Dancing Queen. Verena Maria Mayr

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Dancing Queen - Verena Maria Mayr

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während Patrizia mit Julius auf dem Arm Richtung WC lief. Sie wollte sich dort einsperren und die Polizei oder wenigstens ihre Nachbarin anrufen, aber Mimmo quetschte sich mit hinein.

      „Bitte“, krächzte sie. „Ich muss mich hinsetzen.“

      „Dann setz dich hin“, antwortete er ihr und wich ihr nicht von der Seite. Patrizias Kopfweh wurde immer stärker und der Kleine kannte sich nicht mehr aus. Hilflos blickte er seine Mutter an und schluchzte ein bisschen. „Bitte lass uns raus“, bat sie Mimmo. „Ich brauche etwas gegen das Kopfweh.“

      Mimmo führte sie aus dem Klo, bedacht darauf, dass sie in kein anderes Zimmer mit Schlüssel flüchtete. Nachdem Patrizia sich mit dem Kleinen wieder in den Korridor zur Holzbank begeben hatte, brachte Mimmo ihr ein Glas Wasser und eine Tablette. Anschließend setzte er sich auf den Boden und drohte ihr: „Dann fliege ich eben gar nicht und bleibe hier.“ Patrizia versuchte, ihre aufsteigende Panik zu unterdrücken. Das würde sie nicht aushalten. Keinen Tag länger würde sie ihn ertragen. Sie nahm all ihre Kräfte zusammen und brachte mit größter Beherrschung hervor: „Ich bringe dich. Wann müssen wir los?“

      Als sie sich ohne Berührung am Flughafen verabschiedeten, war Patrizia klar, dass sie mit diesem Menschen keine Beziehung mehr haben will. Sie ekelte sich vor ihm. Aber jetzt galt ihre einzige Sorge ihrer Heimfahrt mit Julius. Angestrengt konzentrierte sie sich auf die Autobahn und versuchte ihre Kopfschmerzen zu unterdrücken.

      Kapitel 4

      Als Julius aufwacht, ist es bereits acht Uhr am Morgen. Komplett gerädert streckt sich Patrizia durch, stößt ihren Kopf am Hochbett an und stöhnt voller Schmerzen auf. Ihr Rücken tut ebenso höllisch weh und sie fühlt sich wie achtzig. Das kommt auch, weil sie ihren Bauchtanzkurs nicht mehr besucht, seit sie mit Julius schwanger war. Irgendwann würde sie wieder hingehen. Julius robbt sich ihr entgegen und ihre Schmerzen unterdrückend kuschelt sie noch fünf Minuten mit ihm im Bett.

      „So, mein Bärchen. Jetzt müssen wir uns aber fertig machen. Um neun ist Besprechung und wir wollen vorher noch frühstücken.“

      „Dadada.“

      Als Patrizia und Julius in die Küche treten, ist nur die alte Frau da, die sie gestern bei ihrer Ankunft gesehen hat.

      „Guten Morgen“, sagt Patrizia.

      „Guten Morgen“, antwortet die alte Frau freundlich und lächelt die beiden an. Sie hat langes graues Haar, das offen über ihre Schultern fällt, und trägt ein langes weißes Baumwollnachthemd, mit dem sie aussieht wie aus einer Jane-Austen-Verfilmung oder wie aus dieser amerikanischen Quilt-Geschichte, deren Titel ihr jetzt nicht einfallen will.

      „Ihr seid gestern zu uns gekommen“, stellt sie fest, und Patrizia bemerkt, dass sie mit ausländischem Akzent spricht.

      „Ja. Und Sie?“

      „Oh, ich wohne schon lange hier. Schon immer.“ Lächelnd rührt sie in der Schüssel. Patrizia unterdrückt ihre Verwunderung, denn dieses Frauenhaus gibt es erst seit knapp zwei Jahren.

      „Mich nennen sie Yolanda“, stellt sie sich vor. Und wie heißen Sie wirklich?, will Patrizia spontan fragen, schiebt diesen lächerlichen Gedanken aber beiseite.

      „Ich bin Patrizia, und das ist mein Sohn Julius.“

      „Du freundliches Söhnchen“, sagt Yolanda noch immer lächelnd zu Julius und rührt in ihrer Schüssel weiter.

      „Was machen Sie da?“, erkundigt sich Patrizia neugierig.

      „Ringelblumensalbe für die Venen“, antwortet Yolanda. „Oder dagegen.“ Sie schmunzelt, und um ihre Augen bilden sich sympathische kleine Fältchen.

      „Woher kommen Sie?“, kann Patrizia sich nicht verkneifen. Yolanda scheinen die Fragen nichts auszumachen.

