Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge - Michael Schenk страница 40
der Wasserfläche spie ein springendes Pferd aus weißem Stein seinen
Wasserstrahl in das Becken. Der Schatten, den die große Steinstatue des
ersten Königs der Pferdelords warf, berührte gerade erst den Rand des
Brunnenbeckens. Es würde also noch dauern, bis die Sonne unterging und der
Abend Abkühlung verschaffte. »Ich möchte sie nur ungern sofort wieder
hinausschicken, aber wir haben nicht sehr viele Männer mit ihrer Erfahrung.«
Larwyn setzte sich neben ihn, schöpfte eine Handvoll Wasser und betupfte
damit ihren Nacken. »Dorkemunt ist nicht nur ein sehr erfahrener
Pferdelord«, sagte sie leise und lächelte Tasmund an. »Er ist auch ein sehr
kleiner Pferdelord.«
Tasmund verstand, worauf sie hinauswollte. »Er würde sich recht
unauffällig im Reich der Zwerge bewegen können.«
»Richtig.« Larwyn lachte auf. »Er mag nicht so breite Schultern haben wie
ein Zwerg, und ihm fehlt wohl auch der üppige Bartwuchs, doch dem könnte
man abhelfen.«
Tasmund straffte sich. »Hohe Dame Larwyn, ich schlage vor, dass
Kormund und Dorkemunt aus den beiden großen Weilern einen Beritt
zusammenstellen, mit dem sie nach Norden reiten, um die Lage zu erkunden.
Hin zu diesem, äh, Sprung, den der Zwerg Balruk erwähnte.«
»Hin zum Sprung des Flusses«, bekräftigte Larwyn, »und, wenn nötig,
auch weiter. Wohl denn, guter Tasmund, geht und bringt mir Dorkemunt und
Kormund. Und schickt noch einen verlässlichen Mann zu mir. Ich will, dass
über all dies Schweigen herrscht. Eilen wir uns, denn wir wissen nicht, wie
viel Zeit uns noch bleibt.«
Kapitel 9
Das kleine Tal zog sich in einem sanften Bogen durch das Gebirge. Seine
Hänge waren nicht besonders steil, doch immer wieder lösten sich Steine und
polterten hinab, wobei sie manchmal kleine Steinlawinen auslösten. Jedes
Mal hob Nedeam misstrauisch den Kopf und spähte um sich, ob das Geräusch
auf eine Gefahr hinwies. Er hatte seinen Bogen locker über den Sattelknauf
gelegt und hielt einen Pfeil bereit, so wie jeder gute Herdenhüter seine Waffe
bereithielt, wenn er seine Schutzbefohlenen bewachte. Der Fünfzehnjährige
hatte an diesem Tag schon einige Male über seine Herde geflucht, denn sie
verteilte sich über das gesamte Tal und suchte zwischen den Felsgruppen und
am Rand des Wasserlochs nach dem zähen, aber nahrhaften Gras der
Hochmark.
Fast hundert Wolltiere hatte Nedeam zu beaufsichtigen. Gestern waren es
noch genau einhundert gewesen, aber am Morgen hatte er ein gerissenes
Lamm gefunden. Der kleine Tierkadaver hatte am Rand des Tals in der Nähe
einiger größerer Felsen gelegen, und Nedeam hatte ihn nur flüchtig
untersuchen müssen, um die Todesursache bestimmen zu können. Es war
einer Raubkralle zum Opfer gefallen.
Eigentlich waren Raubkrallen typische Räuber der großen Ebenen, wo sie
in ihren kleinen Rudeln jagten. Doch hin und wieder zogen sie auch in die
Gebirge der Hochmark hinauf, obwohl das Nahrungsangebot hier nicht so
reichhaltig war. Meist waren es denn auch ältere und schwache Tiere oder
Einzelgänger, die ihr Rudel verloren hatten oder von ihm verstoßen worden
waren.
Nedeam hatte die Spuren der Krallen und der Zähne untersucht und
vermutete, dass der Räuber ein relativ junges Tier war. Vielleicht ein
Männchen, das reif genug war, sein eigenes Rudel zu gründen, und sich nun
auf der Suche nach Nahrung und einem paarungswilligen Weibchen befand.
Nedeam war vor Jahren sogar einmal einem großen Pelzbeißer begegnet
und hatte diese Begegnung nur mit Glück überlebt. Es wäre ihm fast lieber
gewesen, wenn der Räuber eines dieser Tiere gewesen wäre, denn die Spur
ihrer schweren Leiber ließ sich leichter verfolgen. Außerdem jagten
Pelzbeißer nur tagsüber und schliefen in der Nacht. Den Raubkrallen
hingegen war die Tageszeit gleichgültig. Wann immer sie Beute fanden,
belauerten sie diese und töteten sie.
Nedeam hatte das gerissene Lamm ausgenommen. Das Fleisch war zart
und gut, und aus dem kleinen Fell ließ sich Bekleidung fertigen. Schließlich
wurde in den Marken der Pferdelords nichts verschwendet.
Im Moment war Nedeam allein auf dem Gehöft. Seine Mutter Meowyn
und sein väterlicher Freund und Mentor Dorkemunt weilten in Eternas, viele
Tausendlängen entfernt. So trug Nedeam die ganze Verantwortung für die
kleine Herde. Er hatte sie zusammengehalten, so gut er es vermochte, aber die
einigermaßen flachen Hänge luden die Wolltiere förmlich dazu ein, sich auf
ihrer begierigen Suche nach gutem Futter zu verstreuen. Nedeam hatte sie
unermüdlich wieder zusammengetrieben, aber schließlich hatte er resigniert
geseufzt und die sturen Tiere ihrem eigenen Willen überlassen.