DAS OPFER. Michael Stuhr
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Lou liegt in meinen Armen und verbirgt ihr Gesicht an meiner Schulter. Ich spüre an den kleinen Erschütterungen in ihrem Körper, dass sie weint. Sie tut mir so Leid, und mich durchströmt ein unendlich zärtliches Gefühl; aber es ist so, als würde ich eine Schwester trösten, die großen Kummer hat – mehr nicht. Ich weiß wieder wohin – nein, zu wem – ich gehöre, und wenn Diego und ich im Moment auch Schwierigkeiten haben. Ich werde uns die Chance geben, wieder zusammenzufinden.
Zuerst war alles so klar für mich: Diego hatte mich verraten. Er hatte mein Studium finanziert, damit ich zu ihm nach Berkeley komme. Er hatte mich gekauft, bezahlt und benutzt, davon war ich überzeugt gewesen, aber das hatte nur diese Alicia mir eingeredet. Jetzt beginne ich zu zweifeln. Wir müssen das klären. Ich muss unbedingt herauskriegen, wie es wirklich gewesen ist!
Lou hat sich ein wenig beruhigt und schiebt sich mit den Händen leicht von mir weg. Sie schaut mir forschend ins Gesicht. „Du weinst ja auch“, stellt sie fest. „Warum?“
„Weil – weil - du bist das tollste Mädchen, das ich kenne.“
„Ehrlich?“, schluchzt sie „Und es geht trotzdem nicht?“
„Nein.“
Sie beugt sich etwas vor und wischt mir ganz vorsichtig eine Träne von der Wange „Hör auf damit. Ich will nicht, dass du traurig bist.“
Ich sehe sie nur verschwommen und lache gequält. „Du bist gut! Hör doch selber auf!“
Lou lacht schniefend auf. „Beste Freundinnen?“, fragt sie dann und hält mir ihre Hand hin.
Zögernd greife ich danach. „Kommst du damit zurecht, wenn ich in deiner Nähe bin?“
„Ja!“, nickt sie tapfer. „Ich muss doch wissen, ob es dir ...“ Sie stockt. „... ob es euch gut geht“, schnieft sie, sucht mit der freien Hand in der Hosentasche erfolglos nach einem Taschentuch und wischt sich schließlich mit dem Handrücken die Nase.
Noch einmal ziehe ich sie an mich und wir halten uns ganz fest.
„Wie du mich in der letzten Nacht gehalten hast, das war so schön, so ...“ Ich suche nach Worten.
„So geborgen?“, murmelt Lou an meiner Schulter.
Ich nicke stumm in ihre Haare hinein und seufze tief auf.
„Ja“, flüstert Lou, „für mich auch!“
„Ach wie rührend!“, kommt es da plötzlich von der Terrasse her.
Lous Kopf schnellt herum und auch ich schaue irritiert in die Richtung, aus der die Stimme kam.
In der offenen Terrassentür steht ein Mann, der uns mit einem breiten Grinsen betrachtet. „Na, am frühen Samstagmorgen schon so aktiv?“
Ganz klar, was er meint: Für ihn sieht es so aus, als würden wir in enger Umarmung in der Küche herumknutschen. Ich lasse Lou los. Ich kann förmlich spüren, wie der Zorn in ihr aufflammt.
„Eigentlich ist der Eingang ja vorne.“ Ihre Stimme ist eiskalt. „Da, wo die Klingel ist, wissen Sie?“
„Sind Sie Louisa Álvarez?“ Der Typ kommt zwei Schritte weit herein.
Ich spüre, wie Lou sich anspannt. „Wer will das wissen?“
„Natürlich sind Sie das!“, fährt der Typ ungerührt fort. „Latina, Kurzhaarschnitt, fünf Fuß, vier Zoll. Passt!“ Er wendet sich mir zu. „Und wer sind Sie?“
„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht!“
„Sind Sie Kanadierin?“ Natürlich hat er meinen Akzent bemerkt.
„Ich hatte nach ihrem Namen gefragt“, erinnert Lou.
„Ja, ja!“ Der Typ klappt die linke Seite seines Sakkos auf, und das erste was ich sehe, ist der Griff der Waffe, die er im Schulterhalfter trägt.
„Ich bin Detective Larence vom Berkeley Police Department“, behauptet er. „Ich hätte da mal ein paar Fragen an Sie.“
Auf seinem Hemd ist so etwas wie eine Dienstmarke befestigt. Ist das Ding echt oder nicht? – Was weiß ich? Aber der Revolver ist es, da bin ich mir ganz sicher.
Larence sieht mich und Lou mit einem merkwürdigen Grinsen an. „Sie wissen doch sicher, worum es geht.“
„Nein!“, sagen Lou und ich gleichzeitig. Automatisch fasse ich nach ihrer Hand.
Wieder grinst der Typ und er wird mir dadurch nicht wirklich sympathischer. Hinter ihm kommt eine Frau durch die Tür. Sie schaut sich kurz im Wohnzimmer um, bevor ihr Blick an unseren ineinander verschränkten Händen hängen bleibt. Sie sieht aus wie Miss Amerika in der sportlichen Variante: Jeans und Turnschuhe, eine strahlend weiße Bluse, unter deren dünnem Stoff sich die Nähte ihres BHs abzeichnen und darüber eine leichte Jacke, die sie garantiert nicht in irgendeinem Billigladen gekauft hat.
„Das ist Detective Auburn“, stellt Larence seine Kollegin vor. Die mustert Lou und mich, wie ein paar besonders widerliche Schädlinge. Sie ist perfekt geschminkt und frisiert. Da liegt jedes Haar an seinem Platz, während ich mir mit meinen noch vom Schlaf verquollenen Augen und strubbeligen Haaren etwa so attraktiv vorkomme wie eine Küchenschabe.
„Sie waren gestern Nacht auf der Golden Gate Bridge und haben einen Selbstmörder beobachtet?“, fragt Larence uns. Schon wieder schleicht sich dieses anzügliche Grinsen auf sein Gesicht.
„Ja“, erwidere ich, „und was ist daran so lustig?“
Larence räuspert sich und sein Gesicht wird ernst. „Nichts, nichts“, erwidert er und legt seine Stirn in nachdenkliche Falten. „Also wer sind Sie?“ fragt er und deutet dabei kurz mit dem Kinn auf mich.
„Lana Rouvier“, nenne ich meinen Namen.
„Klar!“, nickt er.
Wieso klar? – Woher kennt der mich? „Darf man erfahren, was sie von uns wollen?“
„Nun ja“, er räuspert sich erneut, „Miss Álvarez´ Autonummer wurde auf der Brücke notiert, und am Ufer der Bay wurde eine Leiche gefunden.“ Mit zusammengekniffenen Augen sieht Larence uns an.
„Eine Leiche?“, flüstere ich und denke sofort an meinen Traum und an Diego.
„Was für eine Leiche?“ fragt Lou und ich spüre, wie sich ihre Hand noch etwas fester um meine schließt.
„Die Leiche einer Frau“, antwortet Lawrence und beobachtet genau unsere Reaktionen. „Also: Sie haben letzte Nacht auf der Golden-Gate-Bridge eine Person gesehen, die sich umbringen wollte, und nun wundern Sie sich darüber, dass eine Leiche gefunden wurde?“, fragt er lauernd. „Können Sie mir das erklären?“
„Sie hat überhaupt nichts gesehen“,