Das Halbmondamulett.. Jens Petersen

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Das Halbmondamulett. - Jens Petersen

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Hause des Gouverneurs von Tessinei kamen auf, wieder das gleiche Gefühl der Begegnung mit etwas sehr Altem und Fremdem. Nur diesmal begriff ich, dass es die ersten Spuren jenes Kulturkreises waren, der mich so fasziniert hatte. Wieso meinte ich, ihn erst im Jemen anzutreffen, war doch Äthiopien ein Teil davon, das Reich von Axum eine südarabische Gründung. Habascha nannten sich die Äthiopier selber, sie und ihre Sprache waren semitischen Ursprungs, nicht afrikanischen. Die Annahme des christlichen Glaubens, lange vor den meisten europäischen Ländern, hatte an diesen kulturellen Wurzeln nicht gerührt. Tiefes Schweigen lag über allem. Seit alters her galt der ganze Bezirk als der diesseitigen Welt entzogen, endete an seinen Umfassungsmauern staatliche Macht und irdisches Gesetz. Wer immer sie erreichte, befand sich in jenseitiger Geborgenheit. Kein Fall der Verletzung dieses heiligen Asyls war bekannt.

      Höchst verwunderliche Geschichten rankten sich um diesen Bau und die Bundeslade, der er als nicht zugänglicher Hort diente, und um die Begebenheiten, wie diese vom Jerusalemer Tempel hierher gelangte.

      Auf dem Weg zum Hotel fiel rasch die Dämmerung über das Land. Etwas abseits standen einige verlassen wirkende Häuser. Amhar, der sich sonst westlich aufgeklärt gab, verriet mir mit gesenkter Stimme und scheuem Seitenblick, dort wohnten Silberschmiede! Als er merkte, dass dieses Wort allein noch keinerlei Wirkung zeigte, klärte er mich auf. Vor denen sollten wir uns in Acht nehmen, das wären Magier, die über die erstaunlichsten Kenntnisse verfügten. Aber das wäre noch nicht alles, des Nachts verwandelten sie sich in Hyänen. Natürlich wollte ich wissen, was es mit den anderen "erstaunlichen Kenntnissen" dieser Magier auf sich hätte. Sie besäßen geheimes Wissen aus ältesten Zeiten, flüsterte Amhar, würden Zusammenhänge kennen, die selbst den Kaisern unbekannt wären. Als bei einem dieser Häuser ein Schatten sich bewegte, war es um Amhars Fassung geschehen. Der Versuch die Gefahr mit einem Kreuz zu bannen, wie bei Vampiren so bewährt, dürfte wenig Sinn haben, waren doch die hier angebotenen, meist außergewöhnlich schön gearbeiteten Kreuze, von genau diesen Silberschmieden hergestellt.

      Am gleichen Abend hatten wir uns mit Amhar und einigen seiner Freunde verabredet in einem dieser typischen Tedsch-Lokale. Stolz und so selbstverständlich, als wäre das erst vorgestern gewesen, waren sie sich bewusst als Nachkommen des Axumitischen Reiches. Von dieser Kolonie der Sabäer, wenn nicht noch älterer Vorläufer aus Südarabien, waren nur noch einige Fundamente, wie der von Littmann entdeckte Königspalast "Taakha Maryam" zu sehen, zwischen vielen umgestürzten Steinen und vor allem den rätselhaften Monolithen, die wie Modelle bizarrer Hochhäuser mit deutlich eingemeißelten Stockwerken mit Fenstern und Türen aussahen. Der größte von ihnen ragte 23 Meter hoch, ein umgestürzter, zerbrochner maß sogar 33 Meter. Ihr Zweck war wiederum rätselhaft. Wie so manches in diesem Winkel der Erde, blieb der Sinn dieser gigantischen Steinsäulen im Dunkel der frühen Geschichte. Bekannt war nur die Vorliebe im antiken Südarabien für den Bau vielstöckiger Hochhäuser. Soviel jedoch war schon erkennbar: Östlich des Sabäerreiches, nahe dem Ausgangspunkt der Weihrauchstraße, also im äußersten Osten Hadramauts, lebte lange vor Christi das Volk der Habaschatan. Sie und ihr König Gedarot wurden auf verschiedenen Inschriften erwähnt. Uranos hörte von ihnen als Aβασονοι (Abasonoy), woraus die Europäer Abessinier machten. Später wurde es still um sie, wahrscheinlich weil sie wie alle anderen südarabischen Reiche, von der lokalen Großmacht Saba übernommen wurden. Auch über das Rote Meer dehnte sich Saba aus nach dem alten Goldland Punt. Dort tauchte Habascha als Name des Landes wieder auf und blieb es bis heute. Seine Sprache wies viele Ähnlichkeiten auf mit den alten Inschriften der Hadramoten, die westliche Nachbarn und Verwandte der Habaschat waren. Gewiss könnte man erheblich mehr darüber erfahren, hätte da nicht eine Dame namens Judit im Axum des 10.Jh. eine schlechte Zeit gehabt. Was immer ihr so zum Verdruss gereichte, es ließ ihr auch dann noch keine Ruhe, als das Schicksal es besser mit ihr meinte und ihr einen sabäischen Prinzen zum Gemahl bescherte. Als es diesem dann auch noch beschieden war den Thron zu besteigen und Judit Königin wurde, war ihr Rachebedürfnis nicht eher gestillt, bis Axum erobert und dort keine zwei Steine mehr aufeinander lagen. Woran wieder einmal zu sehen ist, welch banale Ursachen gelegentlich große historische Ereignisse haben.

