Das Halbmondamulett.. Jens Petersen

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Das Halbmondamulett. - Jens Petersen

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die Sinne nachhaltig. Alles irdisch Alltägliche war fern, weit unten. Die Lebensbedürfnisse waren hier oben auf das notwendigste reduziert. Keiner Äußerlichkeit sollte es ermöglicht werden, ihr gewohntes Gaukelspiel mit den Sinnen zu treiben. Auch die Angewohnheit des ständigen meist belanglosen Redens, des unüberlegten sich immer wieder selbst und gegenseitig Versicherns, dass man noch da ist und alles in Ordnung, verebbte wie von selbst. Was gäbe es auch zu sagen an solch einem Ort, das nicht sofort als bedeutungslos entlarvt wäre. Die tiefe Ruhe hatte auch uns bald erfasst. Je länger hier, desto mehr verwundert waren wir, dass man uns überhaupt herauf gelassen hatte.

      Die Felstafel war doch nicht so eben, wie sie aus der Ferne erschien. In den Stein der Oberfläche hatte man auffallend häufig Treppen geschlagen. Viele führten zu Zisternen hinunter, im Laufe der Zeit vom Regen ausgewaschene Löcher, andere waren in den Fels geschlagene Vierecke. Dazwischen standen einfache Bauten aus Feldsteinen aufgeschichtet, nur manche der Kirchen waren aus behauenen Quadern. Immer wieder geglättete Felsstufen, die in schattige Kühle hinab führten. Grüne Pflanzenschleier auf der Wasseroberfläche verhüllten die wahre Tiefe. Darunter lagen Höhlen, eine geheime Welt des Untergrunds, ein ganzes miteinander verbundenes System, das in einen See führen sollte, tief unter der Oberfläche. Auf dem Wege über einen anderen nicht mit Wasser gefüllten Höhlengang wäre diese Unterwelt zu erreichen.

      Das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Sie glaubten nicht, meinten unsere Begleiter, dass es möglich wäre, denn weder sie noch die meisten anderen Klosterinsassen hätten je einen Blick da hinein werfen können. Der Zugang führte zu Grabstellen ganz früher Heiliger, die, so weit sie wussten, noch niemand zu Gesicht bekommen hätte. Aber da wäre ein alter Mönch, der darüber mehr wüsste und letztlich auch zu entscheiden hätte. Sie wollten uns gerne zu ihm führen.

      Vor einer uralten Kirche blieben wir stehen, die aus irgendeinem Grunde unter Vermeidung von jeglichem Metall ganz aus Holz errichtet war. Pflöcke statt Nägel hielten Balken und andere Bauteile zusammen. Nur das Dach war, wie bei den meisten anderen Gebäuden in neuerer Zeit mit Wellblech abgedeckt. Eine zierliche Blechhaube krönte es, deren tüllenartige Glöckchen ständig im Wind klingelten. Die Außentür war durch ein sehr fremdartiges, kunstvoll konstruiertes Holzschloss zu öffnen. Wieder mussten wir die Schuhe draußen lassen. Im Dämmerlicht des Inneren, auf dem mit Matten ausgelegten Fußboden, wurden große Trommeln sichtbar. An der Wand standen alte Lampen und Weihrauchbecken auf Ständern. Darüber waren Leinwandstücke zu erkennen mit Malereien, die von der Decke hingen. Es roch nach verbrannten Kerzen, Staub und Räucherwerk. Deckenbalken mit reich geschnitzten und bemalten Ornamenten ließen ahnen, welche Pracht sie im Kerzenlicht entfalten würden. Einer der Novizen ging vor und klopfte zaghaft an eine Seitentür im Halbdunkel des rückwärtigen Kirchenraumes. Amhar ging ihm nach, um den gedämpften Wortwechsel zu verfolgen. Wieder am Eingang flüsterte er uns zu, nur einer dürfe hineingehen. 0-Chang, Hermann und Bernd wollten lieber mit den Novizen draußen vor der Kirche warten. Amhar als Dolmetscher sollte mitkommen, sonst niemand.

      Wir schlossen die Tür wieder hinter uns. Durch Oberlichter war der kleine, schmucklose Seitenraum um etliches heller als die Kirche. Auf dem Boden saß ein alter Mönch in weißen Gewändern über einem aufgeschlagenen Buch. Hinter ihm auf dem Boden stapelten sich noch etliche Bücher gegen die Wand gelehnt, ihrem Aussehen nach alle von beträchtlichem Alter. Unseren Gruß erwiderte er mit einem knappen Nicken und der angedeuteten Geste auf der Matte vor ihm Platz zu nehmen. Lange und ernst schaute er mich an. Ich sah in die unverändert ruhenden Augen, dann auf die gegerbte und gefurchte Haut in seinem dunkelbraunen Gesicht. Die Sonne und eine unbestimmbare Anzahl von Jahren hatten ihre Zeichnung darin hinterlassen. Wie ein Vogel, der über die nicht endenden kahlen Höhen und Furchen dieses Landes kreiste, spürte ich Trockenheit, Erosionsspuren und Abgründe von Zeit, und ich hörte den Staub fallen im Raum. Dann mäanderten meine Gedanken. Mir fielen auf einmal alle meine Unzulänglichkeiten ein: Ich war ungeduldig, willensschwach, knickrig, unkonzentriert. Es war als würde ich alles deutlich auf einem vor mir liegendem Blatt Papier niederschreiben, was mir nur Mangelhaftes einfiel. Kleinmütig, ängstlich kam noch dazu, und noch so manches gleich an Hand von Beispielen, von dem ich mich in dem Glauben wähnte, es existiere gar nicht, weil ich schon so lange keinen Gedanken mehr daran verwandt hatte. Plötzlich wurde ich unterbrochen von einer leisen, tiefen Stimme. Als sie eine Pause machte, übersetzte Amhar:

