DAS OPFER. Michael Stuhr

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DAS OPFER - Michael Stuhr

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habe Angst – Angst um mich und um Diego, Angst um unsere Liebe. Eigentlich weiß ich doch, dass er Alicia nichts getan hat, aber gleichzeitig spüre ich wieder dieses Misstrauen. – Wie kann das sein? Traue ich ihm das wirklich zu? Einen Menschen kaltblütig ermorden zu lassen? Nein! Niemals!

      Ein würgendes Gefühl schiebt sich vom Magen her zu meiner Kehle hoch. Ich darf nicht weiter darüber nachdenken. Ich werde keine Antworten finden, aber wie macht man das – aufhören zu denken?

      Erschöpft setze ich mich auf das Bett und streife die Schuhe ab. Ich kuschele mich in meine Decken und ziehe sie mir über den Kopf, so wie ich es eben schon gerne gemacht hätte. Ich bin geistig völlig ausgelaugt.

      Es geht nicht mehr – ich kann nicht mehr! Ich muss einfach erstmal schlafen, um all das zu verarbeiten, was ich erlebt habe. Vielleicht hilft das ja, versuche ich mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Auf dem Schreibtisch wartet so viel Arbeit auf mich. „Erstmal schlafen“, murmele ich, „dann wird alles gut.“

      07 NETZ UND HAKEN

      Adriano del Toro saß im Büro der Taurus Schiffsausrüstung, die er vor wenigen Monaten bei Atlantic City gegründet hatte. Die brandneue Filiale stand nahe der größten Marina der Stadt und war von einem örtlichen Bauunternehmer innerhalb weniger Wochen hoch gezogen worden. An Eleganz schlug die völlig mit schwarzem Glas verkleidete Halle alle Gebäude rundum. Auf den ersten Blick musste es jedem klar sein, dass hier keine Billigartikel angeboten wurden, sondern dass man sich hier ohne ein gut bestücktes Bankkonto besser gar nicht erst blicken ließ.

      Im Moment war Adriano allerdings nicht damit beschäftigt, irgendwelchen Multimillionären irrwitzig teures Yachtzubehör aufzuschwatzen. In seiner Eigenschaft als Geheimdienstchef König Sochons telefonierte er mit seinem Führungsagenten in der Bay-Area.

      Finlay am anderen Ende der Leitung wusste, dass sein Chef mit der Entwicklung der Dinge nicht zufrieden sein konnte. Im Moment lief das Gespräch aber noch in einigermaßen normalen Bahnen.

      „Was ist mit dem Mann, der die Überwachung im Greek gemacht hat?“, wollte Adriano wissen.

      „Es war eine Frau“, korrigierte Finlay. „Eine Luftatmerin. Peters, mein Troubleshooter, hat sich um sie gekümmert. Sie macht jetzt Vertretung für diese Alicia. Larence wird schon dafür sorgen, dass nicht herauskommt, dass da ein Tausch stattgefunden hat.“ Finlay lachte hässlich auf. „Peters wird sich übrigens auch um diesen Hacker kümmern. Der plaudert nichts mehr aus, das ist sicher. Ich meine, wir sind doch ein gutes Team hier, oder? Im Endeffekt passte doch eigentlich alles ganz gut zusammen, nicht?“

      Da war schon mehr als nur ein Anflug von Verzweiflung zu spüren, aber Adriano ging nicht darauf ein. Am Telefon den Namen des Detectives zu nennen, der in der Bay-Area die Interessen der Darksider schützte, war nicht gerade geschickt gewesen. Finlay verlor langsam die Kontrolle über sich und sein Revier. Man würde etwas unternehmen müssen.

      Adriano war kein Freund übereilter Entscheidungen, aber die Nachrichten, die er bekommen hatte, ließen keinen anderen Schluss zu: Der Mann hatte versagt.

      Bislang hatte Adriano erfahren, dass Lana das Gelände genau in dem Moment verlassen hatte, als ihre Bewacherin einen der Restrooms aufgesucht hatte.

      Die Frau war mit ihrem Auftrag schlicht überfordert gewesen. Finlay hätte ihr unbedingt noch jemand zur Unterstützung mitgeben müssen. Dass sie von Peters getötet worden war, und nun anstelle von Alicia im Leichenschauhaus lag, war nicht mehr als ein Bauernopfer, das Adriano in keiner Weise zufriedenstellen konnte.

      Wenigstens hatte Finlay sofort alle vierzehn Agenten, die ihm in der Bay-Area zur Verfügung standen, in Bewegung gesetzt. Lou und Lana hatten die Golden Gate Bridge noch nicht erreicht gehabt, als Finlays Leute schon ausgeschwärmt waren, um sie zu suchen. Da hätte es aber auch schon zu spät sein können, und das war unverzeihlich.

