DAS OPFER. Michael Stuhr
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„Jetzt warten Sie mal ...“, begann Larence, aber Diego unterbrach ihn sofort.
„Es geht noch weiter! – Niemand hat Alicia und mich auf dem Parkplatz gesehen. Es gibt keine Blutspuren an mir, keine an meiner Kleidung und keine an meinem Wagen. All ihre Untersuchungen haben nichts ergeben, außer ein paar schwarzen Haaren in meinem Bett, die nicht von mir sind.
„Und wo kommen die denn wohl her?“
„Ich denke, dass das so eine Art Liebeszauber sein sollte.“
„Eine interessante Sichtweise“, meinte Larence, aber Diego ließ ihn wieder nicht weiterreden.
„Ich habe es jetzt satt, mich Ihren Anschuldigungen zu stellen! Eine halbe Stunde gebe ich Ihnen Zeit, die Sache zu überdenken. Danach werde ich von meinem Recht Gebrauch machen, die hiesige Anwaltskanzlei unserer Reederei anzurufen. Soweit ich weiß, haben die auch Leute, die sich mit Strafrecht auskennen. Ich gehe jede Wette darauf ein, dass ich dann innerhalb einer Stunde wieder auf freiem Fuß bin – und Sie dürfen dann mal erleben, wie laut die wirklich großen Hunde bellen.“
„Einen Strafrechtler zu beauftragen ist sicher eine gute Idee.“ Diegos Ton passte Larence überhaupt nicht, das war ihm deutlich anzumerken, aber so schnell gab er nicht auf. „Merken Sie langsam, dass wir dabei sind, Ihnen auf die Spur zu kommen?“
„Keineswegs“, entgegnete Diego freundlich, „aber es interessiert mich doch sehr, ob das, was Sie hier mit mir veranstalten, nicht den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt. Falls ja, könnten wir die Anzeige doch gleich hier ausarbeiten.“
Larence war die Anspannung anzusehen. Die Sehnen an seinem Hals traten deutlich hervor. „Sie verdammter, arroganter ...“
„Schluss jetzt!“, fuhr Diego mit schneidender Stimme dazwischen. „Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie lassen mich innerhalb der nächsten halben Stunde freiwillig gehen, oder etwas später, dann aber mit einem Riesentheater drum herum. Sie haben die Wahl.“
Larence saß Diego mit zusammengekniffenen Lippen gegenüber und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Langsam schwand die Röte des Ärgers aus seinem Gesicht und wurde von der Blässe der blanken Wut abgelöst. „Schätze, Sie haben sich gerade einen Freund fürs Leben gemacht!“, stieß er schließlich rau hervor.
„Und ich schätze, dass die ersten drei Minuten vorbei sind“, gab Diego ungerührt zurück. „Verzaudern Sie es nicht unnötig. So eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist kein Spaß, wenn sie von einem fähigen Anwalt eingereicht wird. Ich will hier raus, und Sie werden mich freilassen, das wissen wir beide. Also bitte – Sie sind am Zug.“
Larence hielt den Blickkontakt noch einige Sekunden, und aus seinen Augen sprach der blanke Hass. Er war ein schlechter Verlierer, und man konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Das Fehlen von Beweisen war für ihn noch nie ein Grund gewesen, einen Verdächtigen vorschnell freizulassen, und er suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit, das Ruder doch noch herumzureißen.
Diego hielt seinem Blick stand, und schließlich knickte der Detective ein. Unwillig stapelte er die Blätter vor sich zu einem unordentlichen Haufen und stand auf. Ohne ein Wort zu sagen, öffnete er mit seinem Schlüssel die Tür und trat auf den Gang hinaus.
Die Tür hatte Larence offen gelassen, also erhob sich auch Diego und folgte dem Detective, der mit schnellen Schritten in Richtung Zellentrakt ging. Als er beim Büro des Wachhabenden ankam, hatte der gelangweilt wirkende Cop seine Sachen schon geholt.
Diego prüfte den Inhalt der Kassette und entnahm ihr sein Handy, den Gürtel und die Patek Philippe, die man ihm abgenommen hatte.