      Ein Mann in erdfarbenem Umhang trat an unseren Tisch und nestelte vielsagend an einem unscheinbaren Sack. Als er ihn endlich geöffnet hatte, kam uns der Geruch der Wildnis entgegen. Ein zusammengefaltetes Knäuel brachte der Mann aus dem Sack hervor, um dann unter unseren Augen ein gleißend schönes Leopardenfell auf dem Tisch auszustreichen, Bernd konnte sich den albernen Einwand nicht verkneifen:

      „Bist du auch sicher, dass es sich hierbei nicht um einen gehäuteten Silberschmied handelt?“

      Mit einem über jeden Zweifel erhabenen Ernst kam die Antwort:

      „Der Lieferant ist ein ehrenwerter Schifta und erlegt ausschließlich echte Leoparden.“

      Mit einer neuen Runde Tedsch setzten wir unsere Ausflüge in die ebenso ergiebige wie unergründliche Vergangenheit fort. Die Äthiopier hatten eine andere, recht ungebrochene Beziehung zu ihrer Geschichte. Sie benötigten weder Inschriften noch andere Funde als Beweise, sondern identifizierten sich mit ihrer Überlieferung. Amhar und seine Freunde erzählten uns die Geschichte der Königin von Saba, wie sie ihnen in der Schule gelehrt wurde. Demnach hatte diese Königin, die immer aufs neue Dichtern und Künstlern Anregung und Historikern Kopfzerbrechen bescherte, in Axum regiert und von hier aus jene Reise angetreten an den Hof Salomons. Dieser muss in der Tat im alten Orient großen Eindruck hinterlassen haben, wird doch sein Name erwähnt in unzähligen Geschichten und Märchen. Stets wurde er darin mit großer Hochachtung genannt, ob seiner Weisheit gerühmt. Der Spross aus dieser Begegnung galt als der Ahnherr aller späteren äthiopischen Kaiser, die in ungebrochener Linie bis heute alle von ihm abstammen sollen, und somit die älteste Herrscherdynastie der Welt wären. Auch die Methode, Geschichte durch Dokumente und andere Belege festschreiben zu wollen, war zumindest weit davon entfernt ein lebensnahes Bild des Geschehenen zu übermitteln. Dieses wird immer Geheimnis bleiben, und die Interpretation des Volkes neigt ohnehin zur Mystifikation. Wir spürten hier sehr wohl, wie die legendenhafte, oder sollte man besser sagen, poetische Überlieferung weit mehr Farbe und Lebenssaft besass, und wie sie vermochte die Seele des Volkes zu erreichen.

      Die Art wie die Geschichte erzählt wurde, hatte uns angeregt, und wir empfänden es als geradezu geschmacklos, dem entgegen zu halten, was die offizielle abendländische Geschichtsschreibung davon hielt, zumal deren Quellen immer noch höchst mangelhaft waren. Siedelte diese doch die Sabäer zu Lebzeiten Salomons noch in dessen Nachbarschaft in den Wüsten Nordarabiens an. Wo sie als recht ungeschliffene Raubeine mit Vorliebe dem Raub und der Wegelagerei frönten. Diese Kenntnis bezog man nicht zuletzt auch wieder aus der Bibel, wo die Sabäer schon zuvor unangenehm auffielen, als sie einem Großagrarier namens Hiob die Rinder klauten. Lieber erzählten wir eine andere Geschichte, die wahr und dennoch recht farbig, in Äthiopien weniger geläufig war:

      Man schrieb das Jahr 525 n.Chr., als der letzte sabäische König Du-Nuwas ermordet wurde. Das schon seit 330 christliche Äthiopien sandte einen Statthalter namens Sumaipa. Südarabien geriet damit unter die Herrschaft Axums, hinter dem wiederum die Großmacht Byzanz stand. Der zweite oder dritte dieser Statthalter hieß Abreha. Von ihm stammte eine der umfangreichsten alten Inschriften, datiert 542 und 543. Deren langatmige und geschwollene Einleitung konnten wir beiseite lassen. Auch der ansonsten interessante Bericht über den Bruch des berühmten Staudammes von Marib gehörte nicht zu dieser Geschichte. Aufhorchen hingegen ließ, wenn da im Weiteren verlautete:

      „Ich, Abreha, König von Saba und Du Raidan und Hadramot und Jamnat und ihrer Araber vom Gebirg und von der Tihama.“

      Er hatte sich also von Axum abgenabelt und nannte sich selber König. Sein Griff nach der Königswürde wurde bestätigt durch einen Gesandten des Negus aus Axum und sogar durch Botschafter aus Byzanz und aus Persien. Abreha muss das alles sehr beflügelt haben, er plante eine weitere Ausdehnung seines Reichsgebietes. Und so herrschte eines Tages in der Stadt Mekka große Aufregung, denn vor den Toren stand ein mächtiges Heer, und nicht genug des Schreckens, in seinen Reihen etwas noch nie Gesehenes:

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