Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk
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»Haltet ihn«, murmelte Meowyn und betrachtete kurz die Stahlspitze,
bevor sie die Reste des Pfeils mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck in
einen Kübel warf. Dann ergriff sie den Haken aus dem Brennsteinbecken.
»Gut festhalten.«
Sie warf einen kurzen Blick auf die Klinge des Messers, um die Tiefe der
Wunde abzuschätzen, bevor sie die glühende Hakenspitze in die Wunde
senkte. Es begann nach verbranntem Fleisch zu stinken, und der Körper auf
dem Tisch bäumte sich kurz auf, bevor er wieder erschlaffte und auf die
Holzplatte zurücksank. Meowyn zog den Haken heraus. »Ich bin nicht sehr
tief gegangen, doch es wird gereicht haben, die oberen Gefäße zu
verschließen. Das Gewebe ist sehr fest, und wenn der Zwergenmann nicht
allzu viel Blut verloren hat, müsste es heilen.«
Meowyn warf den Haken in das Brennsteinbecken zurück und trat an eines
der Regale heran, aus dem sie einen kleinen irdenen Topf mit einer gelblichen
Paste hervorzog, die bestialisch stank und deren Zusammensetzung die
anderen lieber nicht erfahren wollten. Damit bestrich sie die Wunde und
bedeckte sie schließlich mit frischem Moos. »Wäre er ein Menschenmann, so
hätte ich die Wunde durch eine Naht verschlossen und sie der Selbstheilung
überlassen«, erklärte Meowyn. »Doch da ich das Innere der Zwergenwesen
nicht recht kenne, habe ich die Gefäße lieber durch Hitze verschlossen.«
Während die Heilerin gefaltete Stofflagen auf den Wundbereich gab und
dann einen Verband anzulegen begann, musterte sie die beiden verletzten
Pferdelords. »Was ich für diesen hier tun konnte, habe ich getan. Nun werde
ich mich auch um euch kümmern.«
Sie sah ihre wartenden Gehilfen kurz an. »Tragt nun den Zwergenmann
behutsam nach oben und achtet darauf, dass sich dabei die Wunde nicht
öffnet. Tritt Blut durch den Verband, so ruft mich sofort.«
»Wann können wir mit ihm reden?«, fragte Larwyn.
»Das vermag ich wirklich nicht zu sagen, Hohe Dame«, seufzte Meowyn
müde.
Alle Umstehenden fuhren zusammen, als die Gestalt auf dem Tisch ein
vernehmliches Stöhnen hören ließ und sich schwach bewegte. Meowyn
beugte sich über den Zwerg und wich überrascht zurück. »Er hat die Augen
offen. Helft mir, ihn umzuwenden, aber seid vorsichtig.«
Einige helfende Hände fassten den Körper des Zwerges und drehten ihn
behutsam herum. Die Augen des Verwundeten schienen langsam klarer zu
werden, während Meowyn vorsichtig Polster unter dessen Rücken schob.
»Wir müssen drauf achten, dass er nicht auf der Wunde liegt und die Ränder
nicht aufbrechen.«
Der Zwerg stöhnte erneut auf und sah die umstehenden Menschen noch
immer ein wenig benommen an. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
»Ihr seid in Sicherheit, guter Herr Zwerg«, sagte Larwyn mit ruhiger
Stimme und sah den Verwundeten freundlich an. »Ich bin Larwyn, Hohe
Dame der Hochmark der Pferdelords, und ich biete Euch den Schutz meines
Hauses und die Wärme meiner Gunst.«
Der Zwerg murmelte ein paar undeutliche Worte, und Meowyn gab
Tasmund einen Wink. Der Erste Schwertmann trat zu einem kleinen Fass
neben der Tür, füllte einen Becher mit Wasser und hielt ihn, zum Tisch
zurückgekehrt, an die Lippen des Zwerges. »Trinkt langsam, guter Herr
Zwerg«, sagte die Heilerin fürsorglich. »Nehmt nur kleine Schlucke.«
»Balruk«, stieß der Zwerg hervor und schob den Becher beiseite. Dann sah
er Larwyn ächzend an. »Mein Name ist Balruk.«
»Ich bin sehr erfreut, guter Herr Balruk, doch nun schont Euch. Ihr habt
viel Blut verloren«, gab Larwyn sanft zurück.
Balruk schüttelte den Kopf. Seine Stimme war leise und kaum zu
verstehen. »Ich habe den Schutz Eures Hauses wohl nötig, Hohe Dame
Larwyn, doch mein Volk braucht ihn noch mehr.« Der Zwerg bäumte sich
erneut auf und biss sich auf die Lippen. »Ah, dieser Schmerz … Ihr müsst uns
helfen. Geht nach Norden bis zum Sprung des Flusses. Bis zum … Sprung
…«
Balruks Augen weiteten sich plötzlich, dann sackte der Zwergenmann in
sich zusammen. Meowyn fuhr hastig mit ihren Fingerspitzen über seine rot
behaarte Brust. »Er lebt. Sein Herz schlägt, wenn auch sehr schwach. Er
braucht jetzt Ruhe, sonst wird er sterben.«
Larwyn nickte zögernd. »Mehr können wir vorerst wohl nicht erfahren. So
bringt ihn nach oben. Und achtet gut auf ihn, gute Frau Meowyn.«
»Habt keine Sorge, das werde ich tun.«
Während die beiden Gehilfen den bewusstlosen Balruk behutsam in die
Krankenkammer hinauftrugen, begutachteten Larwyn und Tasmund die
Kleidung, die Meowyn vom Körper des Zwerges geschnitten hatte. Larwyn