Das Halbmondamulett.. Jens Petersen

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Das Halbmondamulett. - Jens Petersen

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Ihnen nicht zu“,

      wurde mir barsch hingeworfen. Wenigstens war nun auch der letzte Zweifel behoben, woran ich war. Er wandte sich brüsk ab, um sich wieder im Büro "dringenden Arbeiten" zu widmen. In der nächsten Zeit war er entschieden zu beschäftigt, um für mich ansprechbar zu sein.

      Ich meinerseits war mit Grübeln beschäftigt. Und je mehr ich darüber nachdachte, wie aus dieser Lage herauszukommen sei, desto engere Kreise zogen meine Gedanken um einen Punkt. Etwas war seltsam hier. Der Kerl wollte doch Geld, so viel wie möglich. Aber er wollte es auch wirklich bekommen und nicht nur davon träumen. Also müsste er bei aller Gier doch flexibel sein, versuchen abzutasten, wie viel da tatsächlich für ihn zu holen wäre, müsste sich aufs Feilschen einlassen. Aber keine Spur davon, er führte sich auf, als brauchte ihn das nicht zu interessieren. Das liefe darauf hinaus, wie er schon angedeutet hatte, dass er bei Nichtzahlen meinen Pass einbehalten, und mich auf unbestimmte Zeit hier festhalten würde.

      Ein diskretes Zupfen am Ärmel weckte mich aus derlei Überlegungen. Abdul, der das ganze besorgt beobachtet hatte und natürlich genau merkte was ablief, bewegte den Kopf leicht in Richtung Tür. Draußen gab er mir flüsternd zu verstehen, dass der Zoll-Rais und der Gouverneur nicht "zauwa-zauwa" seien und machte dazu die bekannte Begleitgeste mit den beiden aneinander geriebenen Zeigefingern. Die unergründliche Weisheit Allahs preisend, traf mich sein bedeutungsvoller Blick - ich konnte nur erleichtert nicken.

      Als in der folgenden Zeit dieser so beflissene Zöllner immer mehr erkennen ließ, dass er gedachte, meine Angelegenheit den auf unbestimmte Zeit zurückgelegten Fällen beizuordnen und obendrein noch Überlegungen laut werden ließ, die das Einbehalten meines Passes zum Inhalt hatten - natürlich immer unter dem Diktat seiner Pflichten - überlegte ich meinerseits und ebenfalls laut, dass die Höflichkeit es eigentlich von mir verlangte seiner Exzellenz dem Gouverneur meinen Aufwartungsbesuch zu machen, und dass es ebenso unverständlich wie unverzeihlich sei, wenn ich dem nicht schon längst nachgekommen war. Welcher Hoffnungsschimmer doch in einer plötzlichen Blässe und einem nervösen Mundzucken liegen kann. Ich sah mich hier schon ausgeraubt und auf unbestimmte Zeit festgehalten. Auf Abduls Gesicht ging unterdessen in aller Stille die Sonne auf.

      Das Haus des Gouverneurs war nicht weit. Ein großer, altmodischer Bau verborgen in einem verwilderten Garten, der schon lange kein Wasser mehr gesehen hatte. Ein Diener unbestimmbaren Alters erschien und entfernte sich wieder um mich anzumelden durch lange, schweigende Räume. Alles wirkte altmodisch und etwas verstaubt, Museumsräume, die seit Jahren keine Besucher mehr gesehen hatten, und in denen die Zeit stillstand. An den Wänden hingen verblichene Tapeten und darauf in dünnen schwarzen Rahmen nicht minder verblichene Fotos mit Altersflecken. Uralte Möbel europäischer Machart standen herum ohne erkennbare Funktion, auch sie sahen aus, als wären sie nie gebraucht worden, nur Ausstellungsstücke. Objekte afrikanischer Handarbeit ohne erkennbaren Zweck waren dazwischen verteilt. Die anderen Räume, durch die ich dann geleitet wurde, waren ähnlich, und die Gegenstände darin konnten nicht verhindern, dass sie leer wirkten. Das ganze Haus wirkte leer und unbewohnt, keine Spur von Leben, und selbst das Geräusch unserer Schritte wurde noch von Teppichen aufgesogen. Der Gouverneur selbst, ein würdiger Herr aus amharischem Adel mit unendlich schwermütigen Augen, war ebenfalls unbestimmbaren Alters und seinem Diener auf gewisse Art ähnlich. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich hier wollte, und wäre ansonsten nie auf den Gedanken gekommen diesen Mann zu besuchen. Der Gouverneur seinerseits fand es offenbar ganz normal, und fragte, nachdem der formelle Teil des Austausches von Höflichkeiten vorbei war, nach meinen Eindrücken von Äthiopien. Das half mir über die erste Verlegenheit hinweg. Der Diener wusste auch ohne Anweisung, was in diesem Fall auf dem Programm stand, setzte eine dampfende Teekanne, zwei winzige, altmodische Tassen und eine Schale mit Gebäck, ebenfalls unbestimmbaren Alters auf das Spitzendeckchen zwischen uns. In meiner Antwort hielt ich mich an das, was mir tatsächlich an diesem Lande sympathisch war. Der alte Mann mir gegenüber nickte hin und wieder, und blickte wie mit verschleierten Augen in die Ferne. Hinter der Fassade einer wohlwollenden Förmlichkeit konnte ich nichts von ihm erkennen. Er schien in einer Welt zu leben, die mir sehr fern war, vielleicht eine persönliche Welt der Träume und Erinnerungen. Ich könnte ihn mir gut vorstellen als einen alten Haudegen, der auf ein wildes Leben zurückblickte und nun der Tatenlosigkeit des Alters und wohl auch dem veränderten Zeitgeist nichts mehr abgewinnen konnte.