„Glauben Sie nur nicht, dass Sie aus der Sache schon raus sind“, hörte er Larence hinter sich sagen. „Ich werde Sie im Auge behalten!“
Diego konnte sich gerade noch eine wegwerfende Handbewegung über die Schulter verkneifen. – Warum unnötig provozieren? Stattdessen drehte er sich zu dem Detective um. „Suchen Sie lieber nach dem wirklichen Täter“, schlug er vor, was aber bei Larence nicht mehr als ein gepresstes „Hmpf“ hervorrief.
Diego wandte sich wieder dem Tresen zu, steckte das Handy ein, legte die Armbanduhr um und zog den Gürtel in die Schlaufen seiner Hose. Als er fertig war und sich umwandte, stellte er fest, dass er allein auf dem Flur stand. Larence hatte es vorgezogen, sich grußlos zu entfernen.
Diego hob kurz die Schultern, wünschte dem Wachhabenden noch einen schönen Tag und ging auf schnellstem Weg zum Ausgang der Polizeistation.
Es tat gut, die warmen Strahlen der Abendsonne zu spüren. Die ganze Sache hatte ihn doch mehr mitgenommen, als er gedacht hatte. Mit jeder Stunde seiner Gefangenschaft war es ihm schwerer gefallen, den Coolen zu spielen, aber jetzt war er frei, und das war das Einzige, was zählte.
Plötzlich stieg eine innere Unruhe in Diego auf. Ein kalter Schauer durchlief ihn, und er spürte, wie seine Hände anfingen, zu zittern. Schräg gegenüber gab es eine Grünanlage. Ein kleiner Park, in dem auch einige Bänke standen. Mit unsicheren Schritten ging Diego über die Straße und setzte sich genau auf die Bank, auf der gestern Lana und Lou gesessen hatten.
Jetzt erst kam die Reaktion, die er seit seiner Verhaftung die ganze Zeit lang unterdrückt hatte: Heiß pulste das Blut durch seine Adern und das Herz wummerte in seinem Brustkorb wie ein Vorschlaghammer. Noch nie in seinem Leben war er gefangen gewesen. Noch nie hatte man ihn dermaßen beschuldigt und gedemütigt, und jetzt, wo es endlich überstanden war, brach das alles über ihn herein.
Ein paar Minuten später ging es wieder einigermaßen. Diego griff in die Tasche seines Jacketts, holte das Handy heraus und aktivierte es. Insgesamt neunundzwanzig Missed Calls wurden angezeigt. Ganz oft von Lana, ein paar Mal von Lou und Hercule, und dann noch ein paar Neugierigkeitsanrufe von Studis, die gestern Morgen mitgekriegt hatten, dass er verhaftet worden war.
Die Versuchung sofort Lana anzurufen war groß, aber Diego hatte seine Cousine auf dem Flur vor den Vernehmungsräumen gesehen, also war Lous Nummer die erste, die er wählte.
„Alvarez“, meldete sich Lou.
„Hallo Lou! Diego hier.“
„Diego“, kam es erleichtert aus dem Hörer. „Haben sie dich jetzt erst freigelassen?“
„Nicht ganz freiwillig. Sagen wir lieber, dass ich mich freigekämpft habe. Ich bin nach wie vor der Hauptverdächtige. Du weißt ja worum es geht. Dich haben sie ja bestimmt auch wegen Alicia vernommen.“
„Lana und mich. Ja. Aber sie mussten uns gehen lassen.“
„Letzte Nacht konnte ich sie nicht erreichen, aber sie war heute Morgen bei dir, habe ich gehört.“
„Das kann ich mir schon vorstellen, dass man dir das brühwarm aufgetischt hat“, lachte Lou bitter auf. „Wer war es? Diese Auburn?“
„Nein, Larence!“
„Hör zu, Diego: Egal, was er dir erzählt hat: Ich habe sie nicht verführt.“
„Darum geht es doch gar nicht.“
„Mir geht es darum! Also