Reisen Band 2. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 2 - Gerstäcker Friedrich

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Wer aber wohnte hier? - Leser, glaubst Du an Wunder? - nur ruhig, ich habe auch nicht daran geglaubt, bis ich nicht förmlich mit der Nase darauf gestoßen wurde - und ein Wunder war hier geschehen, und um es dir mehr einleuchtend zu machen, will ich Dir erst eine kleine, jedem Deutschen bekannte Anekdote in's Gedächtniß zurückrufen.

       Als Mozart eines Tages still und allein in seinem Studierstüblein saß, kam ein Fremder und bestellte auf einen bestimmten Tag ein Requiem bei ihm - es war Mozart's letzte Arbeit - er vollendete das Requiem, starb, und es wurde bei seinem eigenem Begräbnis zum ersten Mal aufgeführt.- Der Fremde kam nie wieder - es war ein Engel gewesen.

       Leser, der Mann, der hier wohnte, war ein Schuster, und kurze Zeit vorher war ein Fremder zu ihm gekommen und hatte zwei Paar Schuhe ( e r nannte sie S t i e f e l ) bei ihm bestellt, die er gerade beendigt hatte, und die uns paßten als ob sie für uns gemacht wären - der Fremde war bis jetzt noch nicht gekommen sie abzuholen - Leser, wir accordierten mit dem Mann für die Schuhe - der biedere Mann ließ sich darauf ein, uns diesselben mit Ruder, (Bratpfanne) und Teebüchse mit etwas aufgeweichtem Tabak zu überlassen, und beabsichtigte „für den Fremden" zwei Paar andere anzufertigen. - Ich mochte ihn nicht entmutigen - /96/ die beiden anderen sind aber sicher nie abgeholt, denn wer hat je gelesen, daß Engel Schuhe brauchten!

       Wir blieben dort die Nacht, ordneten dann unser Gepäck, und marschierten am nächsten Tag, trotz meinen aufgestochenen und wunden Füßen, trotz allen Schreckensgeschichten von den Blacks und erst kürzlich wieder verübter Mordtaten, stromab, dem noch, wie die Leute sagten, 700 englische Meilen entfernten Adelaide zu.

       Der Marsch selber wäre mir nun freilich ganz angenehm gewesen, hätte ich eben — einen andern Reisegefährten gehabt; dieser war ein blutjunger Bursche, der sich gar nichts sagen lassen wollte und mir, im Fall ich wirklich einmal in Gefahr kommen sollte, auch nicht geringste Hülfe gewähren konnte. Meine Meinungen konnt' ich dabei nicht mit ihm austauschen, ihn nichts lehren und nichts von ihm lernen; was also nützte es mir jetzt, die Mühseligkeiten und Gefahren, und später auch die Ehre eines solchen Marsches durch die Wildnis mit ihm zu teilen? Nichtsdestoweniger mochte ich ihn nicht gern allein ziehen lassen, und erst an der sogenannten Woolshed, zu Land etwa 120, zu Wasser vielleicht 400 Meilen von Albury, an einer vollkommen sichern und bewohnten Straße, die nach dem circa 180 Meilen entfernten Melbourne niederführte, kamen wir zu einem Verständniß, nach dem Jeder seine eigene Bahn verfolgen sollte.

       Hier übernachteten wir noch einmal zusammen und schieden am nächsten Morgen in Fried' und Freundschaft.

       Nun aber leichten Herzens, schulterte ich meine Büchse und wanderte getrosten Mutes allein in die graugrüne Wildnis trostloser Gumbäume, um den wildesten, abenteuerlichsten Marsch zu beginnen, den ich noch in meinem ganzen Leben unternommen.

      4.

      Marsch durch das Murraytal.

      Der Murray verfolgt im Ganzen eine Strömung von Osten nach Westen, vielleicht West-Nordwest-Cours, bis zu dem großen sogenannten „Nordwest-Bend“ oder der nordwestlichen Biegung, wo er sich plötzlich in einem ganz kurzen Bogen nach Süden hinunter dreht. Von der „Woolshed" aus läuft er sich aber eine weite Strecke nach Süden hinunter aus dem Weg, erst ungefähr in der Gegend, wo er den Murrumbidgee aufnimmt, seinen alten Cours wieder, bis eben zum Nordwest-Bend verfolgend. Diese südliche Abneigung geht durch weites Sumpfland, das durch tausend, jetzt trockene Lagunen durchschnitten, mit Teebüschen, Lignum und den verschiedenen Arten von Gum- und Borholz bewachsen ist, und besonders in solcher Dürre die traurigste Einöde bildet, die sich in einer bewaldeten Gegend nur überhaupt denken läßt.

