DAS OPFER. Michael Stuhr

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merkt, wie sehr sie mich getroffen hat. Ich drehe mich auf den Rücken und streiche verzweifelt mit den Händen über mein Gesicht. Es ist, als wolle ich Spinnweben entfernen. Kann es wirklich möglich sein, dass sie die Wahrheit gesagt hat?

      Sie ist scharf auf Diego, hat Hercule gesagt. Warum also sollte sie zu mir ehrlich sein? Sie will mich loswerden, damit sie Diego für sich hat. Warum also sollte sie mir – ausgerechnet mir – die Wahrheit sagen? Könnte es sein, dass sie mich angelogen hat? Aber woher wusste sie dann von dem Dreizack auf meinen Unterlagen, dem Symbol von Stavros, dem Hacker?

      Unruhig drehe ich den Kopf zur Seite und versuche mich in eine bequeme Lage zu bringen. Ich will wieder zur Ruhe kommen, aber mein Herz rast. Mit fällt ein, wie Lou heute Nacht so überzeugt gesagt hat, dass das niemals Diegos Art wäre. Was, wenn sie Recht hat und Diego nichts davon wusste?

      Ich drehe mich wieder auf die Seite und rutsche ein wenig auf Lou zu, um ihre Nähe zu spüren. Fest presse ich die Augen zusammen. Tränen treten hervor. Ich will nicht mehr weinen! Ich will nicht mehr grübeln! Bitte geht weg – Gedanken!

      Lou bewegt sich ein wenig und berührt mich sachte an der Hüfte. Ich drücke mich noch etwas fester an sie. Das tut so gut.

      „Ey, Lana, beruhige dich, alles wird gut!“, murmelt Lou schlaftrunken. Ihre warme Hand liegt auf der nackten Haut zwischen T-Shirt und Slip, fast auf meinem Bauch. Ich lege meine Hand darauf und verstärke den Druck. Ich spüre die Wärme ihres Körpers an meinem Rücken. Ihre gleichmäßigen Atemzüge beruhigen mich. Langsam gleite ich wieder in einen leichten Schlaf.

      Ich sehe Diego, wie er auf der Golden Gate Bridge nach mir sucht. Er ruft verzweifelt meinen Namen und springt schließlich ins Wasser, um mich zu finden. Ich tauche mit ihm in die kalte Dunkelheit hinab und versuche mich bemerkbar zu machen. Aber er sieht mich nicht, denn in Wirklichkeit bin ich tot.

      Erschrocken fahre ich hoch. Nein! Ich bin nicht tot! Ich bin hier! Diego! Ich liebe dich doch! Deinetwegen bin ich doch nach Berkeley gekommen! Verschwitzt sitze ich im Bett und ringe keuchend nach Luft. Das graue Licht des frühen Morgens lässt mich die wirren Pinselstriche der Sternennacht gerade so erkennen. Ich sitze da und starre das Gemälde an. Habe ich einen Gedankenimpuls von Diego empfangen? Ist er wirklich in die Bay gesprungen, um mich zu suchen?

      03 ERWACHEN

      Mit geschlossenen Augen liege ich im Bett. Ich rieche frisch gebrühten Kaffee. Ich rekele mich wohlig. Ich bin zu Hause, in Paris, in meinem Zimmer. Meine Gedanken sind noch traumverhangen. Maman wird schon Kaffe gekocht haben. Der Duft holt mich langsam in die Wirklichkeit.

      Ich öffne die Augen. Mein Blick fällt auf das Bild an der weißen Wand: die Sternennacht! Schlagartig bin ich wach. Die Erinnerungen überschwemmen mich wie eine Woge. Hastig setze ich mich auf und schaue mich um. Neben mir liegt das verwühlte Bettzeug, in dem Lou geschlafen hat. Es war also eindeutig kein Traum. Ich habe tatsächlich mit Lou zusammen in ihrem Bett geschlafen. Mir wird ganz heiß. Aber ich erinnere mich auch, wie gut mir ihre Nähe getan hat.

      Die Tür zum Balkon über der Terrasse ist geöffnet. Ein leichter, milder Wind bauscht sanft die weißen Organzavorhänge. Ich atme tief die würzige Luft von Kiefern und Meer ein, stehe auf und beschnüffele erst mal meine Jeans, die frisch gewaschen auf Lous Schaukelstuhl liegt. Auch die Chucks sind wieder in Ordnung. Nichts erinnert mehr an die Revolte meines Magens in der letzten Nacht. Ich schlüpfe in meine Sachen und gehe leise die Treppe hinunter in die Küche.

