Stadt der Sünder. Myron Bünnagel

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Stadt der Sünder - Myron Bünnagel

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      „So ist besser. Und jetzt lass mir ein bisschen Ruhe, Schatz.“ Sie drückte einen Moment meinen Arm, dann fuhr sie fort sich abzuschminken.

      Zurück in meinem Zimmer beeilte ich mich ins Bad zu kommen und ausgiebig zu duschen. Den Schweiß und Schmutz der letzten Nacht fortzuwaschen. Mein Plan nahm dabei deutlichere Züge an und meine Laune stieg. Als ich in Jeans und ein kurzärmeliges Hemd schlüpfte, pfiff ich leise vor mich hin.

      „Essen wir heute zusammen, Gideon?“ Sie stand im Türrahmen, in einen blauen Bademantel gehüllt. „Unten im Restaurant, um sieben Uhr? Reserviere doch bitte einen Tisch.“

      Ich zuckte die Schultern. Es waren immer Tische frei, aber das Reservieren gab ihr ein Gefühl von Stil. Zwar hatte ich keine Lust und für den späteren Abend ohnehin anderes vor, aber Dolores legte Wert auf ein bisschen Familie. Zudem brauchte ich sie aus dem Zimmer, um die Kamera unter dem Bett hervorzuholen. „In Ordnung.“

      „Schön.“ Sie lächelte. „Dann lege ich mich jetzt ein wenig hin. Du gehst weg?“

      „Nur in die Stadt, ein paar Besorgungen erledigen. Ich bin pünktlich zurück.“ Ich winkte ihr zu, als sie die Zwischentür schloss. Dann holte ich die Spiegelreflex aus ihrem Versteck und entnahm die Speicherkarte. Mit einem Blick in Richtung Dolores Zimmer entschied ich mich, die Kamera zukünftig im Wagen zu deponieren. Nicht, dass sie hier bewusst herumschnüffelte, aber ihr entging dennoch wenig. Sie wäre nicht begeistert gewesen, wenn sie mein kleines Spielzeug gefunden hätte.

      Unten am Empfang hatte Charlotte Dienst. Sie war eine hübsche Braunhaarige, die für mich ein wenig die Unschuld vom Lande darstellte. Wir flirteten miteinander, aber es war nichts Ernstes. Immerhin war sie zwölf Jahre jünger und erst in ein paar Monaten volljährig. Ich kannte sie schon, seit sie mit Zahnspange durch den Speisesaal geflitzt war. „Fleißig wie immer, kleines Mädchen?“ Wir waren allein in der Eingangshalle.

      Charlotte sah vom Computer auf und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, gefolgt von einem Anflug von Röte. „Gideon, guten Morgen. Ich mache nur die Dinge, die ich immer mache. Nichts Besonderes.“

      Ich lehnte auf dem Tresen und beugte mich näher zu ihr: „Du und ich wissen, dass dieser Laden ohne dich auseinanderfallen würde. Der Alte“, ich deutete vage nach oben, der Direktor hatte sein Büro in der obersten Etage, „ist ein geiler Sack, der Rest von der Mischpoke unfähig. Du bist der einzige Lichtblick hier.“

      „Du solltest so was nicht sagen“, wisperte sie und sah sich verstohlen um.

      „Wenn es die Wahrheit ist …“ Sie war richtig rot geworden. „Sei so lieb und reserviere unseren Tisch für sieben heute Abend. Und wenn Philipp seinen Wagenschlüssel abholt, gib ihm das.“ Ich reichte ihr einen Zwanziger und die Schlüssel zum Golf.

      „Aber natürlich. Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“

      Immer dieselbe Frage. Ich schüttelte amüsiert den Kopf und klopfte zum Abschied auf den Tresen. „Bleib einfach so wie du bist, kleines Mädchen. Ich gehe dann mal. Wenn du nur mit alten Knackern wie mir plauderst, verschreckt das deine jungen Verehrer.“

      „Gideon … Es gibt keine. Und überhaupt, ich stehe nicht auf Jungs. Nur auf Männer.“

      „Gib ihnen Zeit, dann werden sie das schon.“ Aber ich hatte nie mitbekommen, dass sie einen Freund gehabt hätte. „Bis später, Charlotte.“