      „Aus Ungarn. Dort wurde ich geboren. Da war noch Monarchie.“ Patrizia blickt sie ungläubig an. So alt kann sie doch unmöglich sein. Sie traut sich aber nicht, noch weitere Fragen zu stellen. Außerdem fängt Julius an zu protestieren. Er ist hungrig und will sein Frühstück. Patrizia setzt ihn wieder in den Holzstuhl und macht sich daran, seinen Morgenbrei zuzubereiten. Sich selbst schenkt sie eine Tasse Kaffee aus der Maschine ein, den irgendwer schon aufgestellt hat. Zuhause macht Patrizia sich immer Caffelatte mit starkem Espresso. Sie setzt sich zu Julius, und gemeinsam frühstücken sie allein am langen Gemeinschaftstisch. Patrizia blickt durch die lange Glasfront hinaus. Alles erscheint ihr grau. Der Schnee ist nicht liegen geblieben und die Äste ohne Blätter mit den darauf sitzenden Krähen wirken umso trostloser. Patrizia mag keine Krähen. Sie wirken wie Unglücksboten und machen ihr Angst.

      Erst kurz vor neun Uhr treffen alle anderen Frauen fast gleichzeitig ein. Marianne tritt gefolgt von ihren Kindern in den Raum und nickt ihr nur zu. Anscheinend ist sie ein Morgenmuffel. Cessna und Markus trudeln gleich danach ein und der „kleine Lord“ stürmt freudig auf Julius zu.

      „Hallo Markus, wie geht es dir? Hast du gut geschlafen?“ Patrizia streichelt ihm über seine blonde Mähne. Cessna ist schon hinter der Küchenzeile verschwunden und hantiert mit dem Toaster. Sie und Marianne werkeln nebeneinander her, als hätten sie sich nicht viel zu sagen. Cessna schenkt sich einen Kaffee ein, nimmt eine Scheibe Toast und flucht vor sich hin, als sie sich daran verbrennt. Mürrisch steuert sie auf ihren Sohn zu, der noch immer vor Julius steht. Vor Patrizia angekommen, wechselt sie ihren Gesichtsausdruck wie auf Knopfdruck, auch ihre Stimme wird honigsüß.

      „Nimm, Markus. Frühstück“, sagt sie auf Deutsch und drückt dem Kleinen ein verbranntes Stück Brot in die Hand. Armer Markus, denkt Patrizia und versucht, ihr Mitleid zu unterdrücken, als er das Brot erschrocken fallen lässt und seine Mutter ihn anschreit. Wenn man daran glaubt, dass sich jedes Kind seine Eltern aussucht, wird das schon seinen Sinn haben. Nur welchen? Julius verzieht sein Gesicht und will auch zu weinen anfangen. Laute Stimmen machen ihm Angst. Patrizia redet schnell auf ihn ein, lenkt ihn ab und bedeckt sein kleines Pausbackengesicht mit Küssen. Bald leuchten seine Augen wieder und er grapscht nach Markus’ Toastbrot, er will auch einmal abbeißen. Markus scheint diese Behandlung gewohnt zu sein, er steht mit seinem angebrannten Toast in der Hand vor Julius und streckt ihm die Scheibe entgegen.

      „Das ist sehr nett von dir, Markus. Aber Julius hat schon gegessen“, bedankt sich Patrizia. Julius ist da aber anderer Meinung. „Nein, Schätzchen. Du hast schon gefrühstückt.“

      „Kann ihm ein frisches holen“, bemerkt Cessna großzügig, beißt selbst von einer Scheibe Brot ab und kaut mit offenem Mund. Patrizia graust es. Brösel stecken zwischen Cessnas Zähnen, kleben auf ihrer Zunge wie reife Eiterpickel, die darauf warten ausgedrückt zu werden. Sie schmatzt und Patrizia wendet sich angewidert ab; so diskret wie möglich, weil sie nicht unhöflich sein möchte.

      „Nein, danke. Er hat wirklich mehr als genug gegessen“, antwortet Patrizia. Sie will ihrem Sohn kein verbranntes Stück Brot geben, aber hier auch nicht als Moralapostel dastehen. Jede Mutter hat selbst die Verantwortung für ihr Kind. Außerdem will sie ja nicht lange hier mit diesen Frauen im Frauenhaus bleiben. Am besten Augen und Ohren zu. Soweit es eben geht.

      Um Punkt neun Uhr geht die Tür auf und eine junge Frau mit Piercing, gestuften kurzen Haaren, grauen Jeans und weitem, schwarzen Pullover – vielleicht um ihre üppige Figur etwas zu kaschieren – und einem Schreibblock unter dem Arm betritt den Gemeinschaftsraum. Eine rothaarige Frau folgt ihr.

      „Einen schönen guten Morgen, Ladies“, begrüßt

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