       Hier nun läuft eine Art Notkanal, den sich der größere Strom, der weiten Biegung wegen, bei hohem Wasser gebrochen, ziemlich gerade nach Westen ab, und trifft gar nicht sehr weit von der Ausmündung des Murrumbidgee in den Murray wieder mit diesem zusammen. Dieser Kanal wird der Eduardsriver genannt, unterhält aber kein fließendes Wasser — ausgenommen wenn der Hume hoch genug gestiegen ist, ihn zu füllen, und wird im Sommer, wie alle übrigen Wasser Australiens, durch eine Kette von Lachen bezeichnet, so daß die Lagunen oder auch Billibongs, wie sie sehr häufig von den Ansiedlern genannt werden, nur hier und da an ihren tiefsten Stellen noch stehen gebliebenes, grünes, übelriechendes Wasser von der letzten Flut enthielten. Entsetzlich war aber die Einfassung derselben, die ich gewöhnlich, selbst bis zum letzten Augenblick, mit nicht zu überwindendem Schauder betrachten mußte. Das arme unglückliche Vieh, besonders die Rinder, die den Boden von Allem entblößt /98/ fanden, was ihnen nur die geringste Nahrung bieten konnte, zu schwach, selbst nach dem Murray hinunter zu gehen, wo ihnen die steilen, gefährlichen Uferbänke ebenfalls nur selten einen sichern Trinkplatz gestatteten, suchten ihren Durst da zu löschen, wo ihnen ganz in der Nähe anscheinend die Gelegenheit leicht dazu geboten wurde - und furchtbar mußten sie dafür büßen. - Der breite schlammige Rand gab unter ihren Füßen nach, und die Mäuler bis dicht am Wasserrand, die Zunge am Gaumen klebend - sie wollten doch nicht zurücktreten, bis sie wenigstens e i n e n Schluck getan - sanken sie tiefer ein dabei, tiefer und tiefer, und abgemattet, Monate lang ohne ein einziges Maul voll ordentliches Futter, halb verschmachtet und elend, waren sie nicht mehr im Stande, sich wieder herauszureißen aus ihrer gefährlichen Lage, noch selbst ihren brennenden Durst genügend zu löschen. Mit der Kraft der Verzweiflung arbeiteten sie wohl noch kurze Zeit, aber nur um sich tiefer und tiefer in den Schlamm hinein zu arbeiten, und mit allen Vieren fest, die lechzende Zunge vielleicht wenige Zoll nur vom Rande des Pfuhls entfernt, an dem die Unglücklichen Linderung ihrer Qual erwarteten, lagen sie ruhig da, um zu v e r s c h m a c h t e n. - Ruhig? - ihnen wäre wohl, wenn sie dort nur verhungert und verdurstet wären, Mattigkeit brachte sie in dem Fall zuletzt in einen Zustand bewußtloser Erschöpfung, aus dem das tierische Leben leichter in den Tod überzugehen scheint, als wir sonst glauben möchten; aber nein, Krähen und Elstern, die in Masse dort in den Bäumen mit ihrem fetten, glänzenden Gefieder herumsaßen, waren verwöhnt worden durch die reiche und leichte Beute dieses Jahres - Aas? - es fiel ihnen nicht mehr ein, Aas anzurühren, nach dem sie sonst manche lange Meile geflogen waren, sie wußten ein leckereres Mahl. Auf das sterbende Vieh flogen sie hinab und hackten den vergebens nach Hülfe Blökenden, an den eigenen Hörnern der halb Versunkenen die gierigen scharfen Schnäbel noch wetzend, erbarmungslos die schon glasigen, brechenden Augen aus.

       Und kein größeres Mitleiden hatte der wilde Hund, dem es nicht mehr in den Sinn kam, an schon starren, kalten /99/ Leibern seine Fänge zu verderben, die noch lebenden, warmen waren seine sichere und bequeme Beute. - Was kümmerte ihn ihr angstvolles Blöken - es war Musik zu seinem Mahl, und die Leiber riß er den aus der Seite Liegenden aus, oder fraß sich in ihre Weichen.

      Doch hinweg, hinweg mit den Schreckensbildern, mir wandte es das Herz im Leibe um, den Jammer mit ansehen zu müssen, und trotzdem daß ich nur noch wenige Ladungen Pulver in meinem Horn hatte, k o n n t e ich einige Mal dem Drange, diese Unglücklichen von ihren Leiden zu befreien, nicht widerstehen und schoß ihnen eine Kugel durch das Hirn - ich hätte einen Wagen mit Munition mithaben müssen, hätte ich ihnen allen helfen wollen.

      Hier am Eduard wurde das Land einigermaßen besser, denn hier zum ersten Mal begann die eigentümliche Vegetation des Murray, die diesen Fluß auch deshalb so ausgezeichnet für den Schafzüchter macht, der S a l z b u s c h , und wenn auch der Name nicht gerade sehr einladend klingt, ist er doch ein Segen des Landes und besonders des Viehes geworden.

      Der australische Schäfer und Ansiedler begreift übrigens unter dem Namen ,,Salzbusch" eine ganze Quantität der verschiedensten Pflanzen; der Hauptsalzbusch übrigens hat ein nicht sehr großes, herzförmiges, hellgrünes und wie mit Mehl bestreutes, ziemlich saftiges Blatt, mit einem bald mehr bald weniger salzigen Geschmack; dann hat noch eine andere Gattung von Eisgewächsen, mit dicken, kurzen, fleischigen, wässerigen Blättern und ebenfalls salzigem Geschmack den nämlichen Namen. Einige von diesen sehen wirklich ganz hübsch und frisch aus, und ich begreife gar nicht, wie sie in dem entsetzlich dürren Boden im Stande sind, solch' eine Masse

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