      „Ey Lana, da bist du ja!“ begrüßt mich Lou mit ziemlich zerzausten Haaren und einem verlegenen Lächeln. „Wie geht’s dir? Ich hab schon mal Frühstück gemacht. Ich dachte, wir setzen uns auf die Terrasse, was meinst du?“ Geschäftig läuft sie in der Küche hin und her, räumt alle möglichen Leckereien auf ein Tablett und scheint sich vor meiner Antwort zu fürchten. Warum weicht sie meinem Blick aus? Warum ist sie so unsicher? Ich beobachte sie erstaunt, weiß nicht so recht was ich machen soll und suche nach Worten.

      Plötzlich bleibt Lou mitten in der Küche stehen. Sie hält den Ahorn-Sirup für die Pancakes in der Hand und sagt: „Ja, ich fürchte mich Lana. Ich habe Angst, dass du einfach wieder so verschwindest, wie beim letzten Mal.“ Ihre dunklen Augen schauen mich ganz ernst und ein bisschen traurig an.

      Ich schließe kurz die Augen. Ja, sie hat Recht! Das war gemein von mir gewesen, sie einfach so hier zurückzulassen, als sie so traurig dagesessen hatte. – Aber ich war doch selbst völlig durcheinander gewesen. Sie gefällt mir so sehr, wie ich es noch nie bei einer Frau erlebt habe, und ich gefalle ihr auch. Sie begehrt mich, das kann ich spüren, und das war in dem Moment alles zu viel für mich gewesen. Ich hatte einfach weglaufen müssen. Nicht vor ihr, sondern vor mir selbst.

      Lou weiß das. Sie kann in meinen Gefühlen lesen wie in einem offenen Buch, und sie hat Angst, dass diese Panik mich wieder überwältigt.

      „Nein, Lou! Ich werde nachher gehen, aber ich werde nie wieder auf so eine Art flüchten. Nicht vor dir und auch nicht vor mir selbst.“

      „Ehrlich?“ Sie sieht so verloren aus, dass ich sie auf der Stelle in den Arm nehmen könnte.

      Ich gehe auf sie zu und nehme ihr erstmal den blöden Sirup aus der Hand. Sie sieht damit aus, wie eine biedere Hausfrau, die Angst vor ihrem Mann hat. Ich kann das nicht ertragen! Ich stelle die Flasche auf die Arbeitsfläche und sehe Lou an. Wir stehen nahe voreinander.

      „Lou“, sage ich und merke, wie meine Stimme zittert, „was du letzte Nacht für mich getan hast, werde ich dir nie vergessen.“ Meine Stimme wird heiser und ich muss mich räuspern, aber ich bin noch nicht fertig. „Du hast mich aufgefangen und gehalten und ich habe mich bei dir so sicher und friedlich gefühlt, wie ...“ Plötzlich versagt meine Stimme.

      „Aber?“ flüstert Lou.

      „Aber?“ Ich denke nach. „Kein aber!“

      „Doch, ganz bestimmt ein aber!“ meint Lou und versucht ein Lächeln.

      Sie steht vor mir. Wir berühren uns fast. Sie sieht so zart aus, so zerbrechlich.

      Mein Körper reagiert so stark auf sie, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte. In der letzten Nacht hätte sie alles von mir verlangen können, und ich hätte mitgemacht, nur um nicht nachdenken zu müssen, aber sie hat es nicht getan.

      Ein Schauer durchläuft mich. Hilfe! Was passiert hier schon wieder mit mir? Ich bin gerade dabei, mich neu zu sortieren, aber ich bin doch noch nicht fertig. Egal, was ich eben gesagt habe: der Impuls mich einfach umzudrehen und wegzulaufen ist so mächtig, dass ich ihm fast nachgebe, aber das werde ich nicht tun!

      Lous Gesicht ist voller Verlangen, voller Hoffnung. Sie wartet auf ein Signal von mir. Ihr Blick hält mich gefangen. Sie ist so schön ... Ich weiß genau, wenn ich mich jetzt bewege, wenn ich sie berühre, dann werde ich sie an mich ziehen und nie wieder loslassen.

      „Ich liebe dich“, sagt sie so leise, dass ich sie kaum verstehe.

      „Ich weiß.“ Ich schaue zu Boden, um ihre Enttäuschung nicht zu sehen. „Ich liebe Diego.“

      Ich höre wie sie kurz Luft holt, um etwas zu sagen, aber sie bleibt stumm.

      Zögernd hebe ich den Kopf und sehe, dass eine Träne über ihre Wange rollt. Hilflose Trauer spiegelt sich auf ihrem Gesicht. Sie will sich abwenden.

      „Wir wären ein tolles Paar gewesen, oder?“, sage ich leise und

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