DAS OPFER. Michael Stuhr

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DAS OPFER - Michael Stuhr

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seine Finger auch hier im Spiel.

      Hinter mir kracht die schwere Stahltür ins Schloss und ich mache, dass ich nach oben komme. Ich will endlich wieder Licht und Luft spüren und den Hauch des Todes abstreifen, der mich eben berührt hat.

      Suchend irrt mein Blick durch die Eingangshalle, aber ich kann Lou nirgends entdecken. Hier drin halte ich es nicht aus, ich werde draußen auf sie warten.

      Zielstrebig gehe ich auf den Ausgang zu und versuche den forschenden Blick des Cops am Empfang zu ignorieren. Was für ein mieser Job, in dem man überall nur noch Verdächtige sieht und keine Menschen, aber er spricht mich nicht an.

      Sekunden später schließt sich die Glastür hinter mir, und ich spüre den frischen Wind, der von der Bay herüberweht. Etwas löst sich in meiner Brust, das sich während meiner Gefangenschaft wie ein hartes Knäuel zusammengeballt hatte. – Was muss das nur für ein Gefühl sein, wenn man für Jahre eingesperrt ist? Ich könnte so nicht leben, da bin ich mir ganz sicher. Ich würde eingehen wie eine Blume ohne Wasser und ohne Licht.

      Auf der Straße rollt der Verkehr ruhig vorbei. Das Gebäude hinter mir ist mir zuwider, aber direkt gegenüber ist ein kleiner Park. Die Zebrastreifen absichtlich missachtend überquere ich die Straße und suche mir eine Bank, von der aus ich sehen kann, wenn Lou aus dem Gebäude kommt.

      Es dauert nicht allzu lange. Schon nach etwa zwanzig Minuten sehe ich ihre kleine schlanke Gestalt aus dem Eingang kommen. Sie bleibt oben auf der Treppe stehen und schaut sich suchend um.

      Ich stehe auf, um mich bemerkbar zu machen, aber sie hat mich schon entdeckt und kommt quer über die Straße auf mich zu. Ihre Antennen, oder wie immer man das nennen soll, haben ihr sofort gezeigt, wo ich bin.

      „Alles gut gelaufen?“, empfange ich sie.

      „Ging so.“

      Wir umarmen uns kurz und setzen uns auf die Bank.

      „Warst du auch in der Morgue?“, will ich von ihr wissen.

      „Ja.“

      „Haben sie dir auch zuerst diese Wasserleiche gezeigt?“

      Lou nickt stumm.

      „Und dann dieses verbrannte Etwas, bei dem man auch nichts mehr erkennen konnte?“

      „Ja!“, bringt sie leise hervor. „Widerlich!“

      „Das war doch Absicht. Die wollten uns damit zermürben. Man sollte sie anzeigen, diese Schweine!“

      „Du, Lana ...“ Irgendwas scheint Lou zu bedrücken.

      „Ja? Was ist denn?“

      „Ich habe eben Diego gesehen.“

      „Was? Ist er unseretwegen hergekommen? War er es, der uns da rausgehauen hat?“ Ich weiß selbst nicht, wie das möglich sein sollte, aber die Tatsache, dass er da drüben im Polizeigebäude ist, lässt für mich keinen anderen Schluss zu. Ganz sicher ist er gekommen, um uns zu helfen!

      „Ich will zu ihm!“ Schon bin ich aufgestanden, aber Lou greift nach meiner Hand und hält mich fest.

      „Lana“, sagt sie, „er ist nicht freiwillig hier.“

      „Was?“ Ich verstehe nicht.

      „Ich habe ihn auf dem Flur vor den Verhörzimmern gesehen. Er ging zwischen zwei Cops, und sie hatten ihm die Hände auf den Rücken gefesselt.“

      „Was? In Handschellen? Sie haben ihn verhaftet? Aber er hat doch gar nichts gemacht! Wir müssen ihn da rausholen!“ - Ich weiß, dass ich dummes Zeug rede, aber das ist mir egal. Er ist da drüben in diesem schrecklichen Haus, und ich will sofort zu ihm.

      „Lana, komm, beruhige dich!“ Lou lässt meine Hand nicht los. „Du kannst im Moment nichts für ihn tun. Er kommt schon zurecht. Komm, setz dich wieder.“

      Gehorsam lasse ich mich wieder auf die Bank sinken und spüre, wie sich schon wieder dieses harte Knäuel in meiner Brust zusammenballt. – Diego ist verhaftet worden. Will dieser Alptraum denn niemals enden?

      05 UNTER VERDACHT

      „Tja, da liegt Ihre kleine Freundin nun tot hier bei uns im Keller“, eröffnete Larence das Gespräch. Lauernd sah er Diego über die graue Tischplatte hinweg an.

      „Was? Lana ist tot?“ Die Worte von Detective Larence hatten Diego wie ein Keulenschlag getroffen. Lana war gestern verschwunden, er hatte sie nicht erreichen können, dann hatte man ihn aus dem Wohnheim heraus verhaftet, und nun offenbarte ihm Larence diese Ungeheuerlichkeit.

      „Lana Rouvier? Die Französin? Nein!“, grinste Larence. „Ihre andere Freundin. – Als ob Sie das nicht selbst wüssten.“

      „Welche andere Freundin? Es gibt keine andere Freundin!“

      „Kommen Sie“, grinste Larence. „Sie wissen doch genau, dass es um Alicia Moss geht. Mit der hatten Sie doch auch was.“

      „Wohl kaum.“ Auf Diegos Stirn bildete sich eine steile Falte des Ärgers. „Sie ist tot, sagen Sie? Wie ist das passiert?“

      „Das wollte ich eigentlich von Ihnen wissen.“

      „Von mir? Warum ausgerechnet von mir?“

      Ein schiefes Grinsen zog sich über das Gesicht des Detectives. „Weil ich denke, dass Sie sie umgebracht haben, mein Freund.“

      „Was?“ Diego schüttelte verständnislos den Kopf. „Warum sollte ich das wohl getan haben?“

      „Vielleicht ist sie zu aufdringlich geworden? Vielleicht hat sie nicht einsehen wollen, dass die Beziehung vorbei ist? Vielleicht hat sie einer neuen Liebe im Weg gestanden?“ Larence drehte in einer Geste der Ratlosigkeit die Handflächen nach oben.

      „Nichts davon“, wehrte Diego ab. „Es hat nie eine Beziehung zwischen mir und Alicia gegeben.“

      „Ach kommen Sie! Sie wollen doch nicht ernsthaft bestreiten, dass Sie diese Alicia gekannt haben?“

      „Als Hausverwalterin. Sie betreut – betreute das Wohnheim, in dem ich mein Zimmer habe.“

      „Sie hat sich oft in Ihrer Nähe aufgehalten.“

      „Sie mochte mich.“

      „Aber Sie wollten nichts von ihr wissen.“

      „Richtig! Ich habe nämlich eine Freundin.“

      „Diese Lana Rouvier?“

      „Ja.“

      „Hübsche Frau“, meinte Larence. „Ich würde allerdings eine Freundin bevorzugen, die ich für mich allein habe.“

      „Wie meinen Sie das?“

      „Nun, wir haben heute Morgen Louisa Àlvarez festgenommen.“

      „Lou?“ Diegos

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