      „Bringen wir es doch mal auf den Punkt.“ Adriano seufzte kurz auf. „Sie waren nachlässig in der Überwachung.“

      „Ja, nein.“ Verzweifelt versuchte Finlay sich zu verteidigen. „Ich meine: wer konnte denn wissen, dass Alicia auf dem Fest durchdreht und diese Lana in den Tod treiben will?“

      „Alicia war schon immer unberechenbar!“ Dieser Versuch einer Rechtfertigung verfing bei Adriano nicht. Seine Gedanken schweiften ab, während Finlay am anderen Ende der Leitung seine Entschuldigungen und Ausreden vor sich hin plapperte.

      Um ein Haar hätte Lana sich umgebracht. Die größte aller Katastrophen wäre eingetreten und das wäre dann einzig und allein die Schuld dieses unfähigen Sektionsleiters gewesen. Seine Leute hatten Lanas Spur im Greek-Theatre verloren und sie erst knapp eine Stunde später bei Louisas Haus wieder gefunden. In der Zwischenzeit war sie von der örtlichen Polizei auf der Mitte der Golden Gate Bridge gesehen worden. Sie hatte sich dort umbringen wollen, das hatte eine Befragung Alicias durch Peters ergeben.

      Die kleine Prätorianerschlampe hatte Lana auf diese Art beseitigen wollen, damit sie Diego für sich allein hatte. Nun, Prätorianerin oder nicht: Der Befragung durch Peters hatte sie nicht viel entgegenzusetzen gehabt, und er hatte ein umfassendes Geständnis von ihr erhalten, bevor er sie aus dem Spiel genommen hatte.

      Auch das Ablenkungsmanöver, Louisa, Lana und vor allem Diego in Mordverdacht zu bringen, hatte Peters sich ausgedacht. Der Mann war schnell, der Mann war gut. Er hatte in einer Krisensituation umsichtig gehandelt, und Finlay hatte sich als gefährlich nachlässig erwiesen.

      „Alicia ist weg, und Larence hat für alle drei ein Motiv konstruiert, das es ihm erlaubt, sie jederzeit überwachen zu lassen.“

      Schon wieder der Name des Detectives. Adrianos Hand krampfte sich um den Hörer und sein Gesicht nahm einen ärgerlichen Ausdruck an. Es wurde Zeit, das Gespräch zu beenden.

      „Außerdem sind unsere eigenen Leute an der Sache dran. Diese Lana wird keinen einzigen Schritt mehr tun, ohne dass ich davon erfahre“, plapperte es immer noch aus dem Hörer.

      „Sie haben Glück gehabt, das ist alles.“ Adrianos Stimme klang ruhig wie immer. „Eine Menge Glück, Finlay! – So viel, dass es jetzt verbraucht ist. Sie bleiben in Ihrer Wohnung, telefonieren nicht mehr und warten auf weitere Anweisungen.“

      „Nein, warten Sie!“, kam es aus dem Hörer, aber Adriano hatte schon aufgelegt. Es würde personelle Änderungen in der Bay-Area geben.

      Adriano sah den Hörer nachdenklich an. Der große Plan war in Gefahr gewesen. Im nächsten Frühjahr sollte das Fest der Jahrwerdung gefeiert werden, das Fest seines Triumphs, auf den er schon seit Jahrzehnten hinarbeitete: Die Alten, die lebendigen Götter der Darksider, würden aus dem Meer steigen, und es würde für eine lange Zeit die einzige Möglichkeit sein, ihre Weihen zu erhalten. Wenn erst die Thronfolger der beiden Reiche tot waren, wenn es Lou und Diego nicht mehr gab, würde den Alten aus dem Meer überhaupt nichts anderes übrig bleiben, als ihm den Thron zuzusprechen. Ihm, Adriano del Toro, dem Herrscher über Atlantik und Pazifik, dem Alleinherrscher über alle Küsten der Welt!

      Vorher aber würden die Alten aus dem Meer einen Beweis seiner Treue fordern, und er würde ihnen ein perfektes Opfer anzubieten haben. Kein billiges Tieropfer, wie die Narren Sochon und Caetan es jahrhundertelang dargebracht hatten, sondern einen lebendigen Menschen. Eine Luftatmerin von so atemberaubender Schönheit, dass die Alten seine Ergebenheit einfach honorieren mussten.

      Der Gedanke, dass es Lana beinahe gelungen wäre, sich heimlich und fast schmerzlos von der Welt

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