Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes. Michael Schenk
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes - Michael Schenk страница 15
hatte sie je getroffen und ihre Gebeine über die Wüste verstreut. Doch wenn
dies einmal geschehen sollte, so berichteten es die Legenden des Sandvolkes,
würden die Toten der Pferdemenschen sich erheben und erneut den Kampf
aufnehmen. Ein Gedanke, der jeden aufrechten Krieger mit Schrecken
erfüllte, denn wie sollte man einen Toten bezwingen, dessen Schädel bereits
genommen war? Aber es war wohl nur eine Legende, die entstanden war,
damit die Turiks gewissenhaft darauf achteten, dass den Toten Ehre erwiesen
wurde. Heglen würde dies tun, so wie die Tradition es verlangte.
Mit geübtem Blick und kundigen Händen widmete er sich seiner Aufgabe,
bis er unvermittelt aufschreckte. Er spürte eine schwache Erschütterung des
Bodens, und sofort schärften sich seine Sinne.
Behutsam ging er in die Knie und legte das Ohr auf den Sand. Die
Erschütterung war nun deutlicher wahrzunehmen, ein rhythmisches Pochen.
Es klang fast wie das Graben eines Sandwurms, und doch war es anders.
Irritiert versuchte Heglen-Tur das leise Schwingen zu deuten. Doch dann
wurde ihm bewusst, dass die Schwingungen nicht aus dem Boden zu ihm
drangen, sondern auch durch die Luft an seine Ohren getragen wurden.
Das war kein Sandwurm.
Heglen-Tur richtete sich auf, sah sich überrascht um und erkannte hinter
einer Düne im Osten eine aufsteigende Staubfahne, die sich rasch näherte.
Automatisch ergriff er die Reste seines Bündels und rannte zu der Düne
hinüber, die er überquert hatte, um die Tote Wache zu erreichen. Er lief im
schnellen Trab und schob sich dann auf dem Bauch hinter den Kamm.
Während er seine Augen gegen das grelle Sonnenlicht abschirmte, versuchte
er zu erkennen, was die ungewöhnliche Staubfahne verursachte.
Das Vibrieren und leise Poltern wurde mehr und mehr zu einem harten
Dröhnen, das sich rasend schnell zu nähern schien. Heglen-Tur stieß
unbewusst einen heiseren Schrei aus, als unvermittelt die Toten zum Leben
erwachten.
Männer auf Pferden überzogen die Kuppe der gegenüberliegenden Düne.
Männer mit grünen Umhängen und grünen Rundschilden, mit wehenden
gelben Rosshaarschweifen an den Helmen und mit langen Lanzen in den
Händen.
Sie verharrten reglos auf der Düne und starrten auf die Tote Wache hinab.
Heglen-Tur krallte die Hände in den Sand, wandte den Kopf zur Seite und
blickte dann erneut zu der Erscheinung hinüber. Aber seine Sinne täuschten
ihn nicht.
Die Pferdemenschen kehrten in ihre alte Heimat zurück.
Es waren nicht so viele Reiter, wie die Tote Wache einst umfasste, aber
diese hier mit ihren grimmigen Gesichtern und den großen Pferden machten
auf den Jungmann einen furchterregenden Eindruck. Fieberhaft überschlug
Heglen-Tur die Anzahl der Feinde und kam auf etwa hundert Reiter und
Pferde. Aber wer konnte wissen, ob dies nicht nur eine Vorhut war?
Heglen-Tur wurde plötzlich bewusst, welche Gefahr seinem Clan und allen
anderen drohte. Er sah, wie die Männer ihre Pferde antrieben. Nein, diese
Reiter kehrten nicht um, sie kamen in die Wüste hinein, vielleicht, um Rache
für eine verlorene Schlacht zu nehmen.
Heglen-Tur warf einen letzten kurzen Blick auf den Beritt der Pferdelords,
dann rutschte er die Düne hinunter und lief in schnellem Trab der Heimstatt
entgegen. Es galt, eine Botschaft zu überbringen. Die Toten lebten wieder.
Die Pferdelords kehrten zurück.
Kapitel 4
Der Baum war alt. Niemand hätte zu sagen vermocht, wie alt er war. Sein
Stamm war auch von vierzig Männern nicht zu umfassen, und doch wirkte er
schlank, denn er ragte hoch auf. Seine breit ausladenden Äste und Zweige
filterten ein seltsames Spiel von Licht und Schatten auf den darunterliegenden
Boden. Es gab viele solcher Bäume in diesem ausgedehnten Wald, und hier,
im Zentrum des Waldes, waren sie besonders hoch und standen weit
voneinander entfernt.
Zwischen den Zweigen einiger Bäume waren ungewöhnliche Strukturen zu
erkennen, die sich jedoch harmonisch in das Astwerk fügten, ganz als seien
sie auf natürlichem Wege gewachsen und Bestandteil des sie tragenden
Baumes. Die Strukturen waren groß und dennoch zierlich, man konnte Wände
und Treppen ausmachen, die sich in den einzelnen Baumkronen und sogar
zwischen ihnen erstreckten. Kleine Balkone sprangen zwischen den Zweigen
hervor und bildeten Plattformen, die einen unvergleichlichen Ausblick boten.
Die Balkone, Treppen und Wege wurden von Geländern eingefasst, deren
Streben und Stützen sorgsam gedreht und verziert waren und deren Handläufe
derart fein gearbeitet und zudem im Verlauf unendlicher Jahre abgegriffen
waren, dass