Der Totenflüsterer. Dietmar Kottisch

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Der Totenflüsterer - Dietmar Kottisch

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Er nickte und wartete auf eine Fortsetzung.

      „Ich wollte dir noch etwas sagen. Ich habe eine interessante Einspielung gemacht. In der Zeit, als ich noch sehr oft mit meiner Schwester übers Tonband Kontakt hatte, brachen Stimmen von meinem Schwager durch. Er hat sie gesucht…“

      Paul schaute sie verwundert an. „Er hat Esther gesucht?“

      „Ja, Wilhelm suchte sie. Und sie schien ihn zu hören. Sie redeten mit einander, verstehst du? Ich weiß nicht, ob es jemals in der Tonbandstimmenforschung einen Dialog zwischen den Toten gegeben hat, der eingespielt wurde.“

      „Du meinst, dass die beiden in der jenseitigen Sphäre miteinander reden? Über ihre Lebenskatastrophe?“

      Irmgard nickte. „Unglaublich, nicht wahr?“

      „Kann ich das hören?“ fragte er.

      „Ja, aber nicht jetzt. Mein Mann kommt gleich. Karl hält nichts davon, wie ich schon gesagt habe. Ich will ihn auch nicht damit konfrontieren. Außerdem will er sein Essen haben, wenn er nach Hause kommt.“

      Nach einer Weile machte er ihr den Vorschlag …“ du könntest mit den Bändern zu mir nach Hause kommen. Wir wären ungestört.“

      Sie nickte. Sie war froh, endlich mal mit einem Menschen darüber sprechen zu können. Als sie sich zum Abschied die Hand gaben, spürte er, dass sie seine Hand ein paar Sekunden zu lange hielt…

      Und als sie loslassen wollte, behielt auch er ihre Hand sehr lange in seiner…

      An der Türe drehte er sich noch einmal um. „Ich wüsste gerne, ob du … ich meine … nach dem Tod eures Kindes.. ob du…..“

      „Ich habe, Paul, ja ich habe eingespielt und weiß, dass es ihm gut geht.“

      Klara war nicht gerade überglücklich, dass Paul am nächsten Tag nicht in sein Büro fahren wollte, weil er sich mit dieser Frau verabredet hatte.

      Auch die Tatsache, dass auf diesem Band ein Gespräch zu hören ist, das zwei Verstorbene im Jenseits führten, konnte ihre Laune nicht verbessern. Sie ging heute nicht in die Schule, sondern meldete sich krank, Migräne.

      Als Irmgard Kowalski gegen elf Uhr morgens klingelte, öffnete ihr Paul. Sie trug unter dem Mantel wieder enge Jeans, eine hellblaue Bluse, unter der sich ihre Brüste abzeichneten. Sie hatte flache Schuhe an. Klara begrüßte den Gast und warf ihrem Mann einen kurzen Blick zu, den er deuten konnte wie er wollte.

      Paul und Irmgard gingen in sein Arbeitszimmer. Dann öffnete sie ihre Tasche und holte einen Kassettenrekorder heraus.

      Den kurzen Blick seiner Frau deutete er so, dass er jetzt den Tee selber machen sollte!

      „Setz dich, ich komme gleich. Du trinkst doch auch einen Tee mit, oder?“

      „Gerne.“ Irmgard setzte sich und schlug ein Bein übers andere. Während Paul in der Küche hantierte, schaute sie sich interessiert um.

      Nach zehn Minuten kam er mit dem Tablett wieder und stellte es auf den Tisch.

      Irmgard erhob sich, berührte mit ihrer Hüfte seine, nahm die Tassen vom Tablett, füllte sie mit Tee, stellte eine Tasse vor Paul hin und die andere vor ihren Platz.

      Klara hatte diese Geste gesehen; sie kam herein und fragte, ob sie helfen könne, und dann an Irmgard gewandt: „Fühlen Sie sich wie zu Hause, meine Liebe!“

      „Danke, Frau Klein…..“.

      „Können wir anfangen?“ fragte Paul, der die Spannung zwischen den Frauen wahrnahm.

      „Welche Methode?“ fragte er.

      „Mikrophon.“

      Sie drückte auf Play, dann begann die Einspielung mit den typischen Rauschgeräuschen. Nach ein paar Sekunden hörte er eine tiefe Stimme ….

      >Willkommen…willkommen…….<

      Dann Irmgards Stimme: „ Mittwoch, sechzehnter August, acht Uhr abends. Kann ich meine Schwester Esther sprechen?“

      Eine andere Männerstimme: >Esther raus … Esther wird gerufen…<

      Rauschen, Stille. Dann Esthers Stimme: >Esther hier….Irmgard…du?<

      Irmgard: „Ja, ich bin Irmgard. Esther, ich höre dich…!“

      Esther: >Ich traurig.. so traurig .. meine Kinder….<

      Paul lief es kalt den Rücken herunter, als er dieselbe Stimme hörte, die auch er eingespielt hatte.

      Die Einspielungen waren zusammen geschnitten und auf den Kassettenrekorder übertragen. 1966 war Esther gestorben, 1975 spielte Irmgard ein, das war ein Zeitraum von knapp 9 Jahren. Dann spielte Paul diese Stimme von Esther ein, also hatte sie das Drama 1980 nicht überwunden, insofern man davon ausgehen konnte, dass die Stimmeinspielung im JETZT geschah. Aber was spielte Zeit schon für eine Rolle in dieser Dimension?

      Irmgard stoppte ab. „Jetzt kommt es….“ Dann drückte sie wieder auf Play.

      >Wilhelm hier…verflucht…diese verfluchte elende Stille…<

      „Hier ist Irmgard. Esther, ich habe Wilhelms Stimme gehört.“

      >Ich suche Esther.. ich seh dich nicht.. gottverdammt.. ich suche Esther..<

      >Ist mein Mann...wo?< Esthers Stimme.

      >Mein Gesicht kaputt…< Sie suchte plötzlich seine Hand und hielt sie fest.

      Paul lief es wieder kalt den Rücken herunter, als er sich vorstellte, wie sein Sohn Heiner mit dem Hammer auf diesen Mann eingeschlagen und ihn getötet hatte.

      „Du bist Wilhelm, der Mann meiner Schwester?“ Irmgard.

      >Ja verflucht…Wilhelm …<

      Plötzlich bricht Esthers Stimme wieder durch.

      > Wilhelm…. mein Mann ist auch hier …<

      Eine kurze Pause, dann weiter ihre Stimme.

      > Esther … will Frieden und Ruhe hier … viel Leid mit Wilhelm ..<

      Wieder eine Pause, Rauschen, dann wieder Esther.

      > Muss Irmgard wissen .. .. <

      Irmgard atmete tief durch, Paul starrte auf den Rekorder. Das war einmalig. Hier waren die Stimmen von zwei Menschen im Jenseits, die einmal im Diesseits zusammen viel Leid erlebt haben. Er fühlte die Wärme ihrer Hand, ließ sie aber schnell los.

      „Darf ich hier rauchen?“ unterbrach Irmgard die Stille und griff in ihre Handtasche.

      Paul schüttelte den Kopf. „Nein, wir sind beide Nichtraucher. Versuche es auszuhalten, oder geh auf die Terrasse.“

      Es wirkte befehlend, und sie zog ihre Hand wieder aus der Tasche. Er sah, wie sie rot im Gesicht wurde. Ob es

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