      Das Problem mit einer Kleinstadt war, dass man ein quasi öffentliches Leben führte. Irgendwer bekam immer mit, was man tat. Also entwickelte jeder ein paar Verhaltensmuster, um Dinge im Verborgenen ablaufen zu lassen. Das war einer der Gründe, warum wir im Hotel lebten. Keine Nachbarn, unser Kommen und Gehen fiel nicht auf – es war anonym. Um die Fotos auszudrucken, fuhr ich vorsichtshalber in eine Nachbarstadt, benutzte einen Automaten im Drogeriemarkt. Stopfte die Abzüge in eine Hülle und besah sie erst im Wagen in aller Ruhe. Sie waren bescheiden. Die Hälfte der Aufnahmen war unscharf und unzureichend belichtet. Aber eine Handvoll war darunter, die ausreichten. Bodo Josiger war deutlich zu erkennen, blickte einmal sogar direkt in die Kamera. Und Kamilla … wenn man wusste, wer sie war, genügte Rücken und Frisur. Meine Finger berührten sie auf den Fotos und ich spürte das vertraute Prickeln. Diese Mischung aus Wut und Eifersucht. Aber jetzt waren sie ausgerichtet, flossen in meinen Plan ein. Alles war gut.

      Ich wählte vier Abzüge aus und steckte sie in einen Umschlag, auf den ich Bodos Namen und Geschäftsadresse kritzelte. Dann fuhr ich rüber zur Speditionsfirma, parkte in der Nähe des Eingangs und ging zum Pförtnerhäuschen. Ein tschechischer LKW checkte gerade ein und ich musste warten, bis der hinkende Wachmann Zeit für mich hatte. Wie die meisten von Josigers Angestellten war er von außerhalb. So drangen weniger Firmeninterna nach draußen, aber Bodo machte sich mit dieser Beschäftigungspolitik nicht gerade Freunde bei den Stadtvätern. Er kompensierte das mit allerlei Spenden und Wohltätigkeitsveranstaltungen.

      Ich hielt den Umschlag zwischen uns und sah den Wachmann an: „Für den Chef, persönlich.“

      Er griff beinahe automatisch danach, aber ich ließ nicht los. „Ein Eilbrief, nichts für seine Sekretärin.“ Mit der anderen steckte ich ihm einen Zehner in die Brusttasche seiner graublauen Uniform.

      Der Krüppel schaute mich missmutig an und grummelte eine Zustimmung, nahm den Umschlag und steckte ihn zu dem Geldschein. Dann schloss er das Tor und humpelte in Richtung Lagerhalle davon. Ich lümmelte ein paar Minuten herum, aber hier passierte nichts mehr. Also fuhr ich in die Stadt zurück, um zu Mittag zu essen.

      Am frühen Nachmittag rief ich Josiger an. Ich hatte der Sekretärin einen fiktiven Firmennamen zugeflötet und musste eine Viertelstunde warten, bis ich durchgestellt wurde. Es war kurz nach zwei, die Banken hatten noch offen.

      „Josiger Im- und Export, Bodo Josiger am Apparat.“ Seine Stimme klang genervt. Ich konnte nicht einordnen, wann ich sein tiefes Organ das letzte Mal gehört hatte. Vielleicht auf dem Stadtfest vor ein paar Monaten.

      „Hallo, Bodo.“

      „Wer ist da?“ Er musste die Abzüge mittlerweile erhalten haben. Lagen sie vor ihm auf dem Tisch? Hatte er sie verbrannt?

      „Gideon.“

      Bodo sog die Luft ein: „Marr?“

      „Genau der. Dürfte dich doch nicht überraschen, oder? Dein Wachmann hat bestimmt eine gute Beschreibung von mir wiedergegeben.“

      „Was willst du?“, fuhr er mich an.

      Ich musste schmunzeln: „Was alle wollen: Geld.“ Und Genugtuung, du Drecksack.

      „Du bist verrückt.“

      „Keineswegs. Hast du die Fotos vor dir liegen?“

      „Ich weiß nicht, wovon …“

      „Hör auf mit dem Scheiß, Josiger.“

      Schweigen, dann: „Also gut … was ist damit?“

      Jetzt musste ich lachen: „Sie zeigen dich mehr als deutlich. Und nicht beim Angeln. Stell dir vor, die bekäme deine Frau in die Hände. Das würde die Scheidung sicherlich beschleunigen.“

      „Meine Frau?“

      „Cornelia, du weißt schon: Die du betrügst.“

      Seine

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