DAS OPFER. Michael Stuhr
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу DAS OPFER - Michael Stuhr страница 14
„Na, dann zeig mal, was du kannst!“ Neugierig beugt sie sich vor und schaut zu, wie ich die Teile zusammensetze.
Als ich fertig bin, sieht das, was ich in der Hand halte, schon aus wie ein Handy, aber ist es auch eins? Ich bin etwas nervös, als ich es einschalte. Ja! Das Display leuchtet auf und ich soll den PIN-Code eingeben. – Schon ganz gut, und nach wenigen Augenblicken wird sogar ein Netz angezeigt.
„Jaaa!“, jubelt Lou und wir geben uns Fünf.
„Ruf mich mal an“, fordert sie, und da ich ihre Nummer nicht habe, tippt sie sie selbst ein. Sekunden später klingelt ihr Handy und sie geht ran. „Ja?“
„Hi! Hier ist die Cellphone-Klinik. Ich wollte nur eine erfolgreiche Wiederbelebung melden.“
„Und wie geht es dem Patienten?“, will sie wissen.
„Ist schon wieder ziemlich gesprächig“, gebe ich Auskunft. „Müsste mal geputzt werden, aber sonst ist alles klar.“ Ich drücke die Verbindung weg und sehe im Rückspiegel den etwas genervt wirkenden Blick des Fahrers. – So bekloppte Fahrgäste hat er bestimmt auch nur selten.
Der Fotomodus lässt sich ebenfalls aktivieren, und ich mache schnell ein Bild von Lou, wie sie breit grinsend auf der Sitzbank hockt. – Scheint auch alles in Ordnung zu sein. Ein paar schnelle Tastendrücke und das Gerät wählt Diegos Nummer. Natürlich meldet sich nur die Mailbox.
„Hallo, Lana hier. Ruf mich doch bitte zurück.“ Ich drücke die Verbindung weg. Bestimmt sitzt er noch in einem dieser schrecklich grauen Verhörräume. Meine gute Laune fällt in sich zusammen wie ein Kartenhaus.
„Er kommt schon zurecht.“ Ich spüre Lous Hand auf meinem Unterarm und ihre tröstenden Worte tun mir gut. Wirklich helfen kann sie mir aber auch nicht. Ich will endlich mit Diego reden. Ich will ihn fragen, ob er mir wirklich mit seinem Geld den Weg nach Berkeley geebnet hat. Ich muss jetzt endlich wissen, ob er mich gekauft hat, um mich zu benutzen, oder ob das alles nur ein Irrtum, ein Missverständnis ist. Die Ungewissheit frisst mich auf, und die Wand vor der ich stehe ist höher als je zuvor.
Ganz offensichtlich ist der Taxifahrer froh, dass er uns los wird. Ich kann es ihm nicht verdenken. Leute, die ziemlich grundlos vergnügt vor sich hin gackern und im nächsten Moment mit allen Anzeichen der Depression den Kopf hängen lassen, sind mir auch unheimlich.
Wir gehen in Lous Haus, setzen uns auf die Terrasse und essen endlich ein paar von den kalten Pancakes, die eigentlich für das Frühstück gedacht waren. Mit frisch gebrühtem Kaffee und reichlich Ahornsirup kriegt man die ganz gut runter. So langsam melden sich meine Lebensgeister wieder.
Ganz unvermittelt steigt eine heiße Freude in mir hoch. Ich wollte, so lange ich denken kann, meiner Tante nacheifern, die als Archäologin fast so wie Lara Croft durch die Welt gezogen ist. Und nun bin ich hier - in Berkeley. Ich habe die Chance, mir meinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen. Das werde ich nie wieder vergessen! Egal wie das Stipendium zustande gekommen ist!
Bald schon muss ich bei McCollin mein Referat halten und wenn das ordentlich werden soll, muss ich mich jetzt endlich über Lous Bücher hermachen. Vielleicht lenkt mich das ja von meinen trüben Gedanken ab. –Warum haben sie nun auch Diego verhaftet? Er ist doch kein Mörder! Er würde niemals so etwas Schreckliches zulassen wie das, was mit Alicia passiert ist! Das wäre nicht Diego! Niemals! Ich hoffe, dass ich bald mit ihm reden kann und dann wird sich alles aufklären!
