner sein Sohn sei und derlei Dinge. Sie entluden das Kanu und schleppten es zu einem höher gelegenen Unterstand.

      *

      Jeden Abend ihrer Reise führte Dave Tagebuch. Aus dem Gedächtnis zeichnete er eine Karte. Sie enthielt Skizzen zur Topographie der Landschaft, dazu Vermerke über deren Besonderheiten. Da er zwar immer wieder die Richtung, in die sie fuhren, mit Hilfe des Kompasses in etwa bestimmt hatte, aber ihre Geschwindigkeit, mit der sie vorangekommen waren, nicht kannte, sie also anhand von Landmarken schätzen musste, war die Karte nicht maßstäblich. Als er sie nach einigen Tagen dem neugierig gewordenen Peter zeigte, war dieser trotzdem von dem Werk beeindruckt. „Woher kannst Du das in Deinem jugendlichen Alter?“

      *

      Sie mussten zwei Mal den Weg bergauf machen, bis sie alles Gepäck bei der Hütte hatten. Diese Hütte stand inmitten dicht an dicht wachsender kniehoher Baumschösslinge. Offenbar hatte sich die Natur beeilt, den leeren Platz wieder in Besitz zu nehmen.

      Die Hütte maß etwa zweieinhalb Meter mal dreieinhalb Meter. Sie war erstaunlich solide gebaut. Für die Wände hatten die Erbauer etwa acht Zentimeter dicke Baumstämme nach Art der Palisadenzäune nebeneinander in die Erde gegraben und festgestampft. Die Fugen waren mit runden, vier/fünf Zentimeter messenden Stangen ausgefüllt. In gleicher Weise wie die Wände war das etwa 45 Grad geneigte Walmdach ausgeführt. Dessen Ritze hatte man mit Lehm verschmiert. Das Dach stand beidseitig etwa ein Meter über und glich einem Beet für Gräser, Farne und Moose. Im hinteren Teil des Firstes befand sich ein gegen das Hineinregnen abgesicherter Rauchabzug. Die seitlichen Wände ragten um die zwei Meter aus dem Boden. Alle Wände wiesen je zwei Schießscharten aus, die auch für die Frischluftzufuhr sorgten. Auf der nach Süden zeigenden Stirnwand gelangte man über eine verschließbare Luke ins Innere. Der Boden der Hütte bestand aus gestampftem Lehm, das so genannte Mobiliar aus zwei einfachen Bettgestellen, die beidseitig der Längswände standen, sowie einem Tischchen und zwei Stühlen. Auf dem Tischchen stand ein Öllämpchen, über der Feuerstelle ein eiserner Dreifuß, in den man wahlweise einen Topf oder eine Pfanne einhängen konnte. Dave schaute sich nach den Fallen und Werkzeugen um. „Die haben wir in einer nahen Höhle versteckt,“ klärte Peter ihn auf. Sie holten zunächst die Werkzeuge hervor. Dave schnappte sich ein Haumesser und begann den Platz vor der Hütte freizuhauen. Dann sammelte er trockenes Holz und entfachte ein Feuer. Peter hatte ihre Vorräte in die Hütte geräumt, den Dreifuß, das Tischchen und die Stühle nach draußen geschleppt und begann ein karges aber sättigendes Mahl zu bereiten.

      Es war Nachmittag. Die Sonne stand schräg am Himmel. Sie saßen gesättigt vor der Hütte und genossen die Ruhe und den Sonnenuntergang. Dave konnte sich an der schönen Landschaft nicht sattsehen.

      „Es war fast genau vor 20 Jahren,“ ergriff Peter, nachdem er einen seiner Hustenanfälle überwunden hatte, unvermittelt das Wort. Der vor sich hindösende Dave merkte, dass da noch mehr kommen würde, und wurde plötzlich hellwach.

      „Unsere Schauspieler-Truppe musste ich aus persönlichen Gründen verlassen. Ich fand mich in St. Louis wieder. Mit meinen 30 Jahren wusste ich nicht so recht wohin, als mich ein etwa gleichaltriger Trapper überredete, mit einer Gruppe von Jägern und Fallenstellern auf Pelztier-Fang zu gehen. Er borgte mir das Geld für meine Ausrüstung und los ging es mit Kanus den Missouri Fluss aufwärts. Das harte aber ungebundene, freie Leben gefielt mir, sagte mir zu.“

      Peter machte eine schöpferische Pause.

      „Wir verdienten eine Reihe von Jahren ganz gut, aber verschleuderten unser Geld meist für Whiskey und Kartenspielen. Dann aber kam es zu Konflikten mit den Indianern, denen es unter anderem nicht gefiel, dass wir mit ihren Weibern herummachten. Sie belagerten eine ganze Weile unser Fort. Die Vorräte gingen zur Neige, wir hatten keine Munition mehr. Zum Glück konnten wir mit ihnen freien Abzug aushandeln.“

      Peter musste wegen eines Hustenanfalls wieder eine Pause machen.

      „Wieder in St. Louis beschlossen wir, wie andere Pelzjäger auch, nach Westen zu gehen. Wir erstanden vier Ponys und machten uns auf den Weg. Das Jagen von Bisons war nicht unser Ding. Dazu fehlte uns zum einen die Treffsicherheit, zum anderen machte uns dieses stumpfsinnige Abschlachten wirklich keinen Spaß. Wir suchten ein flussreiches Gebiet, in dem wir unsere Fallen einsetzen konnten, und kamen schließlich nach Colorado. In Colorado City, das heute Denver heißt, erfuhren wir von Goldfunden. Keiner wusste aber etwas Genaues.

      Wir brachten das Goldsuchen immer mit unendlicher Plackerei in Verbindung, sei es beim Goldwaschen, sei es beim Arbeiten mit Spitzhacke und Schaufel, deshalb interessierten wir uns nicht besonders

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