      „Was du suchst, wirst du hier nicht finden, jedoch in der Stadt Abrehas.“

      Schon etwas verwirrt wand ich ein, ich wollte eigentlich nur um die Erlaubnis bitten, die Höhlen zu besichtigen, und fügte hinzu, weil derlei Naturwunder uns interessierten. Den Gräbern der Heiligen würden wir dabei mit allem nötigen Respekt begegnen. Die Antwort überraschte mich wiederum.

      “Wenn es nur das wäre! Du musst wissen, Debre Damo ist ein sehr altes Kloster, eines der frühesten in der ganzen Christenheit. Damit nicht genug, ein sakraler Ort war es bereits lange Zeiten zuvor. Die Heiligen liegen nicht zufällig genau dort begraben. Sie sind Überwinder und sie sind Siegel, so wie es auch geschrieben steht im Namen des Erbarmers und seines Sohnes Krestos, des Siegers und des Heiliger Geistes.“

      Er gebrauchte diese alte Formulierung und betonte sie besonders. Ich verstand überhaupt keinen Zusammenhang mehr, fragte noch einmal nach und konnte nur hoffen, dass Amhar alles richtig erfasst und übersetzt hatte. Mehr war nicht zu erfahren, über das, was unter unseren Füßen liegen sollte. Auch auf meine Bitte, ob er es mir denn nicht wenigstens mit Worten beschreiben könnte, antwortete er nur:

      „Du hast nicht verstanden, was ich dir verdeutlichen wollte, wie viel weniger wirst du das Mysterium der Höhlen begreifen, ist es doch mit Worten dem Verständnis nicht näher zu bringen. Unter der Erde soll es verwahrt bleiben, hier ebenso wie an den anderen Orten. Dir ist es bestimmt mehr zu erfahren in der Stadt Abrehas. Du hast bereits ohne es zu wissen, dich auf eine Reise besonderer Art begeben. Wenn du entschlossen fortschreitest, ohne den Blick abzuwenden, wirst du soviel sehen, wie nötig für dich ist, um zu verstehen. Dieser Ort ist mit dem reinen Licht der Höhe gesegnet. Dir brächte es nicht Ruhe sondern Stillstand. Ein Verweilen aber ist nur für den von Segen, der seines nicht mehr bedarf. Suche auch nicht nach anderen Orten unvergänglichen Glücks, selbst der Garten Eden, wenn du Ihn fändest, brächte dir nichts als den ewigen Schlaf. Du hast noch einen langen Weg vor dir, und er führt zuvor durch die Niederungen. Unweigerlich würdest du auch sonst dahin zurückfallen, solange noch starke Bande dort dich halten.“

      Dann hob er vor sich die Matte an und zeichnete eine große Acht in den Erdboden.

      „Präge dir dieses Zeichen genau ein, und halte dich gen Osten, dort wo du das Kreuz geschrieben siehst."

      Während er dies sagte, zeichnete sein Finger in eine der Schlaufen der Acht ein Kreuz. Seine Hand verwischte die Zeichnung wieder.

      „Dein Weg wird unangenehm und gefährlich sein. Das ist er von seiner Natur her, nicht nur für dich. Alles das wirst du heil überstehen und finden nach dem du suchst, wenn du der Wahrheit folgst und unbeirrt weitergehst, ohne dich ablenken zu lassen. Dein Ziel wirst du im Gewand des Kriegers aber ohne Gewalt erreichen. Sei auf der Hut in der Stadt Sems. Dämonen der Vergangenheit sind wieder erwacht. Sie stammen aus dem längst überwunden geglaubten Zeitalter der dunklen Seite des Mondes. Von ihnen droht euch allen Gefahr.“

      Er schaute mich prüfend an, und musste eigentlich festgestellt haben, dass ich höchstens noch verwirrter war als zuvor. Eigenartigerweise schien ihm das überhaupt nichts auszumachen, oder er war sich völlig sicher, dass die verabreichten Worte in mir weiter wirken würden. Anstatt auch nur irgendetwas hinzuzufügen oder eine weitere Erklärung abzugeben, hob er wiederum die Matte an und zeichnete in die Erde zwei Bögen, die sich an den Spitzen berührten und so eine wenn auch sehr flache Sichelform ergaben, sozusagen einen liegenden Halbmond. Dann darüber einen etwas kleineren Kreis und eine gerade Linie, die die beiden Spitzen es Halbmondes und in der Mitte den oberen Rand des Kreises berührte.

      „Diesem Zeichen

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