Eins wird mir klar: Ich kann nicht alle Probleme auf einmal lösen und schon gar nicht alleine! Ich muss mich jetzt einfach auf meine Arbeit konzentrieren. Egal was sonst noch um mich herum den Bach runtergeht: Mein Studium werde ich mir deswegen nicht versauen! Ganz automatisch fällt mein Blick auf die Uhr.
Lou schaut mich an.
„Musst du los?“
Ich nicke und trinke meinen letzten Schluck Kaffee. „Ich muss unbedingt heute noch an deine Bücher ran, sonst schaffe ich das mit dem Referat nicht.“
Lou geht ins Wohnzimmer und kommt mit einem Leinenbeutel zurück. „Ich hab die Bücher schon zusammengepackt. Kannst du dir zu Hause ansehen“, meint sie und drückt mir den Beutel in die Hand.
„Danke!“ Ich nehme sie kurz in den Arm und wir gehen zu ihrem Volvo.
„Sie haben den Wagen durchsucht“, stellt Lou fest, als wir einsteigen. „Meine Ersatzschuhe stehen woanders.“
„Hat wohl nichts gebracht“, meine ich, und stelle mir das enttäuschte Gesicht des Detectives vor, als er den Bericht bekommen hat.
Etwas scheint Lou zu bedrücken. Während der ganzen Fahrt nach Berkeley spricht sie kaum ein Wort. Als wir über die Bay kommen, sehe ich in der Ferne die Silhouette der Golden Gate Bridge. Meine Brust und mein Schultergelenk schmerzen immer noch. – Werde ich jemals wieder auch nur ein Bild dieser Brücke ansehen können, ohne an die schreckliche Nacht zu denken, in der wir uns umbringen wollten? An den Moment, als Lou sich einfach über das Geländer kippen ließ? Im wirklich allerletzten Moment hatte ich sie retten können, und da waren wir endlich aus dieser Hypnose, oder was immer das auch gewesen ist, erwacht. Was für eine grausame Macht diese Alicia über uns gehabt hatte, aber das ist ja nun ein für alle Mal vorbei.
„Meinst du, dass es jetzt vorbei ist?“, will ich von Lou wissen.
Sie weiß genau, was ich meine. „Sie werden Diego laufen lassen, denke ich, aber du hast Recht: Jemand hat es darauf abgesehen, uns in Schwierigkeiten zu bringen. Die Polizei war zu schnell da, und sie wussten auch schon viel zu viel. Das hat jemand aus dem Hintergrund gesteuert. – Nein ich glaube nicht, dass es schon zu Ende ist.“
Mir wird ganz schlecht. „Warum machen die das mit uns?“
„Ich weiß es doch auch nicht, aber jemand hat Alicia mit voller Absicht aus dem Spiel genommen, das ist sicher.“
„Aus dem Spiel genommen?“, wiederhole ich. „Lou, sie ist tot! Das ist doch kein Spiel!“
„Das ist nur so ein Ausdruck. Man sagt ja auch verhaftet, während man meint, dass jemand gewaltsam festgehalten wird, und man ihn nach Belieben beleidigen, verdächtigen und demütigen kann.“
„Schöner Vergleich“, sage ich gallig. „Immerhin leben wir noch. Wir sollten vielleicht dankbar dafür sein.“
„Ja, sollten wir vielleicht“, nickt Lou ernst, und plötzlich reißt es mich auf meinem Sitz zu ihr herum. – Daran hatte ich ja überhaupt noch nicht gedacht. „Du – du meinst doch nicht, dass das die Jäger waren?“
Sie sieht einen Moment lang zu mir her und hebt kurz die Schultern. „Möglich wär’s, aber eigentlich sieht es mir eher so aus, als hätten unsere eigenen Leute die Finger da mit drin.“
Ich sehe sie nur stumm an
„Dieser Larence hat schließlich selbst gesagt, dass der Stier über dich wacht“, erklärt sie weiter. „Vielleicht hat es dem Stier ja nicht gefallen, was Alicia mit dir gemacht hat. Vielleicht hat er sie ja dafür bestraft.“
„Del Toro?“, frage ich zweifelnd. „Er hasst mich, weil Diego ihn meinetwegen vor Gericht gezerrt hat. Meinetwegen hat er seine Schwester verloren. Warum sollte er mir helfen?“
„Warum sollte der Detective