Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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innerlich, doch er reihte sich gehorsam hinter Vortimer ein. Die Römerstraße führte steil in das kleine Dorf hinab, welches der ortskundige Krieger mit dem ziemlich einfallslosen Namen Ad abum bezeichnet hatte. Die Hütten der Flussschiffer und Fischer standen verlassen und windschief wie eh und je. Die Blaken waren vom Regen geschwärzt und das alternde Reed mit dicken Brocken Moos bedeckt. Nirgends Spuren von Kampf, Brand und Plünderung. Aber auch hier zeigte sich keine Menschenseele und so hielt es Vortimer offenbar nicht für notwendig, die ärmlichen Hütten einer genaueren Untersuchung zu unterziehen.

      „Kein Wunder, dass hier niemand ist. Bei dem Wetter schickt man ja keinen Hund vor die Tür, wobei ich bei Pikten eine Ausnahme machen würde“, schimpfte er.

      Sie trabten auf der alten Straße weiter bis zum Flussufer. Vor ihnen strömte das graue Wasser rasch in Richtung See. Der Regen und die hereinkommende Flut hatten den Strom über die Ufer treten lassen. Von der gegenüberliegenden Seite war hier im Tal noch weniger zu erkennen als oben von der Höhe aus.

      „Seht nur, die Boote liegen noch da, wo wir sie verlassen haben!“ Einer der Reiter, der die Flucht des britannischen Heeres miterlebt hatte, zeigte nach vorn.

      Tatsächlich entdeckte nun auch Ceretic durch die wallenden Nebelschwaden die Umrisse mehrerer Boote, die kieloben verlassen auf den Kieseln des Flussstrandes lagen.

      „Bei unserem Rückzug haben wir die Boote aber nicht umgedreht. Irgendjemand muss hier gewesen sein!“, rief ein anderer Krieger alarmiert.

      Einen Augenblick herrschte erschrockenes Schweigen. Dann sprach Vortimer aus, was alle dachten: „Die Pikten müssen mit den übrigen Booten über den Fluss gekommen sein.“

      Ceretics Rechte tastete unwillkürlich nach seinem Schwert.

      „Halt, wer da?“, erklang plötzlich hinter ihm die Stimme eines von Vortimers Männern.

      Ceretic fuhr im Sattel herum, während sich seine Finger um den römischen Schwertknauf schlossen. Doch es waren keine bemalten Pikten, die sich aus einem Hinterhalt auf sie stürzten. Drei einfache alte Männer näherten sich schüchtern zu Fuß.

      „Willkommen, willkommen, werte Krieger!“, rief einer von ihnen noch von weiten und hob die leeren Hände. „Ich bin der Comarchus von Ad abum!“, stellte er sich beim Näherkommen vor. „Werdet ihr die Pikten nun für ihre Frevel züchtigen, werter König?“, sprach er Vortimer an und verneigte sich tief.

      „Ich bin Prinz Vortimer und habe allerdings vor, die Pikten mit blutigen Köpfen hinter den hohen Steinwall zu werfen“, entgegnete der Angesprochene. Ein schmallippiges Lächeln zeigte, wie sehr ihm die Anrede „König“ gefiel. Er hielt sich auch wie ein Herrscher im Sattel, während sein Pferd unruhig auf den Kieseln des Strandes tänzelte. Die eisernen Hufsandalen schlugen trotz der Nässe Funken aus dem Stein. Widerwillig erkannte Ceretic an, dass dieser Mann von allen Beratern des Königs wohl am ehesten fähig wäre, seinen Worten Taten folgen zu lassen.

      „Dem Herrn sei Dank!“, stieß der Dorfvorsteher hervor. „Wir fürchteten, die Pikten könnten den Fluss im Westen umgehen und uns so überfallen. Nach dem …“ Hier machte er eine kurze Pause und sprach dann schnell weiter: „Nach dem Abzug des britannischen Heeres haben wir alle Boote ans Südufer des Abus geholt.“ Er zeigte auf die Boote am Ufer. „Leider hat das Hochwasser inzwischen etliche weggeschwemmt, die weiter unten lagen.“

      „Und was ist dann passiert? Habt ihr Pikten gesehen?“, wollte Vortimer wissen.