      Er interessierte sich dann noch für das Land meiner Herkunft, und wollte über meine Reisepläne in Äthiopien hören. Das tat ich gerne. Mein Interesse für äthiopische Geschichte und Kultur schienen ihn mit Stolz zu erfüllen, und er betonte, dank der Gastfreundschaft seines Landes werde es mir an nichts fehlen. Nun war es wohl an der Zeit einfließen zu lassen, dass ich da ein kleines Problem hätte. Das Auto macht es nicht mehr so weit und müsste verkauft werden.

      „Da finden Sie ganz gewiss einen Interessenten hier.“

      „Den habe ich schon, und er ist auch bereit die Kosten für die Verzollung zu übernehmen.“

      „Ja, was für ein Problem ist dann da noch?“

      „Nun, der Chef der Zollstation meint, er könne nicht die erforderliche Eintragung in meinen Pass machen.“

      „Dann richten Sie ihm von mir aus, es ist bei uns nicht üblich, dass man Fremde derart belästigt.“

      Wir plauderten noch ein wenig, sozusagen als Überleitung hinweg von dem weniger Erfreulichen. Die Verabschiedung war wieder sehr förmlich, aber immerhin betonte er nochmals, wenn ich irgendwelche Probleme hatte, könne ich selbstverständlich zu ihm kommen.

      Mein e gute Laune und mein Selbstvertrauen waren wieder hergestellt. Der Zoll wird zwar seine eigene Hierarchie haben und nicht dem lokalen Regenten unterstehen. Andererseits ist ein Gouverneur ein zu mächtiger Mann, als dass der Zöllner seinen Wünschen die Stirn bieten dürfte. Jetzt auf gar keinen Fall mehr einschüchtern lassen, dachte ich auf dem Rückweg, ab jetzt muss ich dran bleiben und die Handlung bestimmen. Als ich in das Zollbüro eintrat, strahlte ich soviel Zuversicht wie irgend möglich aus. Auch wartete ich nicht ab, bis ich an der Reihe wäre, sondern verkündete für alle gut vernehmlich:

      „Der Gouverneur lässt Ihnen ausrichten, sie sollen den Vermerk eintragen, und überhaupt wäre es nicht üblich, Fremde derart zu belästigen.“

      Abruptes Aussetzen des allgemeinen Hintergrundgemurmels und Konzentration aller neugierigen Augen in eine Richtung ließen vermuten, dass hier gerade Ungeheuerliches geschehen war. Die Reaktion wurde mit Spannung erwartet. Sei es, dass der selbsternannte Lokalgötze jetzt mit Blitzen schleudern oder eine unvorstellbar furchteinflößende amtliche Abkanzelung mich auf der Stelle versteinern lassen würde. Das zweite nervöse Zucken im Gesicht zeigte mir, ich sammelte Punkte. Jetzt auf keinen Fall ihm Gelegenheit lassen seine Autorität wieder voll zu etablieren. Er werde sich später darum kümmern und hätte vorerst anderes zu tun, beschied er hoheitsvoll. Genau das durfte ich nicht zulassen, jetzt half nur noch nerven, nerven und nochmals nerven. Ich hatte ohnehin keine andere Wahl, als hier so lange herumzuhängen bis meine Sache durchgefochten war. Also schob ich gleich nach, was er denn so dringendes zu tun hätte. Die Überzeugung von seiner Wichtigkeit musste so verkrustet sein, dass er eine Gegenoffensive für undenkbar gehalten hatte. Es traf ihn völlig unerwartet. Und ich schlug gleich nach. Immer schön gelassen, aber in der Phonstärke die sicherstellte, dass auch draußen vor der Tür noch jeder alles mitbekam, ihm nur ja keine Atempause lassen. Schwer zu sagen, was größer war, meine Wut oder meine Angst. Und ich hatte eine scheußliche Angst, wenn ich daran dachte, was dieser skrupellose Typ mit mir machen könnte. Im Falle einer Einkerkerung würde es ewig dauern, bis überhaupt eine Nachricht durchgelangte. Besser gar nicht daran denken, was sein könnte wenn. Diese Angst war der Motor meiner Aggression. Es war wie ein Kampf, bei dem man durch irgendeinen glücklichen Zufall einen übermächtigen Gegner am Boden hatte und auf gar keinen Fall wieder hochkommen lassen durfte oder damit aufhören auf ihn einzuschlagen. Diese widerwärtige Zwangslage erschien mir so drückend, dass eine

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