      „Wir hatten kaum die Boote auf unserer Seite, da erschienen ihre Reiter dort drüben am Ufer.“ Der Comarchus machte eine ausladende Geste in Richtung Norden. „Am Abend haben sie Peturaria niedergebrannt. Zum Glück sind die Frauen, Kinder und Alten von dort vorher mit an unser Ufer gekommen.“ Er schaute traurig zu Boden. „Den wenigen, die ihr Dorf nicht verlassen wollten, ist es nicht gut bekommen. Bevor gestern Abend dieser Nebel aufzog, haben wir auf der anderen Seite immer noch Pikten gesehen. Zu uns herüber konnten sie nicht ohne Boote und wegen des Hochwassers.“

      „Seht her. Hier ist ein einfacher Fischer, der seinen Kopf behält und das einzig Richtige tut. Anstelle ‚Pikten, Pikten‘ zu schreien und sich zu verstecken, hat er die Boote in Sicherheit gebracht und dem Feind so den Übergang über den Fluss unmöglich gemacht“, lobte Vortimer den alten Dorfvorsteher. Einige der Männer, die dieser indirekte Tadel traf, sahen beschämt zu Boden oder blickten ihren Prinzen finster an. Vortimer zog eine Silbermünze aus der Tasche und warf sie dem alten Mann zu. „Für deine Dienste. Die Boote werden wir jetzt brauchen. Nur schade, dass so viele abgetrieben sind. Sind diese hier denn noch einsatzfähig?“

      „Unsere eigenen Fischerboote haben wir hoch auf den Strand gezogen. Die sind gut und dicht. Und einige der anderen Boote konnten wir auch noch retten“, beteuerte der Comarchus. „Das Bootsgerät und die Ruder haben wir in unseren Hütten in Sicherheit gebracht.“

      Ceretic konnte sich gut vorstellen, wie sich die Menschen in diesem von Vortigern und seiner Armee im Stich gelassenen Kaff gefühlt hatten, als sich von Süden ein Heer näherte. Schließlich hatten sie die wilde Flucht der Britannier gerade erst vor wenigen Tagen erlebt. Und ohne ihn und die Sachsen wäre nun kein Retter gekommen, sondern tatsächlich das Verderben über sie hereingebrochen.

      Vortimer blickte derweil nachdenklich zu den Booten hinüber. Dann sah er auf und zeigte auf zwei seiner Leute.

      „He da, ihr zwei: Reitet zu meinem Vater und lasst die Männer hier ins Tal kommen“, befahl er ihnen. Dann fiel sein Blick auf Ceretic und ein Grinsen breitete sich auf seinen Zügen aus. „Ritter Ceretic, du reitest mit ihnen und holst als erstes die Sachsen hierher. Wir haben ja beschlossen, dass sie die Vorhut bilden sollen. Und schließlich sagt man doch, dass sie sich mit Booten bestens auskennen.“

      Ceretic wendete gehorsam seinen Wallach, während sich seine Nackenhaare sträubten. Vortimers Grinsen gefiel ihm gar nicht. Und tatsächlich war das noch nicht alles gewesen.

      „Und verrate ihnen nichts von dem Bootsgerät in den Häusern dieser armen Fischer. Wir wollen ja nicht, dass diese Barbaren unsere beherzten Untertanen doch noch ausplündern“, rief Vortimer ihm nach.

      Ceretic sah ihn verwundert an, drückte seinem Reittier dann aber die Fersen in die Flanken und galoppierte hinter den beiden Boten den Hang hinauf. Einen Reim konnte er sich auf Vortimers Befehle nicht machen. Was sollte nur der Unsinn mit dem Bootsgerät?

      Dann kam ihm ein böser Verdacht. Sehenden Auges schickte Vortimer die Sachsen in ihr Verderben. Aufgrund des Mangels an Riemen konnten sie nur mit einem oder zwei Booten gleichzeitig über den Abus setzen und mussten so auf einen überlegenen Gegner treffen. Mit welcher Hinterlist und Geschwindigkeit er diesen Plan ersonnen hatte, versetzte Ceretic in Staunen. Aber Vortimer hatte ja bereits angekündigt, dass er die Sachsen züchtigen wollte. Und er selbst sollte es sein, der seine stolze Truppe und damit auch Rowenas Vater ins offene Messer führte. Auf einmal hatte er das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.

      Oh Herr im Himmel, ich weiß, ich sollte dich nicht immer nur in Not anrufen, schickte er ein Stoßgebet in den grauen Himmel hinauf, aber du bist der einzige, der mir jetzt helfen kann!

      IX. Die Herren des Nordens

      Ab Abum, Juni 441

      Ordulf

      Die Sachsen hielten hinter dem britannischen Heer auf einem Höhenzug. Vor ihnen lag ein nebliges Tal mit einem breiten Fluss. Das gegenüberliegende Ufer war im Nebel nicht auszumachen. Ordulf hatte versucht hinter einigen Haselsträuchern am Straßenrand Schutz gegen Wind

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